YouTube-Charts: In Travemünde regiert der reale Irrsinn

Lübeck - Travemünde: Von wegen Sonne, Strand und Meer: Sortiert man die Ergebnisse der YouTube-Suche für Travemünde nach Aufrufzahlen, erscheinen ganz oben in den Charts gleich zweimal hölzerne Sitzbänke. Die Sendung „extra 3“ hatte den öffentlichen Sitzmöbeln gleich zwei Sendungen ihrer Reihe „Realer Irrsinn“ gewidmet. Und kann sich über die höchsten Aufrufzahlen in den Suchergebnissen freuen.

Dabei geht es um zwei unterschiedliche Fälle, die vor einigen Jahren für Aufregung sorgten. Beide bringen es zusammen auf mehr als eine Million Aufrufe.

Pöbel soll Yachtbesitzern nicht aufs Sonnendeck gucken: 428.000 Aufrufe
Vor fünf Jahren waren es die neuen Sitzbänke am Wochenmarktplatz, die Spaziergänger in Wallung brachten: Die Lehnen waren so ausgerichtet, dass man nicht aufs Wasser, sondern gegen die Fahrzeuge der Wochenmarkt-Händler oder bestenfalls auf die Häuserfront der Vorderreihe gucken konnte. Dabei waren die Lehnen offenbar nicht versehentlich „falschrum“ angebracht worden, sondern durchaus mit Hintergedanken: „Die Yachtbesitzer im St. Tropetz des Nordens sind eher schüchtern“, bemerkte der Sprecher von „Extra 3“ süffisant aus dem Off. Denn mit Wasserblick hätte man die Yachtbesitzer ja „den neugierigen Blicken des Pöbels hilflos ausgesetzt“. Die Begründung für die Ausrichtung der Sitzlehnen, bestätigte der damalige Ortsratsvorsitzende Gerd Schröder (CDU) in der Sendung, sei, dass die Skipper dort nicht gestört werden wollten. Dabei müssten die ihre Schiffe doch eigentlich nur umdrehen…



Um das Video von YouTube anzuzeigen müssen Marketing-Cookies erlaubt sein.

Einige Satire-Sendungen später gab die Verwaltung nach und drehte die Lehnen um. Seitdem können Spaziergänger, die eine Pause machen wollen, auch sitzend auf die Trave schauen. Der Beitrag brachte es auf der Videoplattform mittlerweile auf mehr als 428.000 Aufrufe.

Sitzbänke für 20.000 Euro das Stück: 609.000 Aufrufe
Nur zwei Jahre nach dem ersten Bank-Dilemma musste das TV-Team schon wieder in Travemünde anrücken. Diesmal ging es um die andere Seite der Trave, die Priwall-Promenade. Dort wurden damals ebenfalls nagelneue Sitzbänke aufgestellt. Es handelte sich um Sonderanfertigungen in Schiffsform, die am Abend von unten blau beleuchtet werden. Kostenpunkt 20.000 Euro – pro Stück. Die 29 Bänke, rechnete der Sprecher in der Sendung aus, kosteten zusammen 580.000 Euro. „Das ist in meinen Augen hier Steuerverschwendung hoch drei“, kommentierte das der damalige Ortsrats-Vorsitzende Gerd Schröder in seinem zweiten „Extra 3“ Auftritt. Es gebe für 1.200 Euro auch andere Bänke, die zudem bequemer seien, demonstrierte Schröder damals auf einem Tablet. Das ließ die zuständige Lübecker Senatorin aber so nicht gelten: „Das ganze nur auf die Nutzung zu reduzieren, greift finde ich viel zu kurz“.



Um das Video von YouTube anzuzeigen müssen Marketing-Cookies erlaubt sein.

Der Beitrag über Travemündes teure Bänke hat mittlerweile die 600.000-Aufrufe-Marke geknackt. Dem Vernehmen nach soll es kürzlich eine weitere TV-Anfrage gegeben haben. Doch der frühere Ortsratsvorsitzende Gerd Schröder hat sich mittlerweile aus gesundheitlichen Gründen zurückgezogen, so dass für weitere Satire-Sendungen ein zu pointierten Aussagen fähiger Politiker im Seebad fehlt.

Ein Schiff erst auf Platz drei
Erst in weiteren Travemünde-Beiträgen geht es auf der Videoplattform dann um ein Schiff (386.000 Aufrufe), den Strand (382.000 Aufrufe) und den unvermeidlichen Delfin (313.000 Aufrufe). Etwas anders sieht es übrigens beim Stichwort „Lübeck“ aus: Da führt ein Santiano-Konzert (5,9 Millionen Aufrufe) die „Charts“ an, gefolgt von einer brennenden Lok im Bahnhof (2,5 Millionen Aufrufe) und der sehr gut gemachten „Jerusalema-Challenge“ am UKSH (1,8 Millionen Aufrufe). Der „Reale Irrsinn“ von „Extra 3“ schafft es in Lübeck mit einer „Bahnübergangs-Posse“ (1,2 Millionen Aufrufe) erst auf Platz 4.

Abends mit Beleuchtung: Ein Beitrag über Travemündes 20.000-Euro-Sitzbänke führt die Video-Charts im Seebad an. Foto: Archiv/HN

Abends mit Beleuchtung: Ein Beitrag über Travemündes 20.000-Euro-Sitzbänke führt die Video-Charts im Seebad an. Foto: Archiv/HN


Text-Nummer: 170261   Autor: Helge Normann   vom 05.01.2025 um 14.58 Uhr

Text teilen: auf facebook +++ auf X (Twitter) +++ über WhatsApp

Text ausdrucken. +++  Text ohne Bilder ausdrucken.

Text kommentieren.


Kommentare zu diesem Text:

Horsti

schrieb am 06.01.2025 um 08.37 Uhr:
und nicht zu vergessen das über 100 K teure Toiletten Haus auf dem Rathausmarkt, das nachträgliche begrünen der Priwall Promenade, Das verschlafen der Instandhaltung diverser Brücken, Die Stein Poller in St Gertrud. Ich glaube über Lübeck könnte man mehr wie eine eigene Sendung machen.

Martin

schrieb am 06.01.2025 um 09.08 Uhr:
Bänke mit Beleuchtung?
Was für eine Attraktion!
Werde womöglich noch heute nach Travemünde fahren.
Vielleicht kann man wenigstens schon einen Kaffee in der ansässigen Gastronomie ergattern.
Außerhalb der Hauptsaison nicht immer das leichteste Unterfangen.
Ansonsten gibt es noch den Bäcker im großen Supermarkt auf dem ehemaligen Krankenhausgelände.
Der hat auch in der Nebensaison geöffnet.
Strandspaziergang auf dem Priwall ist nach der kurzfristigen Erwärmung ja wieder möglich.
Einfach mal tief durchatmen und die Seele etwas baumeln lassen.
Es soll Leute geben, die dafür hunderte Kilometer Anreise auf sich nehmen, um einfach mal kurz für ein paar Tage zu entspannen und den ganzen Trubel und Stress hinter sich lassen.
Ist ja auch schön so ein wenig Meerblick.
Ohne diese Menschenmassen.
Etwas Möwengeschrei.
Leises Wellenplätschern.
Feine Brise um die Nase.

So, Sachen packen.
Ans Meer.

Heinzelmann

schrieb am 07.01.2025 um 12.11 Uhr:
Hallo Martin
Es lohnt sich, den Priwallspaziergang um 2 km zu erweitern. In Pötenitz gibt es das gemütliche Café 'allesgewollt', in dem es ganzjährig, (außer Mittwoch und Donnerstag) täglich frisch gebackenen Kuchen und kleine Speisen gibt

Please enable / Bitte aktiviere JavaScript!
Veuillez activer / Por favor activa el Javascript![ ? ]