NDR-Konzert: Kleine und große Erzählungen

Lübeck: Archiv - 15.12.2024, 10.00 Uhr: Das 4. Konzert der NDR Elbphilharmoniker in der MuK wird den Besuchern in Erinnerung bleiben: Unter Dirigent Marek Janowski und mit Pianist Jean-Yves Thibaudet boten sie mit Werken von Ravel, Saint-Saens und Schumann einen herausragend guten Abend – quasi das Weihnachtsgeschenk der Hamburger, die in letzter Zeit hier öfter enttäuschten.

Vor allem war es der Abend von Marek Janowski. Er zählt zu den Großen seiner Zunft. Dabei hatte er nie Maestro-Allüren, was der 85-Jährige auf dem MuK-Podium einmal mehr bewies. Er braucht keine aufwendigen Zeichen, so vielseitig die Musik auch ist, um sie exemplarisch zu deuten. Das war gleich bei Maurice Ravels „Le Tombeau de Couperin“ so. Die Verwandlung von vier barocken Tänzen in Impressionismus geschah mit fließender Leichtigkeit in allen Gruppen: Das perlte nur so vor allem durch die Holzbläser (geführt von Guilherme Filipe Sousa, Oboe), huschte durch die Streicher, zog elegant die Menuett-Figuren und hüpfte mit kräftigen Akzenten durchs finale Rigaudon.

Es folgte der fast triumphal zu nennende Auftritt von Jean-Yves Thibaudet. Der französische Pianist scheint vier Hände zu haben – so „vollgriffig“ ist das 5. („Ägyptische“) Klavierkonzert seines Landsmanns Camille Saint-Saens (und deshalb nur selten zu hören). Thibaudet beherrscht auf der einen Seite die gleitende leichte Eleganz des Allegro animato mit seinem Perlen, Rieseln, Hüpfen – dann im Andante die Pathetik innerhalb der fast wütenden Bass-Schläge, die Janowski dem Orchester abverlangt – und endlich die schmachtenden Synkopen, die im Finale in zehnfingrige Raserei münden: Das muss man eben können! (Und einen ebenso guten Dirigenten neben sich haben.) Wer als Zugabe dann mit einem Brahms-Intermezzo so feinsinnig auf das Schumann-Konzertfinale überleiten kann, darf sich getrost einen großen Künstler nennen lassen.

Robert Schumanns 4. Sinfonie ist Romantik pur. Hier zeigte Janowski noch einmal, wie er im 19. Jahrhundert wurzelt. Wenngleich eine 16er-Besetzung mit acht Kontrabässen „zu dick“ für diese frühe Romantik ist, verstand er sich auf das Erzählen: das Crescendo-Timing der Violinen im ersten Satz, dem geradezu mit Liebe vollzogenen Übergang in den zweiten (Violinsolo: David Radzynski) – und immer hatte Janowski etwas zu erzählen. Mit dieser Musik muss man atmen, um sie in Bewegung zu halten und fließen zu lassen. Wenn man ihr so bescheiden begegnet wie hier und dabei weiß, wie einem guten Orchester vertraut werden kann, dann kommt eine überzeugende und berührende Wiedergabe heraus. Der dankbare Beifall des Publikums war denn auch von derselben Wärme, wie sie Schumann seiner Vierten eingeschrieben hat.

Die NDR Elbphilharmoniker boten in der Lübecker MuK einen herausragenden Abend.

Die NDR Elbphilharmoniker boten in der Lübecker MuK einen herausragenden Abend.


Text-Nummer: 170053   Autor: Güz.   vom 15.12.2024 um 10.00 Uhr

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