Kein erhöhtes Krebsrisiko an der Deponie Ihlenberg
Nordwestmecklenburg: Archiv - 13.07.2023, 19.31 Uhr: Am Donnerstag wurde eine Studie zum Krebsrisiko für Beschäftigte und Anwohner der Deponie Ihlenberg vorgestellt. Die Uni Greifswald kommt zu dem Ergebnis, das es kein erhöhtes Risiko mehr gibt. Nur im Umkreis der Deponie von fünf bis zehn Kilometer gebe es etwas höhere Werte. Deren Ursache ist unklar.Mecklenburg-Vorpommerns Gesundheitsministerin Stefanie Drese und Umweltminister Dr. Till Backhaus stellten am Donnerstag gemeinsam mit dem Geschäftsführenden Direktor des Instituts für Community Medicine (ICM) der Universitätsmedizin Greifswald, Prof. Dr. Wolfgang Hoffmann und Henry Forster (Geschäftsführer der GAA - Gesellschaft für Abfallwirtschaft und Altlasten M-V mbh und der IAG - Ihlenberger Abfallentsorgungsgesellschaft mbH) im Rahmen einer Pressekonferenz die Ergebnisse der „Fortführung der Epidemiologischen Studie zur Abklärung des Auftretens von Tumorerkrankungen bei den Beschäftigten und Anwohnern im Nahbereich der Deponie Ihlenberg“ vor.
Im Auftrag der GAA wurde das ICM im Jahr 2019 mit der Folgestudie beauftragt. Eine fachliche Begleitung erfolgte durch das Gesundheitsministerium. Bereits 2006 und 2008 führte das ICM epidemiologische Studien zur Krebshäufigkeit rund um die Deponie durch. Die aktuelle Studie wurde am Donnerstag zunächst den Beschäftigten am Ihlenberg und dem Aufsichtsrat der IAG vorgestellt.
Ministerin Drese betonte als wesentliches Ergebnis der Studie, dass im Untersuchungszeitraum bei Beschäftigten der Deponie Ihlenberg kein erhöhtes Krebsrisiko festgestellt wurde. „Anders als bei der ersten Studie 2006 erkrankten die Beschäftigten statistisch gesehen nicht signifikant häufiger an Krebs als andere Personen – auch nicht bei längerer Beschäftigungsdauer“, verdeutlichte Drese.
Professor Hoffmann verwies darauf, dass für die Studie die Krebserkrankungszahlen zwischen 2009-2021 bei insgesamt 590 ehemaligen und gegenwärtigen Beschäftigten analysiert wurden. „In diesem Zeitraum sind insgesamt 32 Krebserkrankungen bei den Beschäftigten ermittelt worden. Die Zahlen lagen insgesamt nicht über denen in der Bevölkerung des Landkreises Nordwestmecklenburg. Das Krebserkrankungsrisiko der Mitarbeiter ist im Vergleich zu den Vorstudien rückläufig“, verdeutliche Hoffmann.
Insgesamt 31 Beschäftigte seien im Beobachtungszeitraum verstorben, so der Projektleiter der Studie. Die Sterblichkeit in der Beschäftigtenkohorte sei gegenüber der Referenzpopulation nicht erhöht.
Hoffmann: „Im Nahbereich um die Deponie wurden zwei konzentrische Beobachtungszonen untersucht. Im 0-5 km-Umkreis entsprachen die Häufigkeiten der Inzidenzen der Erwartung. Im 5-10 km Umkreis sind erhöhte Inzidenzen für Krebs der Verdauungsorgane und Lymphome/ Leukämien zu beobachten, für die die Gründe nicht eindeutig identifizierbar sind.“
Die Sterblichkeit entsprach nach Angaben von Professor Hoffmann im Nahbereich der Anlage der Referenzbevölkerung. Eine Ausnahme bildete der Bauchspeicheldrüsenkrebs im 5-10 km-Umkreis. „Die signifikante Erhöhung dort war vorrangig auf eine signifikante Erhöhung im Zeitraum 2010-2012 zurückzuführen. Im Zeitraum davor und in den folgenden Jahren wurde keine höhere Mortalität beobachtet. Die Ergebnisse der aktuellen Studie sprechen insgesamt nicht für einen direkten Einfluss der Deponie auf die Krebshäufigkeit in der Bevölkerung im Nahbereich der IAG“, so Hoffmann.
„Wir sehen das Ergebnis der aktuellen Studie als Erfolg und Bestätigung unserer Arbeit auf dem Gebiet des Arbeits- und Umweltschutzes“, sagte Henry Forster. „Gemeinsam mit der Belegschaft wird die Geschäftsleitung weiterhin alles daran setzen, das hohe Niveau zum Schutz von Mensch und Natur verantwortungsbewusst und transparent fortzuführen. Der IAG-interne Fachbereich Umwelt leistet dabei eine überdurchschnittliche und konsequente Arbeit“, betonte Forster.
Minister Backhaus sagte: „Ich bin erleichtert und dankbar, dass von der Deponie Ihlenberg keine erhöhte Krebsgefahr ausgeht. Das ist ein wichtiger Tag für die Beschäftigten, aber auch für die Menschen in der Region. Die Deponie Ihlenberg ist eine der modernsten Deponien in Europa und auch der Arbeits- und Gesundheitsschutz entspricht höchsten Standards. Die Studie stützt die Einschätzung meiner Fachleute, dass ein gemeinwohlverträglicher Deponiebetrieb nicht nur möglich, sondern gegeben ist. Aus meiner Sicht belegt sie den langjährig sachgerechten Umgang der Deponie mit Abfällen insgesamt, einschließlich des erfolgreichen Wirkens der Überwachungsbehörden. Seitdem ich 2019 als zuständiger Fachminister die Verantwortung für die IAG übernommen habe, sind zahlreiche Maßnahmen ergriffen worden, die aus meiner Sicht Ruhe in viele strittige Fragen gebracht haben. Wir haben u.a. einen neuen Geschäftsführer und einen Sonderbeauftragten für die Deponie eingesetzt, die Anlieferung ausländischer Abfälle beendet, mehr Personal für Überwachungs- und Genehmigungsprozesse eingestellt und die Anforderungen an die Deponiebetreiber erhöht. Unser gemeinsames Ziel ist es, diese Standards auch künftig aufrechtzuerhalten. Deshalb ist es wichtig, dass wir das Buch jetzt nicht zu klappen, sondern gemeinsam prüfen, wie wir mit dem Datenmaterial aus der Studie künftig weiter umgehen."
Ministerin Drese benannte drei wesentliche Schlussfolgerungen aus der Studie: „Arbeitsschutz muss oberste Priorität haben, um durch entsprechende Maßnahmen die Gesundheit der Beschäftigten auf der Deponie bestmöglich zu schützen. Damit sichergestellt werden kann, dass die getroffenen Maßnahmen auch künftig ausreichend sind, soll in der untersuchten Beschäftigtenkohorte in einigen Jahren erneut ein Abgleich mit den Daten des Krebsregisters erfolgen, um aktualisierte Ergebnisse zu erhalten. Zudem appelliere ich an alle Menschen in unserem Land die umfangreichen, zum Großteil kostenlosen Krebsvorsorgeuntersuchungen und Screenings zu nutzen. Je eher eine Krebserkrankung erkannt wird, umso höher sind die Genesungschancen“, so Drese.
Die Uni Greifswald hat das Krebsrisiko für Beschäftigte und Anwohner der Deponie Ihlenberg ausgewertet. Foto: Karl Erhard Vögele/Archiv
Text-Nummer: 160017 Autor: SozMi MV/red. vom 13.07.2023 um 19.31 Uhr