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2. Sinfoniekonzert: Exzellente Streicher

Lübeck: Archiv - 20.10.2024, 19.04 Uhr: Erfreulich guter Besuch des 2. Lübecker Sinfoniekonzerts am Sonntag – stehen auf dem Programm neben Mozarts 1. Violinkonzert doch „nur“ Raritäten für Streicher. Das Publikum hatte jedoch den richtigen „Riecher“: Was unter Leitung vom Ersten Konzertmeister Carlos Johnson, diesem feinsinnigen Künstler, in der MuK erklang (und am Montag um 19.30 nochmals erklingt), führt die hohe Qualität der Philharmoniker vor Augen und Ohren.

Nach dem Kraftakt der Premiere von „Die Passagierin“ im Großen Haus nun also die Sensibilisierung für die Homogenität eines Mozart und zweier Meister des 20. Jahrhunderts. Frisch und fröhlich führt Johnson ins Allegro moderato von Mozarts B-Dur-Konzert, hier noch vor seinen Kolleginnen stehend. Fern jener Glätte, die mancher Virtuose zeigt, phrasiert er mit einer Natürlichkeit, die auch in seiner Kadenz, (mit Echowirkung) alles so leicht erscheinen lässt. Diese Frische prägt ebenso das Adagio mit dem zärtlichen Solo, wenn die vier Bläser Akzente setzen – es stimmt die innere Bewegung, heute auch „Timing“ genannt, mit nahezu introvertierter Kadenz, Und fast prestissimo lassen alle im Finale hören, wie froh diese Musik ist und dass sie fröhlich stimmt.

Wenig bekannt ist William Waltons Sonate für Streichorchester. Man hört sich aber schnell hinein in diesen von Benjamin Britten geprägten „New English Style“. Am Beginn steht quasi ein Gesang für Soloquartett, der ins Orchester fließt, um nun zu einem schroffen Dialog Tutti zu werden. Johnson führt nun vom ersten Pult aus mit nur knapper Kopf- und Körpersprache. Im synkopenfreudigen Presto scheint das englische „Strings“ offenbar von „stringent“ zu kommt – so energisch widmen sich die philharmonischen Streicher diesem Satz wie dann auch dem Lento und den schroffen Gedanken des Finales, über dem Johnsons Solo schwebt.

Welch hohe Spielkultur die Violinen, Violen, Celli und Bässe der Lübecker Philharmoniker prägt, ist noch exemplarischer nach der Pause zu vernehmen. Dmitri Schostakowitschs 8. Streichquartett von 1960 – ein Werk von Aufbegehren und unendlicher Trauer – entfaltet in der Fassung für Streichorchester eine ganz besondere Intensität. Carlos Johnson, er ist ja auch ein exzellenter Kammermusiker, weiß diese Intensität nun 23 Streichern einzugeben und somit dem Auditorium zu vermitteln. Mit allergrößter Disziplin und Konzentration, mit feinster Balance zwischen den Gruppen fegt ein Staccato-Sturm im Allegro molto, liegt Wehmut über dem Allegretto und immer wieder unendliche Trauer über den drei Largos. Das geht unter die Haut – man höre in die Takte von Solocellist Hans-Christian Schwarz) – und es beeindruckt einmal mehr die hier gebotene hohe Spielkultur. Johnson will die Hörer nicht tragisch entlassen und lässt das Konzert mit der Zugabe einer feinen „Sicilienne“ der Mozart-Zeitgenossin Maria Theresia von Paradis ausklingen. Am Sonntag gab es ganz, ganz großen Applaus.

Carlos Johnson zeigte die hohe Qualität der Lübecker Philharmoniker. Foto: Lutz Roeßler

Carlos Johnson zeigte die hohe Qualität der Lübecker Philharmoniker. Foto: Lutz Roeßler


Text-Nummer: 168943   Autor: Güz.   vom 20.10.2024 um 19.04 Uhr

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