Lübeck verzeichnet weiterhin die meisten Angriffe auf Einsatzkräfte
Lübeck: Archiv - 16.03.2025, 12.16 Uhr: Die Polizeidirektion Lübeck nimmt bei den Gewalttaten gegen ihre Einsatzbeamten weiterhin landesweit eine unrühmliche Spitzenstellung ein. Im Vergleich zum Jahr 2023 ist die Zahl sogar erneut gestiegen (wir berichteten am 10. Februar). Die Lübecker Polizei passt ihre Konzepte, inklusive Einsatztraining und Fortbildung, weiter an.Demnach sind die Zahlen an der Widerstandshandlungen auf Polizeibeamtinnen und -beamte (113 StGB) und tätlichen Angriffe (114 StGB) auch landesweit deutlich gestiegen. So sind für das vergangene Jahr 1.533 entsprechende Gewalttaten gegenüber Polizistinnen und Polizisten registriert worden. Im Jahr 2023 waren es mit 1533 Delikten noch fast 200 weniger (wir berichteten).
Eine traurige Spitzenstellung innerhalb der Landespolizei nimmt dabei die Polizeidirektion Lübeck ein. Zu ihrem Zuständigkeitsbereich gehören die Hansestadt und der Kreis Ostholstein. So sind im vergangenen Jahr allein im Bereich der Polizeidirektion Lübeck insgesamt 334 Aggressionsdelikte gegen Polizistinnen und Polizisten erfasst worden, 261 davon in Lübeck. Im Jahr 2023 waren es insgesamt noch 311. In den Polizeidirektionen Bad Segeberg (Segeberg/Pinneberg), Flensburg (Flensburg/Nordfriesland) und Kiel (Kiel/Plön) wurden für 2024 jeweils 278, 229 und 226 Gewaltdelikte gegen Polizistinnen und Polizisten bilanziert.
Und auch bei der Anzahl der im Jahr 2024 landesweit 439 verletzten Einsatzkräfte ist der Anteil der Polizeidirektion Lübeck mit 98 betroffenen Beamtinnen und Beamten am höchsten. In der Polizeidirektion Bad Segeberg sind im Jahr 2024 insgesamt 78, in der PD Flensburg 77 und in der Polizeidirektion Kiel 49 verletzte Polizistinnen und Polizisten gezählt worden.
„Die Zahl der festgestellten tätlichen Angriffe und Widerstandshandlungen zum Nachteil von Polizeibeamtinnen und Polizeibeamten in der Polizeidirektion Lübeck ist natürlich besorgniserregend“, sagt Lübecks Polizei-Pressesprecher Uli Fritz Gerlach auf Anfrage. Die Polizei in Lübeck befasse sich schon seit Jahren mit der Thematik, die Beamtinnen und Beamten seien entsprechend sensibilisiert. Jede Gewalttat und jeder Widerstand zum Nachteil von Polizeibeamtinnen und Polizeibeamtin werde konsequent angezeigt. Gerlach gibt zu bedenken: „In jedem Einzelfall ist auch immer der Mensch betroffen, der durch Angriff oder Widerstandshandlungen neben körperlichen auch seelische Folgen erleiden kann. Jede einzelne Tat ist eine zu viel“, so der Pressesprecher unmissverständlich.
Die möglichen Ursachen seien vielfältig und bereits im Jahr 2021 in einer wissenschaftlichen Untersuchung durch das Landespolizeiamt dargestellt worden. „Merkmale wie die Bevölkerungsstruktur, die Arbeitslosenquote, aber auch Straßenkriminalität sowie der Anteil von Erwerbslosigkeit sind Indikatoren, die mit einem erhöhten Aufkommen von Gewalt gegen Polizeibeamte einhergehen“, erklärt der Hauptkommissar.
Und wie reagiert die Polizeidirektion Lübeck auf den Anstieg beziehungsweise die hohe Anzahl der Angriffe auf die Beamtinnen und Beamten? Durch die wissenschaftliche Untersuchung seien Handlungsempfehlungen erarbeitet worden, erklärt Gerlach. Gezielte Aus- und Fortbildung bereits während der polizeilichen Ausbildung, fortlaufende Schulung im Rahmen des Einsatztrainings sowie ein etabliertes Konzept der Einsatznachbereitung seien unter anderem wesentliche Elemente, die in der Polizeidirektion Lübeck angewendet würden.
„Die Konzepte werden stetig aktualisiert“, versicherte der Pressesprecher. Und die Polizeidirektion Lübeck beteilige sich darüber hinaus aktuell an der Kampagne „Respekt für Retter“, so Ulli Fritz Gerlach.
Entsetzt reagiert der Vorsitzende des Polizeihilfsfonds, Andreas Breitner, auf die Steigerungen bei den Gewalttaten gegen die Ordnungshüter: „Das ist einfach nicht zu fassen. Schließlich sind gerade diejenigen davon betroffen, die sich als Polizistinnen und Polizisten in dieser Gesellschaft täglich und rund um die Uhr für die Sicherheit und Ordnung einsetzen, dafür vielfältige Belastungen hinnehmen und sogar ihre Gesundheit und schlimmstenfalls auch ihr Leben aufs Spiel setzen. Und wer stellt sich schützend vor die Freunde und Helfer? Das müssen wir alle tun“, unterstreicht der ehemalige Innenminister.
„Die Zunahme der gewaltsamen Angriffe auf Polizistinnen und Polizisten in Lübeck und Ostholstein ist schlimm und macht fassungslos“, zeigt sich der Innenpolitiker Niclas Dürbrook (SPD) erschrocken. Die Gewaltzahlen seien Anlass zu großer Sorge. Zu Recht beanspruchten die Polizistinnen und Polizisten als Repräsentanten des Staates die gesellschaftliche Solidarität, sagt Niclas Dürbrook. „Aber auch politisch darf die Zunahme der Attacken auf die Einsatzkräfte der Polizei nicht als gegeben hingenommen und einfach zur Tagesordnung übergegangen werden. Für mich zeigen die Zahlen einmal mehr, wie wichtig politische Rückendeckung für die Beamtinnen und Beamten ist, die jeden Tag buchstäblich den Kopf für unseren Rechtsstaat hinhalten“, unterstreicht der SPD-Landtagsabgeordnete. Neben der konsequenten Strafverfolgung solcher Taten brauche es die stetig bestmögliche Schutzausstattung und Ausbildung für unsere Landespolizei, sieht der Innenpolitiker das Innenministerium in der Pflicht und Verantwortung „Vor allem aber müssen wir bei jeder Gelegenheit klar machen, dass hinter jeder Uniform ein Mensch steckt, der Respekt verdient und ein Recht darauf hat, nach dem Dienst gesund zu seiner Familie zurückzukommen“, so Niclas Dürbrook.

Die steigende Zahl von Angriffen auf Einsatzkräfte bleibt in Lübeck ein Thema.
Text-Nummer: 171622 Autor: Thomas Gründemann/red. vom 16.03.2025 um 12.16 Uhr