Das letzte Einheits-Fest in Lübeck?
Lübeck - Schlutup: Archiv - 03.10.2023, 16.35 Uhr: Zum Tag der Deutschen Einheit wurde in Lübeck am ehemaligen Grenzübergang Schlutup wieder gefeiert. Dort befindet sich seit 1998 die "Grenzdokumentations-Stätte". Hier zeigt ein Verein eine große Sammlung an Erinnerungsstücke der Deutschen Teilung. Doch das soll sich ändern.Mit viel Engagement und wenig Geld haben Schlutuper Bürger in der ehemaligen Zollabfertigung die Sammlung aufgebaut. Ihr Ziel ist und war es, die Erinnerung an die Zeit der zwei deutschen Staaten wach zu halten und die besondere Situation am "Eisernen Vorhang" durch konkrete Anschauung erlebbar zu machen. Zusätzlich organisieren die Ehrenamtler jedes Jahr die Feier am 3. Oktober.
Der Staat wollte dem Verein der Grenzdokumentations-Stätte helfen. Das Land stellte einen fünfstelligen Betrag zur Verfügung. Allerdings bekam nicht der Verein das Geld, sondern Experten, die ein Konzept für die Ausstellung entwickeln sollten. Es liegt jetzt vor. Auf 95 Seiten wird eine millionenschwere Stiftung vorgeschlagen. Die soll auch die Sammlung des Vereins übernehmen. Geplant ist ein Museum mit pädagogischen Inhalten und Multimedia-Einsatz.
Der Verein hält das Konzept für falsch. Die Nachfrage nach der bestehenden Sammlung sei groß. In diesem Jahr gab es bereits rund 4500 Besucher. "Überwiegend Schulklassen aus ganz Deutschland", berichtet die Vereinsvorsitzende Ingrid Schatz. Und die meisten Besucher bedankten sich besonders für die konkreten Erinnerungsstücke.
Für noch mehr schlechte Laune sorgte am Tag der Deutschen Einheit eine Pressemitteilung der Landtagsabgeordneten Anette Röttger. Land, Stadt und Verein hätten sich gemeinsam "auf strategische Ziele und programmatische Leitlinien verständigt, die nun in die Umsetzung gebracht werden sollen", so die Politikerin.
"Mit uns hat sich niemand geeinigt", sagt Ingrid Schatz. Sie habe vor ein paar Tagen das Konzept bekommen, aber noch nicht komplett gelesen. Schon der Anfang habe sie negativ überrascht. "Wir sollen eine Stiftung werden und einen Haushalt aufstellen." Auf solche bürokratischen Aufgaben haben die ehrenamtlichen Kräfte keine Lust. Sie hätten sich gewünscht, dass mit dem Geld eine hauptamtliche Kraft eingestellt wird, die sich um die Sammlung kümmert. Die inzwischen älter gewordenen Vereinsmitglieder würden sich gerne auf die Führungen konzentrieren.
Und wenn es keine Einigung gibt? "Dann packen wir unsere Sammlung ein und bringen sie zu einer ähnlichen Ausstellung in Berlin", kündigt Schatz an. Die Grenzdokumentations-Stätte Lübeck-Schlutup würde es dann nicht mehr geben.
Ingrid Schatz, ihr Stellvertreter Jürgen Gieseler und Jürgen Schreiber vom Gemeinnützigen Verein Schlutup sind über die Pläne des Landes entsetzt. Foto: JW
Text-Nummer: 161554 Autor: VG vom 03.10.2023 um 16.35 Uhr