IHK-Empfang: Ohne starke Wirtschaft keine Sicherheit
Lübeck: Archiv - 15.01.2025, 19.26 Uhr: Am Mittwochabend fand der IHK Neujahrsempfang in der Lübecker MuK statt. Die deutsche Wirtschaft wird auch im Jahr 2025 voraussichtlich nicht wachsen – „nach drei Jahren Stagnation in Folge“. Mit diesen mahnenden Worten forderte Hagen Goldbeck, Präses der IHK zu Lübeck, die Politik auf, im Bund nachhaltige Reformen in der Wirtschaftspolitik einzuleiten.„Wir stecken mitten in einer strukturellen Krise. Es ist daher höchste Zeit, den Kurs zu ändern, damit unser Wirtschaftsstandort seinen Weltrang erhält und weiter im internationalen Wettbewerb bestehen kann“, sagte er vor mehr als 1.100 Gästen des IHK-Neujahrsempfangs in der Musik- und Kongresshalle Lübeck.
„Der Standort Deutschland benötigt jetzt endlich einen gesamtgesellschaftlichen Ruck. Politik und Wirtschaft müssen gemeinsam bereit sein, mutig Veränderungen einzuleiten. Schluss mit einem ängstlichen Klein-klein und dem Herumdoktern an Symptomen“, sagte der Präses. „Während bei uns erstickende Vorschriften sowie ein kleinteilig und interventionistisch agierender Staat in die wirtschaftliche Freiheit eingreift und die Wirtschaft hemmt, ordnet sich die Weltwirtschaft neu. Wir müssen jetzt wie in den Aufbaujahren der Bundesrepublik die Ärmel hochkrempeln und bereit sein, wieder mehr zu leisten, statt eine Kultur der Besitzstandswahrung zu pflegen und auszubauen.“
Für die Wettbewerbsfähigkeit der Unternehmen im Hansebelt wie auch in ganz Deutschland seien vor allem eine Rückbesinnung auf die Soziale Marktwirtschaft mit ihren hohen Freiheitsgraden, ein Ausbau der Infrastruktur und eine Stärkung des Unternehmertums erforderlich. Die Wirtschaft leide schon jetzt unter den Lasten der Bürokratie, dem Fachkräftemangel, hohen Abgaben und Energiepreisen sowie den geopolitischen Veränderungen. „Der damit einhergehende Paradigmenwechsel hat starke Auswirkungen auf die Wirtschaft“, betonte Goldbeck.
Auf diese ging FDP-Europapolitikerin Dr. Marie-Agnes Strack-Zimmermann in ihrem Impulsvortrag ein. „Wir stehen vor sicherheitspolitisch riesigen Herausforderungen. Trump in den USA, Putin in Russland – Europa muss dringend überfällige Antworten auf die Frage finden, wie wir selbst unsere eigene Sicherheit und damit auch unsere Wirtschaft, Freiheit und unseren Wohlstand schützen können“, sagte die Vorsitzende des Ausschusses für Sicherheit und Verteidigung im Europäischen Parlament. „Der Ostseeraum ist dabei nicht nur ein Bindeglied zwischen EU-Partnern und den neuen NATO-Mitgliedern, sondern auch ein zentraler Sicherheits- und Wirtschaftsraum.“ Schleswig-Holstein spiele dabei eine Schlüsselrolle „als Drehscheibe für Handel, Energie und Transport, mit den Häfen als Herzstück. Denn hier wird eins besonders deutlich: Ohne eine starke Wirtschaft gibt es keine Sicherheit, ohne Sicherheit keine starke Wirtschaft.“
Wie seine Vorrednerin ging auch Ministerpräsident Daniel Günther auf die geopolitischen Veränderungen und sicherheitspolitischen Herausforderungen ein, die eine Erhöhung der Verteidigungsausgaben notwendig machten. Er warb in seiner Rede für den Wirtschaftsstandort Schleswig-Holstein: „Unser Land ist und bleibt ein Zentrum für innovative Wehrtechnik. Wir haben Unternehmen, die sich auf Technologien wie Seeaufklärungsdrohnen, KI-gestützte U-Boot-Systeme oder neue Schutzmaterialien und autonome Systeme spezialisiert haben. Damit tragen diese Firmen aktiv zur neuen Sicherheitsarchitektur Deutschlands und Europas bei.“ Auch in Großprojekte wie den Nord-Ostsee-Kanal oder Autobahnen, so den Weiterbau der A20, erwarte er von der neuen Bundesregierung verlässlichere Investitionen, sagte Günther. Schleswig-Holstein habe in vielerlei Hinsicht eine enorme Bedeutung für die wirtschaftliche Entwicklung in Deutschland. Dies gelte neben der Verteidigungsindustrie gerade mit Blick auf Lübeck auch für den Bereich der Gesundheitswirtschaft und Medizin.
Von der künftigen Bundesregierung erwarte die Wirtschaft außer mutigen wirtschaftsfreundlichen Reformen vor allem Stabilität, Vertrauen und Verlässlichkeit. Politische Machtkämpfe und eine instabile Regierung seien existenzgefährdend für das Unternehmertum. Aufgrund der strukturellen Schwäche müsse Wirtschaft zwar ein zentrales Wahlkampfthema sein, Politik dürfe sie aber keinesfalls ideologisch missbrauchen. „Wir benötigen eine lösungsorientierte und weitsichtige Wirtschaftspolitik. Die Politik muss akzeptieren, dass die Wirtschaft anderen Zyklen unterliegt als Legislaturperioden. Deswegen sind parteienübergreifende und langfristig orientierte Grundsätze wichtig“, betonte IHK-Hauptgeschäftsführer Lars Schöning in der vom Radio- und Fernsehjournalisten Christopher Scheffelmeier moderierten Veranstaltung.
„Unsere Häfen sind überlebenswichtig für eine Exportnation. Und diese müssen jederzeit über die Straße, die Schiene und zu Wasser, zum Beispiel über den Elbe-Lübeck-Kanal, erreichbar sein“, sagte Schöning. Ebenso wichtig seien die A20 und die Elbquerungen westlich und östlich der Metropole Hamburg, aber auch günstige Energie, damit Unternehmen am Standort blieben und neue sich ansiedelten. Der Bund müsse erkennen, dass die Infrastruktur in Norddeutschland und in Schleswig-Holstein im Besonderen von nationaler und sogar internationaler Bedeutung ist, für die Wirtschaft und nun auch das Militär. Es komme nun darauf an, die Infrastruktur deutlich auszubauen und damit den Standortnachteil des Nordens zum Vorteil zu entwickeln.
Hören Sie im Originalton Harald Denckmann im Gespräch mit IHK-Präses Hagen Goldbeck und Ministerpräsident Daniel Günther.

Dr. Marie-Agnes Strack-Zimmermann stellte die Sicherheit in den Mittelpunkt ihres Vortrages. Fotos: Harald Denckmann
Hier hören Sie den Originalton:
Text-Nummer: 170458 Autor: IHK/red. vom 15.01.2025 um 19.26 Uhr