Großer Beifall für die Johannespassion der Knabenkantorei

Lübeck - Innenstadt: Am Karfreitag gab es in der Aegidienkirche die Johannespassion von Johann Sebastian Bach. Diese Aufführung durch den Konzertchor der Lübecker Knabenkantorei ist seit langem eine den Lübeckern liebgewordene Tradition – dementsprechend war die Kirche voll besetzt.

Es gibt an allen Aufführungsorten gute und weniger gute Plätze. Das bedeutet, dass man nicht auf allen Plätzen gleich gut hört. Wenn man dazu auch kaum etwas sieht, können Urteile über eine Veranstaltung recht unterschiedlich ausfallen.

Eigentlich ist die Marienkirche die musikalische Heimat der Knabenkantorei, aber dort ist es einfach zu kalt, denn die Heizung ist defekt. Und so genossen die Musiker und Zuhörer die Gastfreundschaft der Aegidiengemeinde. Die Passionsgeschichte, hier die biblische Erzählung des Evangelisten Johannes vom Leiden und Sterben Jesu, hat eine zentrale Bedeutung in der christlichen Theologie. Ergänzt durch Choräle und frei hinzu gedichtete Texte in den Arien entwickelt sich das aufwühlende Geschehen um Verrat, Gefangennahme, Verleugnung, Verurteilung und Kreuzigung. Zum ersten Mal hatte die neue Chorleiterin Merle Hillmer die große Aufgabe zu meistern. Der Chor war gut in Form, besonders der Chorsopran glänzte im wahrsten Sinn des Wortes in höchsten Höhen. In den Männerstimmen kam man zwar offensichtlich nicht ohne Gastsänger aus (auf der Homepage des Chores ist das Alter der Konzertchorsänger mit 8 bis 20 angegeben), doch der Gesamtklang war homogen und ausgewogen.

Klang der Eingangschor noch ein wenig nervös, auch die Instrumente intonierten noch nicht ganz sauber, so fanden die Sänger und das Ensemble „Musica Baltica Rostock“ auf historischen Instrumenten im Verlauf vorzüglich zusammen. Sorgfältig hatte Merle Hillmer die Choräle einstudiert, Dynamik und Tempi dienten der Textinterpretation. Auch die Turba-Chöre gelangen durchweg und sorgten für fesselnde Dramatik. Besonders eindrucksvoll war die Sterbeszene gestaltet, hier setzte Merle Hillmer auf leisestes Piano und lange Pausen, der Chorsatz „Jesu, der du warest tot“ strahlte in ruhigem, stillem Fließen eine ganz erstaunliche Reife aus. Der Tenor Fridolin Wissemann bewältigte sowohl den Part des Evangelisten als auch die Arien – bei sehr guter Textverständlichkeit und stabiler Höhe wirkte er mitunter etwas angestrengt. Konstantin Heintel (Bass) sang die Christusworte kraftvoll und resonanzreich, Nina Schumertl hatte in der ersten Alt-Arie leichte Schwierigkeiten, über das Orchester hinaus gehört zu werden. Sehr viel besser gelang ihr die Arie „Es ist vollbracht“ mit der siegesbewussten Umdeutung des Todes “Der Held aus Juda siegt mit Macht“.

Das Tempo der ersten Sopranarie war etwas zu schnell, sodass ein gehetzter Eindruck blieb. Auch Katharina Leyhes glockenhelle Stimme kam in der zweiten Sopranarie „Zerfließe, mein Herze“ besser zur Geltung. Hier war das Tempo sehr langsam, doch die Sängerin hatte den rechten Atem. Jan-Hendrik Jensch, ein ehemaliger Knabenkantorist, sang die Bass-Arien mit vollem, warmem Timbre und gestaltete eindrucksvoll die Partie des Pilatus. Schluss-Chor und -Choral vermittelten Versöhnung und Trost. Soli Deo Gloria – Chor und die Leiterin hatten im Programmheft darum gebeten, nicht zu applaudieren.

Nach minutenlanger Stille, die Merle Hillmer und alle Sänger und Musiker durch Körperspannung steuerten, begleitete doch großer Beifall den Abgang des Chores.

Die Lübecker Knabenkantorei bekam für das Konzert in St. Aegidien viel Beifall. Foto: Olaf Malzahn

Die Lübecker Knabenkantorei bekam für das Konzert in St. Aegidien viel Beifall. Foto: Olaf Malzahn


Text-Nummer: 172265   Autor: Svea Regine Feldhoff   vom 19.04.2025 um 08.55 Uhr

Text teilen: auf facebook +++ auf X (Twitter) +++ über WhatsApp

Text ausdrucken. +++  Text ohne Bilder ausdrucken.


Please enable / Bitte aktiviere JavaScript!
Veuillez activer / Por favor activa el Javascript![ ? ]