YouTube-Charts: In Travemünde regiert der reale Irrsinn
Lübeck - Travemünde: Archiv - 05.01.2025, 14.58 Uhr: Von wegen Sonne, Strand und Meer: Sortiert man die Ergebnisse der YouTube-Suche für Travemünde nach Aufrufzahlen, erscheinen ganz oben in den Charts gleich zweimal hölzerne Sitzbänke. Die Sendung „extra 3“ hatte den öffentlichen Sitzmöbeln gleich zwei Sendungen ihrer Reihe „Realer Irrsinn“ gewidmet. Und kann sich über die höchsten Aufrufzahlen in den Suchergebnissen freuen.Dabei geht es um zwei unterschiedliche Fälle, die vor einigen Jahren für Aufregung sorgten. Beide bringen es zusammen auf mehr als eine Million Aufrufe.
Pöbel soll Yachtbesitzern nicht aufs Sonnendeck gucken: 428.000 Aufrufe
Vor fünf Jahren waren es die neuen Sitzbänke am Wochenmarktplatz, die Spaziergänger in Wallung brachten: Die Lehnen waren so ausgerichtet, dass man nicht aufs Wasser, sondern gegen die Fahrzeuge der Wochenmarkt-Händler oder bestenfalls auf die Häuserfront der Vorderreihe gucken konnte. Dabei waren die Lehnen offenbar nicht versehentlich „falschrum“ angebracht worden, sondern durchaus mit Hintergedanken: „Die Yachtbesitzer im St. Tropetz des Nordens sind eher schüchtern“, bemerkte der Sprecher von „Extra 3“ süffisant aus dem Off. Denn mit Wasserblick hätte man die Yachtbesitzer ja „den neugierigen Blicken des Pöbels hilflos ausgesetzt“. Die Begründung für die Ausrichtung der Sitzlehnen, bestätigte der damalige Ortsratsvorsitzende Gerd Schröder (CDU) in der Sendung, sei, dass die Skipper dort nicht gestört werden wollten. Dabei müssten die ihre Schiffe doch eigentlich nur umdrehen…
Einige Satire-Sendungen später gab die Verwaltung nach und drehte die Lehnen um. Seitdem können Spaziergänger, die eine Pause machen wollen, auch sitzend auf die Trave schauen. Der Beitrag brachte es auf der Videoplattform mittlerweile auf mehr als 428.000 Aufrufe.
Sitzbänke für 20.000 Euro das Stück: 609.000 Aufrufe
Nur zwei Jahre nach dem ersten Bank-Dilemma musste das TV-Team schon wieder in Travemünde anrücken. Diesmal ging es um die andere Seite der Trave, die Priwall-Promenade. Dort wurden damals ebenfalls nagelneue Sitzbänke aufgestellt. Es handelte sich um Sonderanfertigungen in Schiffsform, die am Abend von unten blau beleuchtet werden. Kostenpunkt 20.000 Euro – pro Stück. Die 29 Bänke, rechnete der Sprecher in der Sendung aus, kosteten zusammen 580.000 Euro. „Das ist in meinen Augen hier Steuerverschwendung hoch drei“, kommentierte das der damalige Ortsrats-Vorsitzende Gerd Schröder in seinem zweiten „Extra 3“ Auftritt. Es gebe für 1.200 Euro auch andere Bänke, die zudem bequemer seien, demonstrierte Schröder damals auf einem Tablet. Das ließ die zuständige Lübecker Senatorin aber so nicht gelten: „Das ganze nur auf die Nutzung zu reduzieren, greift finde ich viel zu kurz“.
Der Beitrag über Travemündes teure Bänke hat mittlerweile die 600.000-Aufrufe-Marke geknackt. Dem Vernehmen nach soll es kürzlich eine weitere TV-Anfrage gegeben haben. Doch der frühere Ortsratsvorsitzende Gerd Schröder hat sich mittlerweile aus gesundheitlichen Gründen zurückgezogen, so dass für weitere Satire-Sendungen ein zu pointierten Aussagen fähiger Politiker im Seebad fehlt.
Ein Schiff erst auf Platz drei
Erst in weiteren Travemünde-Beiträgen geht es auf der Videoplattform dann um ein Schiff (386.000 Aufrufe), den Strand (382.000 Aufrufe) und den unvermeidlichen Delfin (313.000 Aufrufe). Etwas anders sieht es übrigens beim Stichwort „Lübeck“ aus: Da führt ein Santiano-Konzert (5,9 Millionen Aufrufe) die „Charts“ an, gefolgt von einer brennenden Lok im Bahnhof (2,5 Millionen Aufrufe) und der sehr gut gemachten „Jerusalema-Challenge“ am UKSH (1,8 Millionen Aufrufe). Der „Reale Irrsinn“ von „Extra 3“ schafft es in Lübeck mit einer „Bahnübergangs-Posse“ (1,2 Millionen Aufrufe) erst auf Platz 4.

Abends mit Beleuchtung: Ein Beitrag über Travemündes 20.000-Euro-Sitzbänke führt die Video-Charts im Seebad an. Foto: Archiv/HN
Text-Nummer: 170261 Autor: Helge Normann vom 05.01.2025 um 14.58 Uhr