100 Jahre Gisa Feuerberg

Lübeck - St. Lorenz Nord: Archiv - 19.03.2025, 09.37 Uhr: „Dieser Geburtstag ist anders – und löst ambivalente Gefühle aus“, sagte Johanne Hannemann, Geschäftsführerin der Diakonie Nord Nord Ost, am Montag, 17. März 2025, im Festsaal derselbigen in der Lübecker Triftstraße. Dort gedachten geladene Gäste an Gisa Feuerberg, die an diesem Tag 100 Jahre alt geworden wäre.

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„Gerne hätten wir diesen Geburtstag mit ihr gefeiert.“ Doch das jüdische Mädchen starb auf grausame Weise – im Alter von nur 15 Jahren. Zu dieser Zeit lebte Gisa Feuerberg aufgrund einer Behinderung im damaligen „Kinder- und Pflegeheim Vorwerk“ in Lübeck, der heutigen Diakonie Nord Nord Ost. Bis die Nationalsozialisten sie und neun weitere jüdische Menschen im Jahr 1940 aus der Einrichtung deportierten und in einem Lager ermordeten.

Zu den rund 150 Gästen zählten auch Angehörige Gisa Feuerbergs, die extra aus Kanada und Israel angereist waren. Sie erlebten ein würdiges Gedenken an ihre Vorfahrin und gleichzeitig ein sie ehrendes Geburtstagsfest. „Wir feiern dieses Leben, trennen es aber nicht von diesem schrecklichen Verbrechen. Beides begleitet uns bis heute und auch in Zukunft“, so Johanne Hannemann.

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„Gisa ist gerade für uns immer präsent“, sagte Martina Brandes, Leiterin der Lübecker Gisa Feuerberg Schule für Heilerziehungspflege. Ihre Schüler waren maßgeblich an der Veranstaltung beteiligt. Die staatlich anerkannte Fachschule der Diakonie Nord Nord Ost wurde 1998 nach dem Mädchen benannt. „Zeitzeugen an die NS-Zeit werden immer weniger. Gisa war, ist und bleibt für uns aber gefühlte Zeitzeugin und zugleich eine Mahnerin.“ Ihr Name soll daran erinnern, dass jeder Mensch die gleiche Würde hat – unabhängig von Religion, Herkunft und ob mit oder ohne Beeinträchtigung. Diese Botschaft unterstrich auch Laura Curerie, Werkstattmitarbeitende der Diakonie Nord Nord Ost. „Wir müssen alle aufeinander achten“, so der Appell in ihrer Rede.

Einer der Höhepunkte des Abends war eine Kunst-Performance der Gisa-Feuerberg-Schüler: Sie platzierten überdimensionierte Stolpersteine, die an die ermordeten zehn Menschen erinnern, auf der Bühne. Die echten Stolpersteine befinden sich am Eingang der Diakonie Nord Nord Ost in der Triftstraße. Damit ihre Namen nie vergessen werden.

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Hintergrund:
Gisa Feuerberg wurde am 17. März 1925 in Czortkow geboren, in der heutigen Ukraine. Ein paar Jahre später wanderte die jüdische Familie nach Palästina aus, damals britisches Mandatsgebiet. Dort hatte Gisa einen Unfall. Sie stürzte schwer und erlitt eine Hirnschädigung, eine Heilung war nicht möglich. Die Familie entschied sich, Gisa in professionelle Betreuung zu geben – nach Lübeck, in das damalige „Kinder- und Pflegeheim Vorwerk“. Spätestens nach Kriegsbeginn begann die menschenverachtende Politik der Nationalsozialisten. Im September 1940 deportierten sie Gisa und neun weitere Heim-Bewohner, brachten sie in ein Lager in Brandenburg – und ermordeten sie dort.

Bis heute erinnert die Diakonie Nord Nord Ost im Bewusstsein für ihre besondere Verantwortung an diese Zeit. Auf dem Lübecker Campus existiert das Mahnmal „Die Bergende“ mit der Inschrift „Wir konnten sie nicht bergen“ sowie zehn Stolpersteine – in Erinnerung an die ermordeten Menschen der Einrichtung. Jeden September findet eine Gedenkfeier statt.

Im Festsaal gedachten geladene Gäste an Gisa Feuerberg, die an diesem Tag 100 Jahre alt geworden wäre. Fotos: Diakonie

Im Festsaal gedachten geladene Gäste an Gisa Feuerberg, die an diesem Tag 100 Jahre alt geworden wäre. Fotos: Diakonie


Text-Nummer: 171682   Autor: Diakonie/red.   vom 19.03.2025 um 09.37 Uhr

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