Bürgerschaft quält sich durch das Haushaltsloch
Lübeck: Am Donnerstag stand der städtische Haushalt für das Jahr 2025 auf der Tagesordnung der Bürgerschaft. Die Debatte zog sich über viele Stunden. Der große Wurf ist nicht gelungen. Mit einigen zusätzlich beschlossenen Ausgaben dürfte das Haushaltsloch bei etwas über 100 Millionen Euro liegen.Der Stadtpräsident hatte bereits zum Sitzungsbeginn um 10 Uhr eingeladen, da Haushaltsdebatten erfahrungsgemäß sehr lange dauern. So hält traditionell jede Fraktion erst einmal eine Rede zu ihren politischen Schwerpunkten. Der Ältestenrat der Bürgerschaft hatte zusätzlich festgelegt, dass die Abstimmungen frühestens um 15 Uhr beginnen sollten.
Alle Fraktionen hatten Anträge zum Haushalt vorbereitet. Die Vorschläge umfassten in der Regel Zuschüsse für Vereine und Organisationen. Mit großer Mehrheit wurde beschlossen, einen Gebärdendolmetscher für die Bürgerschaftssitzungen zu engagieren, damit alle Lübecker die Diskussionen verfolgen können. Die Stadt übernimmt das Honorar, wenn eine Stiftung die notwendige technische Ausrüstung bezahlt. Mit dem Zusatz soll Sparwillen demonstriert werden.
Wirksame Ideen, wie man einen Haushalt ausgleichen kann, haben weder die Verwaltung noch die Politik vorgelegt. Eine Reduzierung von Aufgaben oder Änderungen von Strukturen und Abläufen spielten keine Rolle. Und auch die Digitalisierung scheint nicht zu helfen. Bürgermeister Lindenau verwies darauf, dass auch der bundesweite achte Platz bei dem Programm "Smart City" nicht wirklich gut sei. Das zeige nur, wie schlecht die Digitalisierung der Verwaltung im ganzen Bundesgebiet sei.
Die Haushaltsdiskussion dauerte gegen 19 Uhr noch an. Das Ergebnis steht aber bereits fest: Die Stadtverwaltung hat im kommenden Jahr 100 Millionen Euro zu wenig Geld. Die Kommunalaufsicht muss den Haushalt noch genehmigen.
Die Bürgerschaft diskutierte am Donnerstag über den städtischen Haushalt für 2025. Foto: JW/Archiv
Text-Nummer: 168482 Autor: VG vom 26.09.2024 um 18.55 Uhr
Kommentare zu diesem Text:
Klaus Hinrich Rohlf
schrieb am 26.09.2024 um 19.00 Uhr:
Der Finanzsenator/Bürgermeister hat noch Ende 2023/2024 Allen alles versprochen, und für 2024 auch noch einen Haushaltsüberschuss eingeplant, obwohl der Landtag in Kiel im November 2023 bereits für 2024 die Haushaltsnotlage festgestellt hatte. Es ist jetzt die Pflicht des Finanzsenators/Bürgermeisters einen seriösen und finanzierbaren Haushalt vorzulegen, der auch vor der Kommunalaufsicht bestehen kann.
Wolfgang Lexow
schrieb am 26.09.2024 um 20.05 Uhr:
"Wirksame Ideen, wie man einen Haushalt ausgleichen kann, haben weder die Verwaltung noch die Politik vorgelegt".
Putzig...wer hat denn vom Komödieantenstadl etwas anderes erwartet.
Waldemar Wagner
schrieb am 26.09.2024 um 20.34 Uhr:
Die SPD Bürgermeister haben schon immer viel versprochen.
Der Vorgänger des aktuellen Bürgermeisters geht als Schuldenkönig in die Lübecker Geschichte ein. Er soll die Schulden der Stadt in seiner Amtszeit nahezu verdoppelt haben.
Warum gibt es eigentlich keine Schuldengrenze für kommunale Haushalte?
Tobias Möller
schrieb am 26.09.2024 um 21.59 Uhr:
Keine Ideen ?
Das ist ein schlechter Witz.
Ideen, die sofort umsetzbar sind:
1. Theater schließen. Spart jährlich 50 Millionen. Es gibt kein Gesetz, welches ein überteuertes Theater vorschreibt.
2. Kein Geld mehr für die Travemünder Woche. Wieder 500.000,- gespart.
3. Keine unnötigen Umbauten funktionierender Verkehrswege aus rein ideologischen Gründen. Weitere Millionen gespart.
4. Keine Finanzierung von "Kunstprojekten" um (...) selbsternannte "Künstler" mit Geld zu versorgen, (...). Wieder die eine oder andere Million gespart.
5. Gebüren für öffentliche Flächen auf ein zeitgemäßes Niveau anheben. Schon kommt Geld in die Kasse.
6. Mehr Verkehrskontrollen. Alleine durch die Amokradler auf ihren reinen Schönwetterfreizeitsportgeräten und die Leute in Kraftfahrzeugen, die sich nicht an die Regeln halten, könnten bestimmt pro Jahr 20 Millionen eingenommen werden, wenn konsequent, sowie spät abends und am Wochenende mehr kontrolliert werden würde.
7. Straßenbeleuchtung nachts reduzieren und keine unnötigen Flutlichtanlagen für Sehenswürdigkeiten betreiben. Wieder eine Million gespart.
Fortsetzung gewünscht ?
Man fragt sich echt, warum diese (...) selbst nicht auf so etwas kommen.
KHD
schrieb am 27.09.2024 um 06.46 Uhr:
@ Tobias Möller
weil es auch andere Freizeitgestaltungen gibt, als sich nach einen Tag im Führerstand eines LKW in einen abgedunkelten Raum auf das verschlissene Sofa zu setzen und CO2 absondernde Blechkisten zu hudigen.
Der Mensch ist glücklicherweise individuell und meist auch nicht mit Scheuklappen ausgestattet
Christian Kuhlmey-Becker
schrieb am 27.09.2024 um 07.24 Uhr:
Moin!
Tipp für Leute, die nur rummeckern und realitätsferne Vorschläge machen: In die Bürgerschaft wählen lassen und "einfach" mal den Laden umkrempeln!
Martin
schrieb am 27.09.2024 um 08.02 Uhr:
Wenn man ein Geschäft, eine Firma, einen Laden hat, dann bieten sich in erster Linie zwei Optionen, wenn die Kasse nicht stimmt. Entweder reduziert man die Ausgaben oder man generiert zusätzliche Einnahmen.
Man kann Personal entlassen, zusätzliche Vergütungen streichen oder Sachkosten reduzieren und günstigere Ausstattung oder einfacheres Werkzeug kaufen.
Allerdings gilt auch die Regel: "Gib mir gutes Werkzeug, dann mache ich gute Arbeit." Mit dem Klappspaten Gräben zu graben ist eher inneffizient. Ein Minibagger hilft da schon weiter, mit großen Baumaschinen geht es durchaus schneller.
Mit einem alten Computer und alten Programmen kann man manche Sachen genauso wenig gut bearbeiten wie mit einem veralteten Smartphone.
Je neuer und professioneller, desto schneller, mit mehr Platz und höherer Leistungsfähigkeit.
Ein Akkuschrauber aus dem Discounter ist eben keine Hilti. Die sind zwar teuer, aber bieten auch Leistung.
Man kann sich ein Fahrrad im Supermarkt kaufen oder im Fachhandel. Der Vielfahrer hat da andere Ansprüche als der Gelegenheits-Sommerradler.
Was das mit dem Haushalt zu tun hat? Man benötigt gutes Personal und gute Ausstattung, auch um gute Verwaltungsarbeit machen zu können. Da sollte man also nicht sparen. Vernünftige Aktivitäten gibt es nicht im Sonderangebot. "Wer sparen will, zahlt oft doppelt." - nämlich dann, wenn die günstige Lösung nicht funktioniert und man zusätzlich eine weitere teurere Lösung benötigt.
Sparen ist aber trotzdem wichtig. Im Sinne von gut überlegten Ausgaben. Nicht für jedes Pläsierchen die Gelder verteilen. Nicht alles was man kaufen und bezahlen kann ist auch nötig.
Ach ja die Einnahmenseite. Natürlich kann man eine diversifizierte Geschäftspolitik betreiben, also möglichst viele Standbeine, falls es in einem Bereich mal nicht so gut läuft hat man immer noch andere Quellen. So ähnlich wie beim Mischkonzern Possehl. Oder man spezialisiert sich und setzt auf Kernkompetenzen wie Sicherheit und Technik für das Leben wie beim Medizinkonzern Dräger.
Auf die Hansestadt Lübeck umgemünzt sollte man sich überlegen, ob man Einnahmen bei den Kernkompetenzen erzielen will (Tourismus, Lebensmittelindustrie, Medizintechnik, Hochschulen, Kultur, Logistik) oder ob man sich stärker diversifizieren will auf weitere kleinere Bereiche der Industrie und des Handwerkes. Im neuen Gewerbegebiet Semiramis wäre noch ein wenig Platz - alles andere ist wohl ausgebucht.
Wenn die kriegerischen Handlungen weltweit nachlassen und weniger Geld in Rüstung und Verteidigung gesteckt werden, dann wird es auch wieder neue Möglichkeiten für Kultur und Tourismus geben. Lübeck wird überregional und selbst international nicht nur mit dem Holstentor, sondern tatsächlich auch mit den Gebrüdern Heinrich und Thomas Mann verknüpft. Nicht nur die Buddenbrooks sind Weltliteratur, auch der Zauberberg und Heinrich Manns Untertan und der "Blaue Engel" (der nicht nur ein Umweltzeichen ist) nach dem Buch "Professor Unrat" von Heinrich Mann sind renommierte Bücher bzw. Filme.
Die Überlegung, ob man in Krisenzeiten in Prestigeobjekte investiert, um dann, wenn der Boom wieder ansteht gerüstet zu sein wäre zumindest ein Ansatz.
Die Promenier-Meile an der Untertrave zwischen Holstentor und Drehbrücke ist ja auch noch nicht fertig. Ob mit oder ohne Linden ist dieser Abschnitt sicherlich eines der zukünftigen Projekte, wenn die Beckergrube und die Brücken um die Stadt herum in Arbeit oder erneuert sind.
Weises Vorausschauen in die Zukunft bei gleichzeitigem Abwägen der Risiken - oder wie der Bremer es sagt: "Buten un binnen / wagen un winnen", was abgewandelt mit "wagen und winnen" natürlich auch mit "eine Waage haben und einen Wagen haben" übersetzt werden kann - sind gefragt.
Der Martin
schrieb am 27.09.2024 um 08.50 Uhr:
@ Christian Kuhlmey-Becker
So wie die AfD?
Von Laden umkrempeln sind die aber noch weit entfernt.
Das klappt noch nicht mal in Thüringen.
Oeconomicus
schrieb am 27.09.2024 um 13.12 Uhr:
Wir müssen sparen, koste es was es wolle.