Lübeck gibt geraubte Überreste eines Kindes an Peru zurück

Lübeck: Archiv - 26.08.2024, 16.26 Uhr: Am Montag, 26. August, realisierten die Lübecker Museen die erste Rückgabe von sterblichen Überresten aus dem Bestand der Sammlung Kulturen der Welt. Anfang des Jahres hatte die Lübecker Bürgerschaft derartige Rückgaben mit großer Mehrheit autorisiert.

Am Montagmorgen reiste der peruanische Botschafter Augusto Arzubiaga Scheuch aus Berlin an, um die Überreste persönlich in Empfang zu nehmen und einen würdigen Transport in sein Heimatland zu organisieren. Die Übergabe fand auf Wunsch der peruanischen Botschaft im kleinen Kreis in der Verwaltung der Lübecker Museen statt.

Bei dieser ersten Rückgabe handelt es sich um die Überreste eines indigenen Kleinkindes, die aus einem Grab geraubt wurden. Das Grab lag aller Wahrscheinlichkeit nach in der archäologischen Stätte von Ancón. Dort wurden bei dem Bau einer Eisenbahnstrecke Ende des 19. Jahrhunderts zahlreiche Gräber gefunden und geplündert. Über den Berliner Kunsthandel gelangten die Überreste 1899 schließlich in den Besitz der Lübecker Museen.

Augusto Arzubiaga Scheuch erklärte bei der Übergabe: "Es ist mir eine große Ehre, mich in diese schöne Hansestadt, die zum Weltkulturerbe gehört, zu begeben, um an der Zeremonie zur Übergabe menschlicher Überreste altperuanischer Herkunft teilzunehmen. Peru hat in den letzten Jahrzehnten verschiedene Maßnahmen zur Rückführung von Kulturgütern seines kulturellen Erbes durchgeführt, sowohl auf bilateraler Ebene als auch in internationalen Foren. Obwohl das Ergebnis dieser Maßnahmen weitgehend zufriedenstellend war, bin ich sicher, dass wir noch viel mehr tun können, und so betrachte ich diese Zeremonie auch als einen Meilenstein für die zukünftige gemeinsame Arbeit zwischen dieser angesehenen Institution und meinem Heimatland."

Die Hintergründe dieses Falls konnten erst 2022 ermittelt werden, als ein vom Deutschen Zentrum Kulturgutverluste gefördertes Forschungsprojekt startete. Die Ethnologin Dr. Claudia Kalka und Dr. Lars Frühsorge, Direktor der Lübecker Sammlung Kulturen der Welt, hatten die Aufgabe übernommen, bis Juli 2024 die Herkunft aller sterblichen Überreste in der Sammlung zu klären. Insgesamt handelt es sich um 26 Personen, die unter meist problematischen Bedingungen während des Zeitalters des Deutschen Kolonialismus nach Lübeck verbracht wurden. Ein weiteres Ziel des Projektes war es, eventuelle Nachfahren zu ermitteln und Wünsche aus den Herkunftsländern hinsichtlich einer Rückgabe oder eines Verbleibs in Lübeck in Erfahrung zu bringen. Im Rahmen dieser Recherche wurden die sterblichen Überreste in würdigerer Form als bisher getrennt von den Objekten der Sammlung in einem neu geschaffenen Depotbereich verlagert. Zeitgemäßen ethischen Standards entsprechend, werden die Gebeine ohne ausdrückliche Zustimmung der Herkunftsgemeinschaften nicht mehr untersucht, ausgestellt oder auf Fotografien veröffentlicht.

Neben der nun erfolgten Rückgabe nach Peru wurde bisher nur von der indigenen Gemeinschaft der Selk'nam in Chile der Wunsch geäußert, die Überreste eines ihrer Ahnen aus der Zeit des Völkermordes in Feuerland zur Bestattung zurückzuerhalten. Eine Delegation aus Feuerland plant voraussichtlich im Oktober zu diesem Zweck Lübeck zu besuchen.

Der peruanische Botschafter Augusto Arzubiaga Scheuch übernahm die sterblichen Überreste des Kindes von den Lübecker Museen. Foto: Michael Haydn

Der peruanische Botschafter Augusto Arzubiaga Scheuch übernahm die sterblichen Überreste des Kindes von den Lübecker Museen. Foto: Michael Haydn


Text-Nummer: 167866   Autor: Museen   vom 26.08.2024 um 16.26 Uhr

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