FDP
FDP

TOL: „Der Ring“ (nicht nur) für Kinder

Lübeck - Innenstadt: Was Phantasie, Anspruch und Liebe zum Zuschauer anbelangt, nimmt die Taschenoper Lübeck (TOL) seit nun dreißig Jahren einen vorderen Platz im hiesigen Kultur-Ranking ein. Nun bietet sie mit „Der Ring“, frei nach Richard Wagners Großwerk „Der Ring des Nibelungen“, ein Opernvergnügen nicht nur für Anfänger: Auch kundige Erwachsene haben ihre helle Freude im Theaterhaus an der Königstraße.

Bild ergänzt Text

Aus 14 Stunden „Ring“-Original haben die TOL-Enthusiasten Magrit Dürr und Julian Metzger 70 Minuten für sechs Sänger und einen Pianisten destilliert – und eine Handlung, die mitten hineinspringt in das, was Sagenheld(inn)en so treiben: Da gleißt ein Ring, den Alberich den drei kessen Walküren klaut, was dem grimmigen Wotan gar nicht gefällt. Nun betritt Siegfried die Minibühne und nimmt es mit jedem Widersacher auf, besonders mit den beiden Riesen Fafner und Fasolt, weil er ja auch die liebliche Brünnhilde erobern möchte...

Ein Märchen also, sagenhaft glitzernd von Katia Diegmann kostümiert. Selbst die Riesen sind weniger bedrohend als bestaunlich. Und weil in kurzen Spots ein Ansager die „Ring News“ verkündet (aufgeregt oder entwarnend), wird das Publikum bestens mit der Handlung vertraut gemacht. Margret Dürr (Text) und Julian Metzger (die riesige Orchesterpartitur umgesetzt für zwei Pianistenhände) schaffen es, den Zauber des Musiktheaters auch diesem Miniformat mitzugeben. Und einmal mehr beziehen sie die kleinen Zuschauer in diese Wunderwelt mit ein.

Dass sie Sinn und Form annimmt, ist sechs großartigen Sänger-Darstellern, teils in mehreren Rollen, ihrer Spielfreude und ihrer Musikalität zu danken. Besonders im Walkürenritt reißt die Sopran-Kraft von Ann-Kathrin Strauch, Margrit Dürr und Anna Schors das Publikum mit – zusehens zuhörenswert. Temperamentvoll unterlegt George Gamal mit seiner schwarzen Stimme den Schurken Alberich (und den Drachen), und Volodymyr Milushkin bringt die Bassgewalt des Wotan. Lawrence Halksworth ist von Gestalt und mit tenoralen Höhen geradezu ein Siegfried-Ideal. Als News-Überbringer taucht Florian Sellke in den TV-Spots auf.

Wieder einmal hat das TOL-Team seine ganze Freude und sein ganzes Können hineingelegt, um Opernzauber auf kleinster Fläche zu bringen. Regisseur Sascha Mink setzt die Figuren ganz natürlich und mit Augenzwinkern zueinander in Beziehung; er hat das Händchen für die junge Zielgruppe. Und was Katia Diegmann an Kostümen – natürlich oder exterristrisch – einfällt, ist allemal ein Hingucker. Phantastisch sind die zauberischen Videos (samt Animation) von Katharina Spuida-Jabbouti sowie die digitalen Illustrationen von Jonas Saleem Kohla: Germanen auf dem Pfad des Herrn der Ringe, das begreifen die jungen Gegenwärtigen.

Carl Augustins musikalische Leitung ist unsichtbar, aber unüberhörbar. Da hat er zum einen sechs Sänger, deren Stimmkraft das kleine Theater gelegentlich sprengen will – und zum anderen einen Pianisten, der manchmal vier Hände zu haben scheint und es mit einem Orchester aufnehmen kann: Clemens Wiencke gibt unentwegt den Figuren und dem Geschehen melodischen Ausdruck.

Der Beifall der von Anfang bis Ende gebannten „Musikanfänger“ auf dem kleinen TOL-Rang war bei der Premiere ehrlich begeistert. Und der Rezensent, der alle bedeutenden Arbeiten – inklusive Wagners „Rheingold“ vor fünfzehn Jahren – der Taschenoper Lübeck gesehen hat, darf sagen: Dieser „Ring“ ist absolute Spitze.

Die Umsetzung der Oper auch für das junge Publikum ist gelungen. Fotos: Lutz Roeßler

Die Umsetzung der Oper auch für das junge Publikum ist gelungen. Fotos: Lutz Roeßler


Text-Nummer: 170593   Autor: Güz.   vom 23.01.2025 um 18.05 Uhr

Text teilen: auf facebook +++ auf X (Twitter) +++ über WhatsApp

Text ausdrucken. +++  Text ohne Bilder ausdrucken.


Please enable / Bitte aktiviere JavaScript!
Veuillez activer / Por favor activa el Javascript![ ? ]