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Jan Lindenau
Jan Lindenau

SHMF: Brahms in Moll und Dur

Lübeck: Archiv - 29.08.2022, 12.01 Uhr: SHMF-Finale 2022 in der MuK mit allen vier Sinfonien von Johannes Brahms, des diesjährigen (und letzten) Porträt-Komponisten. Die NDR Radio-Philharmonie Hannover unter ihrem Dirigenten Andrew Manze hatte sich die Aufgabe gestellt, diese Meilensteine der Spätromantik an zwei Abenden zu interpretieren – mit unterschiedlichen Ergebnissen.

Die Veranstalter hatten sich nicht für die chronologische Reihenfolge entschieden, sondern für die Unterteilung in Dur und Moll. So machten Auftakt am Sonnabend die 1. und die 4. Sinfonie. Bei der Ersten c-Moll op. 68 taten sich Manze und die Seinen schwer. Stets unter Strom, suchte Vorarbeiter Manze den Brahms-Sturm der Gefühle zu bändigen: atemlos im Eingangs-Allegro, zart und durch dominante Kontrabässe doch schwer im Adagio, mehr gemächlich als gracioso das Allegretto und mancherlei hineingeheimnissend im letzten Satz. Hier legte Manze sein ganzes Herz hinein, kamen Alp-Hornruf und Flötenmelodie superrein – versöhnlicher Schluss nach einer ihre Linie suchenden Interpretation.

Ganz anders und wie aus einem Guss nach der Pause die „Vierte“ e-Moll op. 98: Der reife Brahms in seiner Klarheit lag Manze offenhörig viel mehr: die Wellen, das Atmen, die schroffen Gegensätze. Auch die Radio-Philharmoniker zeigten Geschlossenheit und Konsonanz, das Andante fand ebenso beseelt stets zur positiven Aussage wie dann das Allegro giocoso mit seinen Wechseln der Tempi und Konstellationen. Bestens disponiert alle dann auch im Finalsatz in der Vorwärtsbewegung mit den Momenten der Besinnung (Cello, Flöte) – alles so klar und akzentuiert im Tempo, dass es das Publikum in der gut besuchten MuK mit- und zu Ovationen hinriss.

Sonntagabend dann der Dur-Abschluß, zunächst mit der Dritten op. 90 in F. Nach übersteuertem Auftakt entdeckte Manze immer neue Nuancen, ließ das Allegro con brio zwischen Radierung und Holzschnitt changieren, musizierte das Andante aus fast zum Wiegenlied – und bot eine Entdeckungsreise für jene Zuhörer, die erkannten: Hier vernahmen sie eine Deutung dieser Sinfonie, keineswegs gegen den Strich, sondern voller Gefühle, die nun das Allegretto mit äußerster Transparenz und fast resigniert wirklich ins Andantino wendeten. Auch im Allegro con spirito hatte alles seine mitfühlsame Manze-Logik bis nach dem Aufbegehren das ganze Orchester noch einmal tief Luft holte vor dem optimistischen Seufzer.

Das war der Höhepunkt dieser beiden Abende, nach dem die Wiedergabe der 2. Sinfonie D-Dur op. 73 verblasste. Es waren nicht nur die agogischen Freiheiten, die sich Andrew Manze nahm, sondern auch das unausgeglichene Tutti mit Konzentrationsermattung und Lautstärkeschwankungen. Ein „Lichtblick“: das lebhafte, sommernächtliche Scherzo. Das freudvolle Galoppieren ins Finale mit dröhnend sich türmendem Blech beeindruckte das Publikum und riss es hin zum Beifallsturm.

Andrew Manze bekam für die Abschlusskonzerte i der MuK viel Beifall. Foto: Micha Neugebauer/NDR

Andrew Manze bekam für die Abschlusskonzerte i der MuK viel Beifall. Foto: Micha Neugebauer/NDR


Text-Nummer: 153586   Autor: Güz.   vom 29.08.2022 um 12.01 Uhr

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