Munitionsaltlasten: Gädechens drängt auf Pilotprojekt
Lübeck: Archiv - 15.08.2022, 10.48 Uhr: Etwa 1,6 Millionen Tonnen Weltkriegsmunition liegen auf dem Boden der deutschen Nord- und Ostsee. Aufgrund zunehmender Korrosion drohen giftige Inhaltsstoffe auszutreten und großen ökologischen Schaden anzurichten. Dass die Zeit zur Räumung der Munition drängt, weiß auch die Bundesregierung. Auf Anfrage des ostholsteinischen CDU-Bundestagsabgeordneten Ingo Gädechens spricht das federführende Bundesumweltministerium von einem Zeitfenster für die Räumung "von wenigen Jahren bis einigen Jahrzehnten""Schon seit vielen Jahren beschäftigt uns das Thema von Munitionsaltlasten", erklärt Ingo Gädechens. "Dabei war es ein großer Erfolg, als der Bundestag noch vor der letzten Bundestagswahl im Mai 2021 einen Antrag der Großen Koalition beschlossen und ein zügiges Handeln der Bundesregierung angemahnt hat." Wie sich zunehmend zeige, sei seitdem jedoch wenig passiert. Erst habe sich niemand in der neuen Bundesregierung dieses Themas federführend annehmen wollen. Nach einjähriger Diskussion sei endlich das Bundesumweltministerium mit der Federführung beauftragt worden – viel mehr sei aber bisher nicht passiert.
"Die Bundesregierung hat einen klaren Auftrag vom Parlament bekommen – aber bisher nicht einmal das Gespräch mit Unternehmen gesucht, die im Rahmen eines Pilotprojektes die technische Plattform für die Munitionsentsorgung bauen könnten. Auch die Finanzierung ist nach wie vor komplett unklar, da die Bundesregierung immer noch nicht in einen verlässlichen Dialog mit den Bundesländern und der Europäischen Kommission eingetreten ist", kritisiert Gädechens.
Besonders absurd würde es beim Blick auf den Bundeshaushalt werden. Die Berliner Ampel habe in ihrem Koalitionsvertrag ein Sofortprogramm versprochen. Offenbar stehe die Ampel für dieses Vorhaben aber auf Rot: Für das laufende Jahr 2022 seien nur 400.000 Euro veranschlagt worden. Und auch in den kommenden Jahren dürfte bei weitem nicht genügend Geld zur Verfügung stehen, um das dringend benötigte Pilotprojekt mit einem Umfang von ungefähr 100 Millionen Euro finanzieren zu können.
"Allem Anschein nach hat die Entsorgung der Munitionsaltlasten für diese Bundesregierung keine Priorität. Jedenfalls lassen die Haushaltsplanungen keinen anderen Schluss zu", kommentiert der CDU-Haushaltspolitiker. "Merkwürdig wird es immer dann, wenn selbst Ampel-Politiker dieses Versagen erkennen und vor Ort beklagen, in Berlin aber nichts tun." So habe die SPD-Bundestagsabgeordnete Bettina Hagedorn fortwährend den zu geringen Mittelansatz für die Munitionsentsorgung kritisiert, aber dann diesem im Haushaltsausschuss zugestimmt.
Hinzu komme, dass ein Änderungsantrag der CDU/CSU auf Aufstockung der Mittel im laufenden Jahr 2022 von 400.000 Euro auf 4,4 Millionen Euro geschlossen von den Ampelkoalitionären – auch mit der Stimme von Bettina Hagedorn – abgelehnt worden sei. "Vor Ort fortwährend die eigene Regierung kritisieren, um besser dazustehen – dann aber in Berlin artig die Hand heben, um letztendlich doch keine Verbesserung herbeizuführen. Wie das beides zusammenpassen soll, erschließt sich mir wirklich nicht", so Gädechens.
Für alle Beteiligten ist klar, dass das Gesamtvorhaben Bergung von Munitionsaltlasten ein finanzieller Kraftakt sei. Da es zudem – wie auch die Bundesregierung festgestellt habe – keine klare finanzielle Verantwortung gäbe, würden alle staatlichen Ebenen gefordert sein. In diesem Zusammenhang sei auch ein von der Ampel vorgeschlagener Bund-Länderfonds ein grundsätzlich richtiger Weg. Eine solche Lösung sei bisher seitens der Bundesregierung aber nicht im Ansatz verhandelt worden. Um keine wertvolle Zeit zu verspielen, sei aber die Umsetzung eines Pilotprojektes so schnell wie möglich notwendig.
"Solche Pilotprojekte werden in der Regel vom Bund finanziert, um schnell starten und parallel die komplizierten Verhandlungen für eine Gesamtfinanzierung durchführen zu können", so Gädechens. Der CDU-Politiker begrüßt daher auch die Ankündigung der schleswig-holsteinischen Landesregierung, "einen fairen Anteil zu einer soliden Finanzierung" beizutragen. "Wenn meine SPD-Kollegin jetzt aber genau das kritisiert, geht es ihr ganz offensichtlich nicht um Inhalt, sondern einzig darum, von den Missständen der von ihr mitgetragenen rot-grün-gelben Bundesregierung abzulenken." Gädechens appelliert daher an die verantwortlichen Ampel-Koalitionäre in Berlin, "das Heft des Handelns in die Hand zu nehmen und die Bundesregierung endlich vom Schneckentempo auf die Überholspur zu zwingen". "Nur wenn jetzt alle an einem Strang ziehen" so Gädechens, "ist endlich eine Lösung in Sicht. Die Zeit läuft uns davon, also muss dringend gehandelt werden."

Der CDU-Bundestagabgeordneter Ingo Gädechens kritisiert die SPD-Bundestagsabgeordnete Bettina Hagedorn. Foto: Archiv/BIG
Text-Nummer: 153325 Autor: BIG/Red. vom 15.08.2022 um 10.48 Uhr