Mehr Homeoffice: Arbeitgeber sehen Spielraum ausgereizt
Schleswig-Holstein: Archiv - 25.01.2021, 10.36 Uhr: Zur Eindämmung der Pandemie arbeiten derzeit viele Menschen von zu Hause aus. Und es sollen noch mehr werden. Arbeitgeber sollen mehr Heimarbeit ermöglichen, so die Politik, die mehr Engagement erwartet. Neun von zehn norddeutschen Industriearbeitgebern würden aber bereits mobiles Arbeiten, das sogenannte Homeoffice, anbieten, so Nordmetall und AGV Nord, die auf die Ergebnisse einer Blitzumfrage verweisen. Allerdings beziehen sich die Zahlen nur auf "dafür geeignete Tätigkeiten".An der Umfrage beteiligt haben sich 262 Betriebe mit etwas über 100.000 Beschäftigten in Hamburg, Schleswig-Holstein, Bremen, Mecklenburg-Vorpommern und dem nordwestlichen Niedersachsen.
Mit 36 Prozent sei gut jeder dritte Arbeitsplatz in der norddeutschen Industrie für solche Heimarbeit geeignet. 67 Prozent dieser Mitarbeiter würden bereits die Möglichkeit zu Homeoffice nutzen, insgesamt rund 24.500 Personen. 33 Prozent (rund 11.900 Personen) der Mitarbeiter würden es nicht nutzen, der Schwerpunkt liege hier bei kleineren Betrieben und bei Tätigkeiten, die die Nähe zur Produktion brauchen (Konstruktion, Logistik, Fertigungssteuerung etc.). 44 Prozent der Betriebe konstatierten bereits jetzt eine starke oder sehr starke Beeinträchtigung ihres Geschäftsbetriebs durch die Corona-Schutzmaßnahmen.
Grafik: Nordmetall
Dr. Nico Fickinger, Hauptgeschäftsführer von "Nordmetall" und AGV Nord, sieht durch diese Zahlen seine Ablehnung der von der Bundesregierung geplanten Homeoffice-Pflicht für Unternehmen bestätigt: "Wenn neun von zehn Industriearbeitgebern bereits mobiles Arbeiten anbieten, dann haben die norddeutschen Industriearbeitgeber geliefert. Das bestätigt eindrucksvoll, welch großen Beitrag die Wirtschaft zur Eindämmung der Pandemie auf eigene Kosten leistet. Jede staatliche Einmischung ist hier unnötig. Und dort, wo Mitarbeiter die Möglichkeit nicht nutzen, weil sie etwa häufig zwischen Büro und Werkshalle pendeln müssen oder die Arbeit zu Hause nur schwer zu leisten ist, wird dies auch nach der Einmischung des Bundesarbeitsministers in betriebliche Belange so bleiben. Wir lehnen diese Initiative von Herrn Heil besonders deshalb ab, weil es ein weiterer Versuch ist, über das Vehikel der Corona-Schutzmaßnahmen Parteipolitik gegen die Arbeitgeber zu machen. Das ist inakzeptabel und ein Eingriff in die grundgesetzlich geschützte unternehmerische Freiheit", so der Arbeitgebervertreter.
Grafik: Nordmetall
Die Blitzumfrage ergibt außerdem, dass viele Arbeitgeber im Norden die bisherigen Corona-Schutzmaßnahmen der Politik kritisch beurteilen würden: Jeweils rund 40 Prozent der Unternehmen bewerten die Corona-Maßnahmen der Politik für Schulen oder digitale Verwaltung als mangelhaft oder ungenügend.
"Wir erwarten von der Bundesregierung und den Landesregierungen, dass sie die im Zuge der Corona-Krise sichtbar gewordenen Probleme in den Schulen, der Verwaltung oder der digitalen Infrastruktur verstärkt angehen. Wer daheim keine stabile Internetverbindung hat und sich auch noch um die Kinder kümmern muss, die wegen geschlossener Schulen und Kitas betreut werden müssen, dem ist Homeoffice gar nicht zuzumuten. Die Politik lässt hier die Eltern und die Unternehmen im Regen stehen, weil sie selbst ihre Corona-Hausaufgaben nicht gemacht hat. Wir werden die Pandemie nur eindämmen, wenn alle Beteiligten ihren Beitrag leisten, statt immer nur mit dem Finger auf andere zu zeigen, um von ihren eigenen Versäumnissen abzulenken und Vor-Wahlkampf zu betreiben. Die norddeutsche Industrie leistet vorbildliche Beiträge zum Gesundheitsschutz und zur Modernisierung der Arbeitswelt und sie wird dies weiter tun," so Fickinger.

Auch in Lübeck sind nicht alle Arbeitsplätze für Heimarbeit geeignet. Symbolbild: Karl Erhard Vögele
Text-Nummer: 142904 Autor: Nordmetall/Red. vom 25.01.2021 um 10.36 Uhr