Demo für ein Recht auf mentale Gesundheit
Lübeck - Innenstadt: Archiv - 05.10.2024, 18.51 Uhr: Einen Tag vor dem Europäischen Depressionstag am 6. Oktober fand in Lübeck die erste Demonstration für mentale Gesundheit statt. Veranstaltet vom Verein InMotion im Rahmen der "Woche der seelischen Gesundheit" zogen über hundert Menschen durch die Straßen der Lübecker Innenstadt, um auf die dringende Notwendigkeit der Anerkennung der Metakrise – der Krise des Zwischenmenschlichen – und ihrer Auswirkungen auf unsere psychische Gesundheit aufmerksam zu machen.Die Initiatoren des Vereins sind überzeugt: "Das Innere revolutioniert das Äußere. Gerade in Zeiten multipler Krisen wie der Corona-Pandemie, der Klimakrise, dem Krieg in der Ukraine und den Konflikten im Nahen Osten wird ein stärkeres Bewusstsein für die zunehmenden psychischen Belastungen der Menschen immer dringlicher. Zu diesem Schluss kommt auch das kürzlich erschienene 'Präventionsradar 2024' der Krankenkasse DAK-Gesundheit, das aufzeigt, dass psychische Belastungen wie Erschöpfung, Einsamkeit, Angstzustände und psychosomatische Beschwerden bei Kindern und Jugendlichen erneut gestiegen sind. Ein Bericht im Fachmagazin 'Lancet Psychiatry' zur weltweiten psychischen Gesundheit von Jugendlichen und jungen Erwachsenen bestätigte zudem, dass insbesondere Depressionen und Ängste weiter um sich greifen.
Die Demonstration führte die Teilnehmer über Straßen wie die Königstraße, den Koberg und die Untertrave. Im Verlauf des Protestzugs wurde eindringlich der Wunsch nach einem wachsenden Bewusstsein für die sogenannte „Metakrise“ betont – eine Krise, die laut Transformationsforscher Zak Stein die tiefere Ebene mentaler und zwischenmenschlicher Herausforderungen umfasst. Die Veranstalter forderten, diese als gesamtgesellschaftliches Problem anzuerkennen und anzugehen.
Lara Kürschner, Initiatorin und Vorsitzende des Vereins, wies in Ihrer Rede eindringlich darauf hin, dass jeder Mensch im Laufe seines Lebens seelisches Leid erfährt und der Zugang zu psychotherapeutischer Hilfe oft unnötig erschwert wird. Sie betonte: „Es gibt immer noch viele strukturelle Barrieren, die Menschen davon abhalten, sich die nötige Hilfe zu holen. Diese Demonstration ist ein erster Schritt, um auf die Missstände hinzuweisen und die Rahmenbedingungen für alle zu verbessern.“
Neben Lara Kürschner sprach auch Eschel Ewert, stellvertretender Landesschülersprecher von Schleswig-Holstein, über die besonderen Herausforderungen, denen junge Menschen gegenüberstehen. „Wir Schüler sind nicht faul, sondern krank. Die Frustration entsteht nicht durch mangelnden Einsatz, sondern durch die ständige Überforderung und das Gefühl, allein gelassen zu werden“, erklärte Ewert und machte damit auf den enormen Druck aufmerksam, dem Schüler in einem überlasteten Bildungssystem ausgesetzt sind.
Die Forderungen der Demonstration waren: "leichterer Zugang zu Psychotherapieplätzen, ein ganzheitlicher Ansatz für die Behandlung von körperlicher und geistiger Gesundheit, psychologische Bildung in allen gesellschaftlichen Bereichen sowie gesetzliche Anpassungen, um den Zugang zu therapeutischer Hilfe zu vereinfachen." Der Verein ruft die Politiker auf, "die Metakrise anzuerkennen – denn darin liegt auch eine große Chance, die Meta-Chance."
Trotz der Ernsthaftigkeit des Themas war die Stimmung auf der Demonstration geprägt von Solidarität und dem gemeinsamen Wunsch nach Veränderung. Immer wieder waren Plakate mit Aufschriften wie „Keine Gesundheit ohne mentale Gesundheit!“ oder „Ich habe ein Recht auf mentale Gesundheit“ zu sehen. Menschen aller Altersgruppen kamen zusammen, um ihren Forderungen Nachdruck zu verleihen und den Diskurs über psychische Erkrankungen in die Öffentlichkeit zu tragen.
InMotion bewertet die Veranstaltung in Lübeck als kraftvollen und gelungenen Auftakt für weitere bundesweite Aktionen des Vereins. Die nächste Kundgebung wird am 12. Oktober um 13 Uhr vor dem Brandenburger Tor in Berlin stattfinden. „Damit möchten wir ein starkes Signal an die Politik und die Gesellschaft senden: Die Zeit für Veränderungen in der Behandlung und Wahrnehmung psychischer Gesundheit ist jetzt“, so Lara Kürschner, Initiatorin der Bewegung.

Laut Veranstalter nahmen gut 100 Personen an der Demonstration teil. Fotos: InMotion
Text-Nummer: 168627 Autor: InMotion/red. vom 05.10.2024 um 18.51 Uhr