Kunst inklusiv für Menschen mit und ohne Sehbehinderung
Lübeck - Innenstadt: Archiv - 09.12.2024, 10.17 Uhr: Maria Gust hat ein neues, besonderes Kunstprojekt in Arbeit. Unter dem Titel „Wenn das Kissen quietscht … Kunst inklusiv für Menschen mit und ohne Sehbehinderung“ schafft sie tastbare Werke. Der Entstehungsprozess kann im Schaufenster in der Hüxstraße 111 mitverfolgt werden.Anlass für ein neues Kunstprojekt im Atelier Gust war ein Gespräch mit einer Künstlerin, deren Sehkraft mehr und mehr schwindet. Sie hat lebhaft geschildert, was in diesem Erblindungsprozess passiert: Starke Sehbehinderungen sind verknüpft mit Verlusten in vielen Lebensbereichen. Sowohl berufliche als auch private Aktivitäten sind nur noch eingeschränkt möglich, teilweise überhaupt nicht mehr. Man kann nicht mehr mithalten und mitreden. Man fühlt sich ausgegrenzt und zieht sich gleichzeitig auch selbst zurück. Der Wegfall der eigenen Kunstproduktion und des Kunstgenusses in Ausstellungen werden besonders schmerzlich erlebt. Auch Gemeinschaftserlebnisse, zum Beispiel gemeinsames Spielen, werden vermisst.
Das Gespräch hat Maria Gust lange beschäftigt. Entwickelt hat sich daraus die Idee zu einem Kunstobjekt, das sowohl Sehenden als auch Sehbehinderten etwas bietet. Das Objekt enthält 36 kleine Kästchen mit vielen verschiedenen tastbaren Dingen. Diese lassen sich auf einer Platte zu immer neuen Konstellationen versetzen und erzeugen damit verschiedenste, assoziative Bezüge zwischen den Dingen. Der optische, aber auch der fühlbare Gesamteindruck werden dadurch nicht langweilig.
Zwei jeweils gleiche beziehungsweise ähnliche Objekte, also 18 Paare, bieten zudem die Möglichkeit, das Projekt als Memo-Spiel zu nutzen. Mutige sehende Mitspieler können sich bei diesem Spiel die Augen verbinden und sich tastend in die abenteuerliche Welt der Nicht-Sehenden versetzen. Auch Spielen ist kulturelle und soziale Teilhabe.
Noch ein Aspekt wird eine Rolle spielen und das Hören ansprechen: Mit einigen Dingen in den Kästchen lassen sich Geräusche erzeugen, vielleicht sogar „Musik“ machen. Also nicht wundern, wenn ein Kissen quietscht.
Über Monate ist dieses Projekt durchdacht worden; Konstruktionszeichnungen wurden angefertigt, Materialien getestet und Zulieferer gesucht. Ein Prototyp in Pappkästchen wurde hergestellt, mit einer fast blinden Person probegespielt und mit Begeisterung aufgenommen. Besonders schön: Einige Geschäfte aus der Umgebung haben spontan mit kleinen Füllmaterialien unterstützt und Ideen beigetragen.
In den kommenden Tagen/ Wochen werden die Kästchen nach und nach mit den Füllungen bestückt. Die Vollendung lässt sich im Schaufenster der Hüxstraße 111 mitverfolgen.
Geöffnet ist das Atelier jeweils freitags von 14:00 bis 18:00 Uhr und samstags von 11:00 bis 14:00 Uhr, ab Januar bis März nur samstags 11:00 bis 14:00 Uhr.
Der Entstehungsprozess kann im Schaufenster in der Hüxstraße 111 mitverfolgt werden. Foto: Maria Gust
Text-Nummer: 169925 Autor: Veranstalter/red. vom 09.12.2024 um 10.17 Uhr