Demos gegen Rechts: CDU-Anfrage sorgt für Empörung
Lübeck: Andreas Zander, Mitglied der CDU-Bürgerschaftsfraktion, hat eine Anfrage im Hauptausschuss eingereicht, welche der zu den Demos gegen Rechts aufrufenden Parteien, Organisationen und Gruppen mit der Stadt in einem vertraglichen oder finanziellen Verhältnis stehen. Das sorgt für empörte Reaktionen bei Grünen, GAL und Die Linke."Die Frage nach der politischen Neutralität staatlich geförderter Organisationen sorgt aktuell zunehmend für Debatten", begründet Zander seine Anfrage. "Hintergrund sind Proteste gegen die CDU Deutschlands, die teils von gemeinnützigen Vereinen oder staatlich finanzierten Organisationen organisiert oder unterstützt wurden. Auch in Lübeck haben wir mitten im Bundestagswahlkampf Demonstrationen erlebt, in denen unter anderem 'ganz Lübeck hasst die CDU' skandiert wurden."
Wir veröffentlichen die Reaktionen von Grünen, GAL und Die Linke im Wortlaut
Bündnis90/Die Grünen
(")Die Fraktions- und Parteivorsitzenden von Bündnis 90/Die Grünen in Lübeck – Mandy Siegenbrink, Dr. Axel Flasbarth, Judith Balke und Tobias Preß – kritisieren die von CDU-Bürgerschaftsmitglied Andreas Zander für die kommende Sitzung des Hauptausschusses eingereichte Anfrage scharf.
Dazu erklären die Vorsitzenden:
“Anfragen sind das persönliche Recht von Bürgerschaftsmitgliedern, im Rahmen der kommunalen Selbstverwaltung gezielt Informationen von der Verwaltung zu bekommen. Sie müssen weder von den Fraktionen beschlossen werden, noch entsprechen sie notwendigerweise der Meinung einer Fraktion oder gar einer Bürgerschaftskooperation.
Mit seiner Anfrage nach Finanzierung und Zusammenarbeit der Hansestadt Lübeck mit verschiedenen zivilgesellschaftlichen Organisationen, darunter Gewerkschaften, Kultureinrichtungen, soziale Initiativen und Umweltverbänden, stellt Herr Zander die Unabhängigkeit und freie Meinungsäußerung dieser Organisationen infrage, vor allem, da Herr Zander diese Anfrage im Zusammenhang mit deren Teilnahme an Demonstrationen stellt. Ziel seiner Anfrage scheint es zu sein, das Engagement dieser Akteure im demokratischen Diskurs zu diskreditieren. Zivilgesellschaftliche Akteure tragen maßgeblich zur Stärkung unserer Demokratie bei. Sie setzen sich für gesellschaftlichen Zusammenhalt, soziale Gerechtigkeit, den Schutz unserer Umwelt und für viele weitere gesellschaftlich wichtige Ziele ein. Dass Herr Zander dieses Engagement mit seiner Anfrage pauschal infrage stellt, ist nicht nur befremdlich, sondern ein gezielter Versuch, kritische Stimmen mundtot zu machen. Die Intention dieses Vorstoßes verurteilen wir in Gänze.
In einer Demokratie ist es unabdingbar, dass verschiedene gesellschaftliche Gruppen sich politisch äußern und Missstände aufzeigen können. Die Forderung nach einer „neutralen“ Zivilgesellschaft, die sich politischer Debatte enthält, ist nicht nur realitätsfern, sondern auch gefährlich für eine lebendige Demokratie.
Besonders befremdlich ist aus unserer Sicht, dass Herr Zander auch die politische Neutralität von politischen Parteien - unter anderem auch die unserer Partei - problematisiert. Wir empfinden es im Gegensatz dazu als unsere Aufgabe, gerade nicht politisch neutral zu sein, sondern sehen es als unseren gesetzlichen und politischen Auftrag, an der politischen Willensbildung mitzuwirken.
Als Grüne stehen wir solidarisch an der Seite der betroffenen Organisationen und werden uns weiterhin für eine starke und vielfältige Zivilgesellschaft in Lübeck und deren finanzielle Unterstützung einsetzen. Eine gute und vertrauensvolle Zusammenarbeit mit zivilgesellschaftlichen Akteuren und Verbänden ist für uns Grüne von zentraler Bedeutung, das muss auch für die Kooperation in der Bürgerschaft gelten.(")
GAL
(")Mit einer Anfrage für den Hauptausschuss am 11.03.2025 (VO/2025/14047) übernimmt die CDU Lübeck die Strategie der Bundes-CDU, zivilgesellschaftliches Engagement zu diskreditieren und lokalen Initiativen, Vereinen, Unternehmen sowie engagierten Menschen gegen rechts Druck zu machen. Besonders erschreckend ist, dass die CDU Lübeck mit dieser Anfrage sogar Kinder und Jugendliche in Schulvertretungen ins Visier nimmt und versucht, sie einzuschüchtern. Die Wähler:innengemeinschaft GAL fordert daher, diese Angriffe auf die Zivilgesellschaft sofort zu stoppen und die demokratische Arbeit der betroffenen Initiativen und jungen Menschen zu unterstützen.
„Was die CDU Lübeck hier betreibt, ist ein gefährlicher Angriff auf die Zivilgesellschaft und damit auf die Demokratie selbst. Wer antifaschistisches Engagement in Frage stellt, schwächt unsere Gesellschaft und spielt den Gegnern und Gegnerinnen der Demokratie in die Hände. Das dürfen wir weder auf Bundes- noch auf kommunaler Ebene zulassen“, erklärt Juleka Schulte-Ostermann, Mitglied der Lübecker Bürgerschaft, des Hauptausschusses und kinder- sowie jugendpolitische Sprecherin der GAL.
Die Anfrage der CDU Lübeck zielt darauf ab, lokale Initiativen, Vereine, Unternehmen und engagierte Menschen unter Druck zu setzen, weil sie für Demokratie, Vielfalt und Menschenrechte eintreten und gegen die Zusammenarbeit der CDU mit der AfD am 29.01.2025 protestierten. Die CDU Lübeck folgt damit dem fatalen Kurs ihrer Bundespartei: Zuerst wird die Brandmauer gegen rechts eingerissen, dann werden diejenigen attackiert, die sie verteidigen.
„Abgesehen davon, dass die gesamte Anfrage völliger Unfug ist und die Verwaltung unnötig beschäftigt – denn seit wann sind z.B. Buchhandel, AStA oder auch eine Schüler:innenvertretung NGOs, seit wann sollen Parteien politisch neutral sein? – macht es besonders fassungslos, dass nicht nur Menschen diskreditiert werden, die sich für Demokratie stark machen und in Lübeck die Brandmauer gegen rechts verteidigen, sondern dass auch Kinder in den Schulvertretungen ins Visier genommen werden. Kinder und Jugendliche, die sich innerhalb der Schulgemeinschaft demokratisch engagieren, sollen mit dieser Anfrage eingeschüchtert werden“, so Juleka Schulte-Ostermann und GAL-Vorstand Ronald Thorn.
„Was soll das bewirken, außer die Brandmauer gegen rechts weiter zu schwächen? Wir alle wünschen uns doch, dass junge Menschen Demokratie erleben, sich für Demokratie, Vielfalt und Menschenrechte engagieren und Haltung gegen rechts zeigen. Und die CDU greift gerade die Kinder und Jugendlichen an, die genau das tun? Das kann nicht sein! Wir müssen die betroffenen Kinder und Jugendlichen vor diesem Angriff der CDU schützen und sie dazu ermutigen, sich weiterhin für die Demokratie einzusetzen und gegen rechts Stellung zu beziehen“, ergänzt Schulte-Ostermann.
Die GAL fordert daher die CDU Lübeck auf, diese Anfrage umgehend zurückzuziehen. Die CDU Lübeck sollte sich nicht mit Angriffen auf demokratische Proteste beschäftigen, sondern sich mit den Ursachen dieser Proteste auseinandersetzen – nämlich ihrem eigenen politischen Handeln und ihrer Kooperation mit einer rechtspopulistischen Partei. Dass die CDU Lübeck am 30.01.2025 in der Lübecker Bürgerschaft verdeutlichte, dass sie den Tabubruch der Bundes-CDU am 29.01.2025 befürwortet, ist ein fatales Signal. Wenn sich quer durch alle Altersgruppen und gesellschaftlichen Bereiche so viele Menschen gegen rechts und gegen diesen Kurs der CDU stellen, dann liegt der Fehler nicht bei denen, die die Demokratie verteidigen, sondern bei denen, die sie gefährden“, so Schulte-Ostermann.
Vorstand Ronald Thorn erklärt abschließend: „Die Wähler:innengemeinschaft GAL steht für eine starke Zivilgesellschaft, für Demokratie, Vielfalt und Menschenrechte. Wir dürfen nicht zulassen, dass diese Werte durch parteipolitische Angriffe von der CDU untergraben werden – und dass noch nicht einmal Halt vor jungen Menschen gemacht wird.“(")
Die Linke
(")"Wir finden es verständlich, dass die Proteste nach dem Fall der Brandmauer im Bundestag der CDU nicht gefallen, schließlich hat ihr Partei- und Fraktionsvorsitzender Friedrich Merz diese aktiv eingerissen, aber statt endlich ihren Fehler einzugestehen, macht die CDU es nur noch schlimmer. Aktuell werden von den Fraktionen im Bund und in Lübeck Anfragen nach der Förderung von Vereinen, Verbänden und Organisationen gestellt die sich an den Aufrufen zu Demonstrationen, Mahnwachen und Kundgebungen beteiligt haben. Damit sollen diese eingeschüchtert werden um sich an weiteren Protesten nicht mehr zu beteiligen", erklärt Bianca Szygula, Vorsitzende von Die Linke Lübeck.
"Die Linke Lübeck war, ist und bleibt Teil der Brandmauer gegen den Faschismus und alle die die Brandmauer aktiv einreissen. Wir stehen zusammen mit allen in der Anfrage genannten Vereinen, Verbänden und Organisationen. Der Versuch der Einschüchterung von Andreas Zander ist erbärmlich. Herr Zander hat Erfahrungen mit Rücktritt und sollte so einen wieder in Betracht ziehen", sagt Andreas Müller, Vorsitzender von Die Linke Lübeck.
"Beim Schreiben der Liste der in der Anfrage genannten Organisationen, hätte sich die CDU überlegen können diese Anfrage nicht zu stellen. Alle diese Organisationen haben sich für die Demokratie und gegen den Rechtsruck engagiert, dieses sollte verstärkt gefördert und nicht bedroht/eingeschüchtert werden. Gemeinsam stehen wir zusammen. Die CDU im Bund und in Lübeck, kann sich entscheiden auf welcher Seite sie stehen will. Bisher hat Andreas Zander gezeigt wo er steht", erklären Bianca Szygula und Andreas Müller gemeinsam.(")

Eine Anfrage der CDU zu den Demos gegen Rechts sorgt auch in Lübeck für Diskussionen. Foto: Harald Denckmann/Archiv
Text-Nummer: 171475 Autor: Grüne/GAL/Linke/red. vom 08.03.2025 um 18.39 Uhr