Philharmoniker-Schwung ins neue Jahr
Lübeck: Mit einem popululären, dabei anspruchsvollen Programm beschenkten die Lübecker Philharmoniker im Neujahrskonzert ein großes Publikum: Die Musik- und Kongresshalle war ausverkauft – verkündete MuK-Chefin Ilona Jarabek bei ihrer Begrüßung. Sie dankte für die Treue zum Haus und Orchester und gab die Leitung des Abends an Stefan Vladar. Der GMD hatte zum 2025er-Auftakt ein ambitioniertes Programm gewählt.Das Programm führte von New York über Paris nach Wien, von Rhythmen der Neuen Welt in die Walzerseligkeit des 19. Jahrhunderts. Alle Hochachtung vor der Leistung des heimischen Traditionsorchesters, das im Dezember eine Riesenleistung gebracht hat: Auf seinem Programm standen fünf Opern (darunter fünfmal „Hänsel und Gretel“). ein Sinfoniekonzert, ein Kinderkonzert, das Weihnachtskonzert und Silvester (also am Vorabend) zweimal „Die lustige Witwe“-Operette. Dieses rege und qualitätvolle Zentrum der (Musik-)Kultur in unserer Stadt sollten sich die Bürger viel öfter vergegenwärtigen.
Nun also der Jahresbeginn und gleich die ungemein vertrackten Rhythmen der „Cuban Ouvertüre“ von George Gershwin. Da rappelten die Synkopen, acht Schlagzeuger mit einem großen Arsenal von Pauken bis Bongos trieben das alte Jahr aus, Bläser (an der Spitze Katharina Ruf/Klarinette) und Streicher verkündeten Lebensfreude – und schon war beste Stimmung in der MuK. „Three Dance Episodes“ aus Leonard Bernsteins Musical „On The Town“ zeigten sich etwas spröder, in ihrem ironischen Esprit aber nicht minder rasant. Der Generalmusikdirektor und die Philharmoniker legten sich ordentlich ins Zeug.
George Gershwins „Rhabsody in Blue“ wurde zum Highlight des Konzerts. Stefan Vladar war das Wagnis eingegangen, den Solopart zu spielen und zugleich das Orchester vom Flügel aus zu leiten – es hat geklappt. Das nötige Jazz-Feeling war da, die Rhythmus-Verschiebungen, das A und O dieses Werks, kamen punktgenau. Und der Mozart-Spezialist Vladar stieg mit beidhändiger Kraft in die Roaring Twenties, als hätte er nie woanders als in New York die Glamour-Sehnsucht geweckt und die Staccati in die Tasten gehämmert. Dieser Ausflug ins Blaue verlangt Ungewöhnliches nicht zuletzt von den Bläsern – sie überzeugten vollauf, voran Soloklarinettist Andreas Lipp und der Trompetensatz.
Nach der Pause lud das Hornquartett aufmunternd zur ersten Walzerfolge aus Richard Strauss' „Der Rosenkavalier“. GMD Vladar ließ die Nostalgie-Wellen ausschwingen und die feinen Soli (voran Khristian Artamonov/Violine, Jakob Meyers/Fagott, Waldo Ceunen/Flöte und Anton Schultze/Horn) singen, die Violinen gleiten und die Baron Ochs „Ohne mich“-Nostalgie verklingen. Das war nicht bis zur letzten Nuance geprobt, ebenso „La Valse“ von Maurice Ravel: Das Umschalten auf den Impressionismus fiel offenbar nicht leicht, er kam einige Phon zu laut und gelegentlich tanzte ein Holzbein mit.
Dann aber war Vladar bei Johann Strauß' „An der schönen blauen Donau“ daheim in Wien mit dem Wechselspiel zwischen Solostellen und Tutti-Wiegen. Die Geigen schwelgten, die Holzbläser legten Melancholie darüber, dann kamen der gleitende Wechsel über die heimeligen Takte in die Lebensfreude aus einem Guss. Als Vladar den Radetzky-Marsch im Wechsel mit den Philharmonikern und dem begeistert klatschenden Publikums dirigierte, konnte der Sekt kommen – erst für die Musici auf der Bühne und anschließend für das Publikum in der Rotunde: Auf ein gutes neues Jahr für Lübeck und seine Musik!
Stefan Vladar hatte für das Neujahrskonzert ein ambitioniertes Programm gewählt. Foto: Wolfgang Maxwitat/TL
Text-Nummer: 170249 Autor: Güz. vom 02.01.2025 um 17.02 Uhr