Bus-Weg: Exodus im Hafenhaus?
Lübeck - Travemünde: Archiv - 03.12.2024, 21.21 Uhr: Im Hafenhaus auf dem Skandinavienkai brodelt es. Der Grund: Mitte Dezember fällt die Zufahrt für Busse über das Hafengelände weg (Wir berichteten). Das Hafenhaus soll dann nur noch vom Bahnhof Kücknitz aus angefahren werden. Das trifft Touristen, Mitarbeiter und auch die Patienten einer großen Hausarztpraxis. Praxismanagerin Karola Bischoff stellte sogar den Standort der Praxis infrage. Und deutete an, dass das nicht das einzige Unternehmen sein könnte, das abwandert.
Die Haltestelle „Skandinavienkai Terminal“ wird bald nur noch vom Bahnhof Kücknitz aus per Shuttlebus angefahren.
Dass die Busse nicht mehr wie gewohnt ihre Trasse durch das Hafengelände nehmen dürfen, begründen Verwaltung und Lübecker Hafengesellschaft (LHG) mit lange bestehenden Sicherheitsvorschriften (Wir berichteten). Dadurch wird das Hafenhaus mit seinen Unternehmen schlechter erreichbar, die Anwohner von Ivendorf werden stärker belastet. „Radio Travemünde“ hat dazu Stimmen gesammelt und widmete am Dienstag (03.12.2024) fast die ganze Sendung dem Thema.
„Dein Urlaub beginnt in Kücknitz“
Die Hafen-Anbindung per Doppeldecker vom Bahnhof Kücknitz statt wie bisher mit Schnellbussen aus Lübeck und Travemünde sorgt nicht nur für Verärgerung, sondern längst auch für Spott. Mit Blick auf die Passagiere der Schwedenfähren witzelte Moderator Rolf Fechner über einen möglichen neuen Tourismus-Slogan: „Dein Urlaub beginnt in Kücknitz“. Die städtische Marketinggesellschaft LTM würde wohl sagen „Kücknitz Ahoi“, setzte Fechner noch nach.
„Hat ein Geschmäckle“
Michael Matthies von der „Travemünder Runde“ sprach als Live-Gast im Studio unter anderem die Kommunikation der Verwaltung an. „Es stellt sich die Frage, wie lange wusste die Verwaltung davon“, sagte er. „Das hat ein Geschmäckle.“ Die offene Diskussionsgruppe, die sich als Ergänzung zum Travemünder Ortsrat sieht, will sich im Januar wieder zu Travemünder Themen zusammenfinden.
„Es stellt sich die Frage, wie lange wusste die Verwaltung davon“, sagte Michael Matthies (rechts), hier mit Studioleiter Fritz Toelsner (links) und Kollege Jakob Tevers von der „Travemünder Runde“.
Problematisch für die Mandanten
Interviewt wurde auch Steuerberater Dr. Tim Petersen, der sein Büro im Hafenhaus hat. „Das trifft mich persönlich“, sagte er. Denn er fahre mit dem Bus zur Arbeit. Problematisch sei das auch für seine ältere Klientel und natürlich für die Patienten der Hausarztpraxis. Die Anbindung vom Bahnhof Kücknitz sei keine adäquate Alternative zur bisherigen Anbindung. Er will die laufende Unterschriftenaktion unterstützen.
„Dann bricht die medizinische Versorgung in Travemünde zusammen“
Eine Petition, die sich an Bürgermeister Jan Lindenau (SPD) wendet, hat bereits mehr als 400 Unterzeichner. Sie liegt auch in Travemünder Geschäften aus, genannt wurden Matzen, Buchanker und der Ostseeshop. Veröffentlicht wurde die Petition, die auch direkt auf der Website der Praxis verlinkt ist, von Praxismanagerin Karola Bischoff. Sie sprach im Radio davon, dass es ganz viele immobile Patienten gäbe. Wer aus Travemünde kommt, muss nun aber zunächst zum Bahnhof Kücknitz und dort in den Tourismus-Bus zum Hafenhaus umsteigen. Sie war sich nicht sicher, ob dieser Bus überhaupt eine Rampe habe. In Travemünde „wird die medizinische Versorgung zusammenbrechen“, prophezeite die Praxismanagerin in der Sendung. Denn die im Seebad ansässigen Praxen hätten genug zu tun. Die Lübecker Hafengesellschaft könnte möglicherweise sogar einen großen Mieter verlieren, wenn sich nichts ändert: „Wir als Arztpraxis werden den Standort so nicht halten können“, sagte Karola Bischoff. Sie deutete aber auch an, dass vielleicht bald einige Schiffe aus Kiel abfahren würden.
„Diese Kurzfristigkeit ist natürlich Stil und Masche“
Am Dienstagvormittag hatte sich bereits die Interessengemeinschaft Ivendorf mit einem langen Statement zu Wort gemeldet (Wir berichteten). Die Gemeinschaft hat laut der 2. Vorsitzenden Sabine Steglich etwa 40 Mitglieder, Ivendorf selbst etwa 350 Einwohner. Sie sprach von „erheblichem Einfluss auf uns in Sachen Lärm und Verkehr“, wenn jetzt mehr Busse durch die Ivendorfer Landstraße geleitet werden.
Damit die Busse besser durch die Ivendorfer Landstraße kommen, wurden schon die Schwellen in der Tempo-30-Zone abgebaut.
Der Öffentliche Personennahverkehr (ÖPNV) würde jetzt schlechter werden, meint Sabine Steglich von der IG Ivendorf. Durch den Hafen entstünden, auch im Hinblick auf die Verluste, „so viele Nachteile für die Hansestadt und die Öffentlichkeit“, gab sie zu bedenken. Das müsse auch mal neu überdacht werden.
Auch Sabine Steglich übt Kritik an der Kommunikation der Verwaltung, die die Pläne erst am 18. November zugegeben hatte: „Diese Kurzfristigkeit ist natürlich Stil und Masche“, vermutet sie. Denn schon ab dem 15. Dezember 2024 soll die Hafen-Trasse zu sein. Die neuen Haltestellenschilder sollen bereits stehen. Allerdings steht auch der Widerstand: Man wolle sich mit allen Betroffenen vernetzen, sagte Sabine Steglich im Radio. „Und die Hansestadt dazu bringen, diese Pläne zu überarbeiten.“
„Wir als Arztpraxis werden den Standort so nicht halten können“, sagte Karola Bischoff von der Hausarztpraxis im Hafenhaus zu den Bus-Plänen. Fotos: Helge Normann
Text-Nummer: 169825 Autor: Helge Normann vom 03.12.2024 um 21.21 Uhr