Stadt: Sozialleistungen sind in Lübeck gesichert
Lübeck: Archiv - 07.11.2024, 08.54 Uhr: Stadt und Land streiten über die Erstattung von Sozialleistungen in Lübeck. Bisher hat die Stadt Ausgaben von rund 30 Millionen Euro nicht über das Land erstattet bekommen. Die Stadtverwaltung betont in einer Stellungnahme, dass die Zahlung von Sozialleistungen dadurch nicht bedroht sei.Wir veröffentlichen die Stellungnahme der Stadt im Wortlaut:
(")Die Grundsicherung nach dem SGB XII gewährleistet existenzsichernde Zahlungen an besonders bedürftige Personengruppen, wie zum Beispiel Altersrentner und Erwerbsunfähige. Neben der Existenzsicherung besteht hierbei das Ziel, die soziale Teilhabe der bedürftigen Bürger zu ermöglichen. In der Regel verfügt der betroffene Personenkreis über kein oder nur ein sehr geringes Einkommen, so dass eine sehr zeitnahe Bearbeitung und Versorgung erforderlich ist, um eine existenzgefährdende Notlage abzuwenden.
Trotz steigender Fallzahlen (Stand 31.12.2022: 5.856 zu Stand 30.06.2024: 6.179), wachsender administrativer Anforderungen, einem sich zuspitzenden Fachkräftemangel und einer dadurch bedingten Belastung aufseiten des Personals, vor allem im Bereich der Sozialverwaltung, hatte und hat eine umfassende, kurzfristige und zielgerichtete Leistungserbringung für die Hansestadt Lübeck oberste Priorität. Dabei steht die zügige Hilfe für die Betroffenen im Vordergrund.
Vor diesem Hintergrund wurden seitens der Hansestadt Lübeck entsprechende Maßnahmen in die Wege geleitet. So wurden unter anderem organisatorische Anpassungen vorgenommen, ein Back-Office eingeführt, die Anzahl der Planstellen aufgrund der Fallzahlensteigerungen erhöht und vorübergehend bereichsinterne Aufgabenumverteilungen vorgenommen.
Zudem wurden Standardabsenkungen bei der Fallbearbeitung eingeführt. Diese wurden mit Umsicht und unter Abwägung der möglichen Auswirkungen vorgenommen und umfassten organisatorische Maßnahmen wie zum Beispiel den Wegfall von Servicezeiten ohne Auswirkungen auf Terminvergaben und leistungsrechtliche Maßnahmen. Letztere wurden nach dem Prinzip der möglichst geringen Auswirkungen auf das Leistungsergebnis ausgewählt. Hierbei wurde berücksichtigt, dass sich bei dem Personenkreis der Leistungsbeziehenden die Lebens- und Vermögensumstände erfahrungsgemäß kaum bis gar nicht verändern, so dass der Leistungsumfang weitgehend gleich bleibt. Der Fokus wurde daher auf Weiterbewilligungsanträge/-bescheide bei zuvor rechtskonform beschiedenen und geprüften Leistungsbescheiden gelegt.
Bei einer im September 2022 durch das Land im Rahmen der Fachaufsicht durchgeführten Routineprüfung für das Jahr 2021 wurden verschiedene Mängel festgestellt, die größtenteils in unmittelbarem Zusammenhang mit den genannten Standardabsenkungen stehen. Die beanstandeten Akten wurden im Anschluss an die Prüfung korrigiert. Im weiteren Verlauf fanden Gespräche zwischen der Fachaufsicht des Landes und der Hansestadt Lübeck statt, um für die Zukunft vor dem Hintergrund der genannten Rahmenbedingungen in allen Leistungsfällen wieder eine strikte Orientierung am Rechtsrahmen zu gewährleisten und diese Schritt für Schritt umzusetzen. Zudem wurde regelmäßig in den entsprechenden Ausschüssen über das Verfahren berichtet.
Im Mai 2024 hat das Land Schleswig-Holstein mitgeteilt, dass das Erstattungsverfahren für die Geldleistungen der Grundsicherung (rund 15 Millionen Euro pro Quartal) bis zur vollständigen Rückkehr zu einer rechtskonformen Verwaltungspraxis ausgesetzt wird.
Im Rahmen der Bundesauftragsverwaltung liegt die Fachaufsicht für die Leistungserbringung beim Land Schleswig-Holstein und die gezahlten Leistungen werden über das Land zu 100 Prozent vom Bund erstattet. Aufgrund eines zwischen dem Bund und dem Land Schleswig-Holstein im Juli 2024 stattgefundenen Aufsichtsgespräches wurden die Erstattungen seitens des Landes bisher nicht wiederaufgenommen. Der Bund forderte weitere Sachverhaltsaufklärung durch das Land. Seitens der Hansestadt Lübeck konnten daher bisher knapp 30 Millionen Euro für das zweite und dritte Quartal nicht abgerufen werden.
Vor dem Hintergrund einer seit Juli 2024, mit Wirkung auf die Weiterbewilligungsanträge ab September 2024, den strikten rechtlichen Vorgaben in vollem Umfang folgenden Fallbearbeitung, der personellen und administrativen Herausforderungen des Sozialhilfeträgers und vor allen Dingen eines aus Sicht der Hansestadt Lübeck nur geringen möglichen Schadenseintritts erscheint diese Vorgehensweise des Bundes unverhältnismäßig.
„Die Stadt ist mit dem Land im Austausch, um eine schnellstmögliche Wiederaufnahme des Erstattungsverfahrens zu bewirken. Noch im November sollen weitere Gespräche stattfinden“, betont Sozialsenatorin Pia Steinrücke. „Die Versorgung unserer hilfsbedürftigen Bürgerinnen und Bürger steht für uns an erster Stelle. Gleichzeitig unterstreicht die Hansestadt Lübeck, dass es auch in ihrem Interesse liegt, alle Erfordernisse einer ordnungsgemäßen Verwaltungspraxis im Sinne der Bürgerinnen und Bürger sicherzustellen.
Über den aktuellen Sachverhalt wurde am 5. November 2024 im Sozialausschuss informiert. Die Priorisierung und Sicherstellung der fristgerechten Leistungsgewährung in der Grundsicherung seitens der Hansestadt Lübeck hat eine breite Unterstützung durch die Politiker erhalten. Gleichzeitig wurde darauf hingewiesen, dass es weiterhin zu verlängerten Bearbeitungszeiten bei der Leistungsgewährung kommen kann. In besonders dringenden Fällen setzt die Hansestadt Lübeck aber alles daran, so schnell wie möglich Hilfe zu leisten.
Zudem versichert die Hansestadt Lübeck, dass die bisher nicht erfolgten Erstattungen keinen Einfluss auf die Auszahlung von bewilligten Sozialleistungen durch die Hansestadt Lübeck haben.(")
Land und Stadtverwaltung streiten über die Erstattung von Sozialkosten.
Text-Nummer: 169273 Autor: Presseamt Lübeck/red. vom 07.11.2024 um 08.54 Uhr