Die BiP sagt Tschüss!
Lübeck - Travemünde: „Tschüss Waterfront“ war ein Slogan der „Bürgerinitiative behutsame Priwall-Entwicklung“ (BiP), die viele Jahre lang gegen das touristische Großprojekt auf der Travemünder Halbinsel gekämpft hat. Längst steht die Anlage. Und nun heißt es „Tschüss, BiP“. Man sei jetzt in der Auflösungsphase, sagt der erste Vorsitzende Siegbert Bruders auf Nachfrage von HL-live.de. Einen Blick zurück im Zorn gibt es allerdings nicht.Gut siebzehn Jahre lang gab es die Bürgerinitiative. Zunächst unter der Führung von Eckhard Erdmann und später, als der den Vorsitz des Priwallvereins übernahm, unter der Leitung von Siegbert Bruders. Die Bürgerinitiative gab es so lange, dass sie regelmäßig besondere Geburtstage feierte. In einer Halle im Passathafen und unter großer Beteiligung von Mitgliedern, Bürgern und auch Politik.
Geleakte Verträge
Manchmal fanden sich, wie es damals süffisant hieß, überraschend Umschläge mit Unterlagen im Briefkasten der Bürgerini. Dann veröffentlichte sie den Kaufvertrag für das riesige Gelände rund um den Passathafen auf ihrer Website. Und später den Bericht des Rechnungsprüfungsamtes, der die Verwaltung nicht gut aussehen ließ. Allen Enthüllungen und Aktionen zum trotz wurde allerdings im Oktober 2015 der Grundstein gelegt für „Priwall Waterfront“, die später in „Beach Bay“ umbenannt wurde.
Der Priwallhafen, hier noch mit den alten Passathallen und dem dahintergelegenen Campingplatz im Jahre 2014.
Verein spendet verbliebene Gelder
Wo früher die Passathallen und ein großer Campingplatz standen, stehen heute die mehrstöckigen Gebäude mit Läden und tausenden Ferienbetten. Um die Bürgerinitiative ist es naturgemäß ruhiger geworden. Die letzten Jahre trafen sich die verbliebenen 11 Mitglieder nur noch zu Mitgliederversammlungen. Jetzt wird der Verein aufgelöst. Ein Großteil der Gelder wurde bereits an gemeinnützige Organisationen gespendet. Etwa 200 Euro sind noch für die Kosten der Vereinsauflösung auf dem Konto, meint der Vorsitzende Siegbert Bruders. „Das Restgeld geht dann nochmal an die Tafel und dann wird das Konto gelöscht.“ Das war es dann.
„Wenn ich da hinkomme, bin ich immer wieder entsetzt“
„Ich bin selten auf dem Priwall“, sagt der Vorsitzende Siegbert Bruders. Das läge nicht nur an der Beach-Bay. Es hätte sich viel verändert, viele Leute von früher seien nicht mehr da. „Ich fühle mich da jedenfalls nicht mehr richtig wohl“, sagt Bruders, der in Berlin lebt. An seiner Meinung zum Großprojekt hat sich nichts geändert: „Wenn ich da hinkomme, bin ich immer wieder entsetzt, wenn man um die Ecke biegt, wie man da so ein monumentales Werk errichten kann.“ Manches finde er natürlich auch charmant. „Dass man da abends ein Bierchen trinken kann“, nennt er ein Beispiel. „Aber das konnte ich früher auch, mich mit der Flasche da hinsetzten.“ Nur günstiger.
„Die BiP hat Leute zusammengebracht“
Die ganze Anlage mit dem großen Platz und keinem Schatten findet er nach wie vor nicht schön. „Die ganze Architektur gefällt mir nicht.“ Von schlechter Stimmung sei im Verein trotzdem nichts zu spüren, betont er. „Es hat auf dem Priwall viel mobilisiert, es hat Leute zusammengebracht“, sagt Siegbert Bruders. „Und es hat mit Sicherheit dazu beigetragen, dass das Hotel nicht gebaut wird.“ Ursprünglich war noch ein weiteres Hotel auf der Kohlenhofspitze geplant. Daraus wurde nichts. „Aber den Kern der Sache, nämlich zu verhindern, dass das Bauprojekt den Priwall zerstört, den haben wir natürlich nicht erreicht“, sagt Bruders.
Der Priwallhafen mit dem touristischen Großprojekt „Waterfront“, heute „Beach-Bay“, im Jahre 2020.
Demos bringen mehr als Politik
Fragt man Siegbert Bruders, was er heute anders machen würde, nennt er einen Punkt: Er würde heute Demos machen. Als Beispiel nennt er Wolfgang Hovestädt vom Priwall, der mit wöchentlichen Demos letztlich durchsetzte, dass Priwall-Bewohner kostenlos mit der Fähre fahren können. „Das scheint mehr Wirkung zu haben als alle andere politische Arbeit im Hintergrund“, meint Siegbert Bruders.
Zukunft des Priwall
Was ihm heute noch am Herzen liegt, ist, dass der Bereich am Kohlenhof nicht auch noch „zu sehr touristisch erschlossen wird.“ Und das Gelände der Handwerkskammer, wenn die einmal wegzieht. Dass hätte auch Eckhard Erdmann einmal gesagt, der Priwallverein „müsste sich eben darum kümmern, dass dieses Gelände tatsächlich für sozialen Wohnungsbau genutzt wird.“ Denn, so Bruders, „unterschiedliche Leute werfen da Begehrlichkeiten drauf.“
Die BiP geht erhobenen Hauptes
„Wir sind da rausgegangen erhobenen Hauptes“, zieht Siegbert Bruders ein Fazit. „Wir haben die Ziele nicht erreicht, aber es war trotzdem eine schöne Zeit“, meint er. „Wir haben gekämpft, wer kämpft kann verlieren. Wer nicht kämpft, hat schon verloren.“ Siegbert Bruders arbeitet als Lehrer für Pädagogik und Psychologie in Berlin und engagiert sich privat in einer Friedensinitiative im Bezirk Charlottenburg.
„Wir haben gekämpft, wer kämpft kann verlieren. Wer nicht kämpft, hat schon verloren“, sagt Siegbert Bruders, der die „Bürgerinitiative behutsame Priwallentwicklung“ jetzt auflöst. Fotos: HN(2), KEV(2).
Text-Nummer: 168260 Autor: Helge Normann vom 15.09.2024 um 14.47 Uhr