SHMF-Konzert: Elgar satt in der MuK

Lübeck: Letztes Jahr war Edward Elgars 1. Sinfonie (mit dem London Philharmonic Orchestra beim SHMF) in der MuK zu hören. Jetzt bot das NDR Elbphilharmonie Orchester auch dessen 2. Sinfonie – und war eine volle Stunde damit beschäftigt. Vor der Pause machte es der finnische Dirigent Sakari Oramo mit Werken von Giuseppe Verdi und Britta Byström wesentlich kürzer.

Das seltsame Programm leitete Verdis „La forza del destino“-Ouvertüre ein: Dramatik mit gestochen klaren Blechbläsern ging über ins Pianissimo der Violinen und weiter zu unheilvollem Crescendo und naivem Zwischenspiel – bis sich alle zum Finale aufbäumten: weniger musiktheatralisch als konzertgeschliffen. Oramo und Orchester glänzten die wenigen Minuten mit Perfektion.

Es folgte die deutsche Erstaufführung von „Shortening Days“ der Schwedin Britta Byström (*1977). Dieses auch im Auftrag des NDR für die Solistin Janine Jansen geschriebene Violinkonzert ist eine große Bereicherung. Hier folgen drei Tage und Nächte einander in heute seltener Empfindung: auf einen rhythmischen Tag eine träumerische Nacht mit Ton-Tropfen, auf kontrapunktische Jagd dann drohendes Dunkel, auf tänzerische Eleganz endlich träumerische Sehnsucht. Das ist ebenso technisch anspruchsvoll wie (natur)lyrisch überzeugend – und zugeschnitten auf Janine Jansen. Sie ließ alle Feinsinnigkeit und den Optimismus dieses Werks hören, bot es gleichermaßen souverän und in aller Bescheidenheit. Oramo und das Orchester trugen sie mit unaufdringlicher Präzision und fanden die optimistischen Grundzüge.

Elgars Dauerbrenner „Pomp and Circumstance“ enthält marschmäßig alles, um was er in seiner 2. Sinfonie vier lange, lange Sätze ringt. Immer wieder „volle Pulle“ variiert der Akkord-Arbeiter seine Themen, die die hohen Streicher und Holzbläser vortragen – und die auch den Hornisten an die Substanz gehen. Selbst dem Tubisten raubt er auf Dauer fast die Puste. Im Larghetto war zu bestaunen, wie Oramo das „Tristan“-Motiv und welche dynamischen Abstufungen er fand. Das Scherzo mit den flüchtigen Noten der Holzbläser, das finale Moderato maestoso ein wahrer Hochleistungssport. Sakari Oramo war zu bewundern, wie sein Taktstock alles bündelte und präzise in Bewegung hielt. Das Auditorium war sehr angetan von allem und spendete reichlich Beifall. Der Rezensent sehnte sich angesichts dieser Vollbeschäftigung gelegentlich nach Kurzarbeit.

Ein Hinweis: Zur selben Zeit, als Elgar seine 2. Symphonie komponierte, schrieb Arnold Schönberg sein letztes tonales Werk „Pelleas und Melisande“. In seiner 1913 entstandenen 2. Fassung ist das hochromantische Werk (neben Mozarts Flötenkonzert) zu erleben am Sonntag und Montag (3. und 4. November) im 3. Konzert der Lübecker Philharmoniker unter Takahiro Nagasaki in der MuK.

Das NDR Elbphilharmonie Orchester hat in der MuK ein sehr ungewöhnliches Programm geboten.

Das NDR Elbphilharmonie Orchester hat in der MuK ein sehr ungewöhnliches Programm geboten.


Text-Nummer: 169614   Autor: Güz.   vom 23.11.2024 um 17.40 Uhr

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