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Ladies First im Jubiläumskonzert

Lübeck - Innenstadt: Zum 20jährigen Bestehen seiner Philharmonischen Gesellschaft lud das Philharmonische Orchester der Hansestadt Lübeck zu einem „Konzert für Vielfalt und gegen Diskriminierung“ in die Musik- und Kongresshalle (MuK). Bis auf eine Ausnahme standen Werke von Frauen auf dem Programm. Mit Dirigentin Marit Strandlund und Pianistin Lauma Skride prägten ebenfalls Frauen das musikalische Geschehen – sowie die Schauspielerin Nina-Mercédes Rühl, die frisch und salopp durchs Programm führte.

Ganz unbekannt ist die französische Romantikerin Louise Farrenc heute nicht mehr. Bei ihrer gefälligen Ouvertüre Nr. 1 op. 23 betonte Strandlund das Melodische der Streicher und ließ den Blechbläsern etwas viel Raum. Nun ist man gespannt auf Farrenc' Ouvertüre Nr. 2 (hier im NDR-Konzert am 2. Februar).

Es folgte die „maskuline“ Ausnahme im Programm, das Auftakt-Allegro aus dem G-Dur-Violinkonzert des französischen Mozart-Zeitgenossen Joseph Bologne und mit 1. Konzertmeister Carlos Johnson als Solisten. Als primus inter pares der philharmonischen Streicher ließ er das noch sehr am Barock orientierte Werk voller Esprit musizieren, akzentuierte das Duett mit Kollege Khristian Artamanov zum Vogelgezwitscher, bot mit den anderen Stimmführern kammermusikalische Delikatesse – und in eigenen halsbrecherischen Passagen seine Meisterschaft.

Mehr als aufhorchen ließ die Deutsche Erstaufführung von „Orpheus' Comet“ der bulgarischen Komponistin Dobrinka Tabakova. Strindlund verlangte alle Präzision vom Orchester und wurde samt den Hörern belohnt mit perfekten Clustern von Hörnern (Hummeln) und Trompeten (Bienen), mit exakten Streicher-Staccati, von Celli und Bässen voller Wohllaut grundiert. Man hätte sich eine Wiederholung der fünf Minuten gewünscht, um das Werk noch intensiver (mit)erleben zu können.

Im Zentrum des Abends stand das Klavierkonzert von Clara Schumann. Am Flügel saß mit der lettischen Pianistin Lauma Skride eine Expertin des feinfühligen Anschlags. Sie weiß um die Position dieser Komponistin im Dreigestirn Robert und Clara Schumann sowie Johannes Brahms. Zum Höhepunkt wurden die träumerische Romanze (nicht zuletzt das lange Duo mit dem famosen Solocellisten Hans-Christian Schwarz) und der Finalsatz mit beherztem Zugriff, federndem Schwung und dem erfrischendem Horn-Fagott-Dialog (Anton Schulze, Jakob Meyers).

Noch eine Entdeckung: „Salome“ der französischen Spätromantikerin Mel(anie) Bonis. Fast zeitgleich mit Richard Strauss' Oper als Klavierstück entstanden, orchestrierte Bonis es etwas später offenbar unter dem Einfluss des Musikdramas – nicht so lasziv wie jenes, aber mit melodischem Pep und virtuos bis zu den Posaunen. Auch hier animierte Strindlund mit klarer Zeichengebung das Orchester zu einer feinen Leistung.

Zum Finale gesellten sich zu den Philharmonikern (sie fördern auch die Jugend) vierzig Instrumentalisten des Orchesters der Universität zu Lübeck. Alle ließen nun mit zwei Sätzen aus Florence Price's Symphony Nr. 1 (1931) die Lebensfreude der afroamerikanischen US-Komponistin erklingen mit fröhlichem Rhythmus und Hollywood-Optimismus. Danach entließen Nina Mercédes Rühl und Joachim Pfeiffer, Vorsitzender der Philharmonischen Gesellschaft, das begeisterte Publikum nicht unbeteiligt: Die Philharmoniker und (fast) alle im Saal stimmten zum Finale gemeinsam den Pop-Ohrwurm „The Conquest of Paradise“ an, der zwar gemeinschaftsfördernd ist, nur nicht recht zur Musik davor passen wollte – ebenso der umständliche Konzert-Titel „Music4ll – Grenzenlose Klänge“.

Im Zentrum des Abends stand das Klavierkonzert von Clara Schumann. Am Flügel saß mit der lettischen Pianistin Lauma Skride eine Expertin des feinfühligen Anschlags. Foto: Marco Borggreve/Archiv

Im Zentrum des Abends stand das Klavierkonzert von Clara Schumann. Am Flügel saß mit der lettischen Pianistin Lauma Skride eine Expertin des feinfühligen Anschlags. Foto: Marco Borggreve/Archiv


Text-Nummer: 170514   Autor: Güz   vom 19.01.2025 um 15.11 Uhr

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