Die Eisheiligen werden warm in Lübeck
Lübeck: Bisher ist der Frühling ja noch nicht so richtig aus dem Quark gekommen. Macht nichts, denn die kühlen Tage, die uns jetzt eigentlich bevorstehen sollten, die hatten wir schon. An diesem Wochenende ist es zwar gern noch einmal ein wenig ungemütlich, aber die Polarluft, die immer Mitte Mai gerne noch einmal vorbeischaut, beginnt sich langsam aber sicher zu verziehen. Harald Denckmann fasst die Aussichten zusammen.Faustregel für Gärtner sind schon immer die berühmten 'Eisheiligen'. Bis zur 'kalten Sophie' am 15. Mai muss man immer noch einmal mit Nachtfrösten rechnen, heißt es. Die Nachtfröste haben wir für dieses Jahr gehabt, sagen wir hingegen. Es darf ruhig nach Herzenslust gepflanzt werden. Die Eisheiligen, beginnend mit 'Mamertus' am 11. Mai glänzen in diesem Jahr sogar mit nahezu zweistelligen Temperaturen, bereits morgens um 6 Uhr. Bis zum Mittag geht es dann gut und gern in Bereiche um die +15 Grad. Und das Wochenende um den 20. Mai herum verspricht sogar besonders gut zu werden. Da knacken die Temperaturen voraussichtlich die +20 Grad Marke und Touristiker und die Gastronomie an der Küste kann sich auf den ersten großen Ansturm des Jahres an Tagesgästen einstellen. Wenn's gut geht bleibt es sogar trocken, das kann man natürlich aus heutiger Sicht noch nicht mit letzter Bestimmtheit sagen.
Ein Blick auf die Karte verrät, warum das so ist. Zur Verdeutlichung haben wir einmal die Grenze zwischen den europäischen Hochdruckgebieten im Süden und den schwachen Tiefdruckgebieten im Norden deutlich schwarz markiert. Es ist die 1015 hPa Linie, die die beiden Einflusssphären voneinander trennt. Im Norden sind die kühleren Luftmassen, die uns zurzeit immer noch erreichen, im Süden dagegen geht es schon mächtig Richtung Sommer.
Lübeck liegt in der Nähe dieser Trennlinie, die von Schottland über den Skagerrak weiter Richtung Südost verläuft, aber eben immer noch eher unter dem Hochdruckeinfluss von den Azoren. Deshalb wird es noch nicht so ganz knalle sonnig, sondern eher ein wenig wechselhaft, was uns keinesfalls stören sollte. Auf diese Weise erreichen uns nämlich gelegentliche Randstörungen, die eben auch Niederschläge mit sich führen. Was nützt uns jetzt der schönste Sonnenschein, wenn es am Ende so trocken wird wie in diesen Tagen in Spanien. Das Gejammer möchte ich gar nicht hören. Auch wenn wir im Norden von den Regenmengen des letzten Monats nicht so viel abbekommen haben, läuft es für die Vegetation momentan gar nicht so schlecht. Ein etwas kühlerer und nasser Mai füllt dem Bauern schließlich Scheun' und Fass, heißt es so schön in der Bauernregel. Und da ist was dran.
Und ab Mitte des Monats geht es ohnehin bergauf mit den Temperaturen, wie oben bereits angedeutet. Randstörungen im Mittelmeerraum könnten dann auch dafür sorgen, dass die Trinkwasserbestände in Spanien sich leicht wieder auffüllen. Alle Modelle zeigen auch für diese Region in den kommenden vierzehn Tagen Niederschlagsgebiete an.
Im letzten Jahr hatten wir im Mai etwa 70 Millimeter Niederschlag. Bis heute hat Peter Faulbrück in Lübeck Eichholz etwa 20 Millimeter eingefangen. Es darf also ruhig noch ein wenig dazukommen. Seit wir mehr über Klima gelernt haben, beschweren wir uns auch erkennbar weniger über Regen. Vielleicht haben wir ja auch seit 2018 gelernt, dass anhaltende Trockenheit mit leeren Flüssen und zahlreichen Waldbränden wesentlich schlimmer ist als gelegentliche Niederschläge. Trockene Flussbetten bringen schließlich sogar französische Atomkraftwerke zum Stillstand. Wer das vor 20 Jahren vorhergesagt hätte, wäre schließlich damals von Experten herzlich verlacht worden.

Nachtfrost werden zu den Eisheiligen in Lübeck nicht erwartet. Grafik: Harald Denckmann, Foto: Karl Erhard Vögele
Text-Nummer: 158464 Autor: Harald Denckmann vom 06.05.2023 um 11.27 Uhr