Grenzöffnung auf dem Priwall: Als 35.000 Menschen durch den Sand stapften
Lübeck - Travemünde: Der Mauerfall in Berlin lag schon fast ein Vierteljahr zurück, als auch auf dem Priwall die Grenze offiziell geöffnet wurde. Die Sache geriet zu einer Art riesigem Volksfest. Dr. Hans Hagelstein, damals Vorsitzender des Gemeinnützigen Vereins zu Travemünde, sprach später einmal von 35.000 Menschen, die mangels Straße durch den Sand stapften, um gemeinsam die Einheit zu feiern. Genau 35 Jahre ist das jetzt her.Einem Bericht von Travemünde-Historiker Rolf Fechner zufolge erfolgte die Grenzöffnung auf dem Priwall am 03.02.1990 um 09:25 Uhr. Sicher ist, dass sie früher erfolgte als geplant: Eine halbe Stunde früher sei das gewesen, erinnerte sich Gundela Frehse, damals Bürgermeisterin von Pötenitz, später: „Das war nicht mehr zu halten“.
Bürger wollten an den Strand
Der Grenzöffnung auf dem Priwall seien Initiativen von Bürgern vorausgegangen, hat Gundela Frehse später einmal erzählt. „Die gesagt haben, wir wollen hier unsere Grenzöffnung“. Die Bürger hätten an den Strand gewollt, was zu DDR-Zeiten ja so nicht möglich gewesen war. Zunächst hätten allerdings „große Bedenken bestanden, dass wir die Leute am Strand langführen.“ Es ging um die Sicherheit. Doch das konnte sie ausräumen: „Ich hab gesagt, es läuft doch keiner ins Wasser, die wollen doch alle nur zum Priwall.“
Mit XXL-Flasche die Einheit begossen
Mit einer sehr großen Flasche Sekt wurde seitens der Offiziellen dann auf die Einheit angestoßen. Allerdings nicht ganz ohne Probleme: Der Korken brach ab. Wie die Flasche dann geöffnet wurde, ist nicht ganz klar. Auf alten Aufnahmen ist allerdings zu hören, dass jemand sagt: „Wir müssen ja festhalten, dass wir diese große Flasche nur gesamtdeutsch geöffnet haben“ und zur Antwort bekam: „Wobei die Technik aus der DDR kam“. In den Ansprachen ging es dann um die Hoffnung, dass nie wieder Mauern errichtet würden und der neue Weg zwischen Travemünde und Pötenitz ein Weg des Friedens und der nachbarschaftlichen Begegnung sein werde.
Musik, Freibier und Gebäck
Musikalisch begleitet wurde die Begegnung der vielen tausend Besucher, so schreibt es Rolf Fechner in seinem Bericht, von Vereinen aus Ost und West. Er zählt den „Eichholzer Fahnenzug Jäger und Schützen“, den „Passatchor“ und Blaskapellen aus Klütz und Warnow auf. Der Gemeinnützige Verein zu Travemünde, der Travemünder Sportverein und der Verein der Priwallbewohner hätten kostenlos Bier und Säfte ausgeschenkt, den Besuchern Gebäck angeboten. Auch im Pötenitzer Kulturhaus sei Kuchen gebacken und Kaffee gekocht worden, erinnerte sich später die damalige Bürgermeisterin Gundela Frehse. „Das war alles in nullkommanichts alle, denn der Andrang war so groß, dass es nicht gereicht hat“. Was der guten Stimmung aber keinen Abbruch tat.
Stele erinnert an die Grenze
Wo früher die Grenz quer über den Priwallstrand verlief, daran erinnert heute eine Stele, die im Jahre 2018 errichtet worden ist. Jüngere Generationen haben an diese Zeit keine Erinnerung und können sich so anhand von Text und Bildern ein wenig orientieren. Denn gelegentlich werden Einheimische von Besuchern im Seebad schon mal gefragt, wo denn die Grenze eigentlich verlaufen sei.

Begegnung am Strand: Vor 35 Jahren, am 03. Februar 1990, wurde die Grenze auf dem Priwall geöffnet. Fotos: Klaus Hauke(3), Max Tiedemann(3)
Text-Nummer: 170778 Autor: Helge Normann vom 03.02.2025 um 09.25 Uhr
Kommentare zu diesem Text:
Rolf Fechner
schrieb am 03.02.2025 um 11.10 Uhr:
In unserer nächsten Livesendung (11.02. ab 17:00) des Travemünder Journals von Radio Travemünde werden wir Grenze und Grenzöffnung mit einem Livegast, aufgewachsen im damaligen Sperrgebiet, thematisieren. Zu hören ist Radio Travemünde im Offenen Kanal Lübeck.