Wohnungsmarkt: Neue Satzung gegen Zweckentfremdung
Lübeck: In ihrem neuen Wohnungsmarktbericht geht die Stadtverwaltung von 4900 fehlenden Wohnungen in Lübeck im Jahr 2040 aus. Nachdem die Erhaltungssatzung vor Gericht gescheitert ist, plant Lübeck jetzt eine Zweckentfremdungssatzung, um nicht weiteren Wohnraum zu verlieren. Mit vielen Neubauten rechnet die Stadt aufgrund der Rahmenbedingungen nicht mehr."Steigende Energiekosten, zunehmende Inflation, der Ukraine-Konflikt, Materialknappheit sowie höhere Zinsen für Immobilienkredite wirken sich auf den lokalen Wohnungsmarkt aus", so die Stadtverwaltung. Die Anzahl an Baufertigstellungen bleibt bisher trotz der geänderten Rahmenbedingungen auf einem relativ hohen Niveau, hat jedoch eine stark abnehmende Tendenz mit 1.035 Baufertigstellungen im Jahr 2020 und 603 Baufertigstellungen im Jahr 2023. Aufgrund der dynamischen Bevölkerungs- und Haushaltsentwicklung in den vergangenen Jahren konnte trotz der hohen Bautätigkeit den Anspannungen auf dem Wohnungsmarkt nicht ausreichend entgegengewirkt werden.
Der zukünftige Bedarf nach Wohnraum wird vor allem von der zukünftigen Entwicklung der Haushalte bestimmt. Aus der aktuellen Haushaltsprognose lässt sich ein langfristiger flächenrelevanter Bedarf von rund 4.900 Wohneinheiten inklusive Erhöhung der Fluktuationsreserve bis 2040 ableiten. Hierbei ist die Zunahme der Haushalte nicht ausschließlich auf die positive Bevölkerungsentwicklung, sondern insbesondere auf die zunehmende Anzahl an Einpersonenhaushalten zurückzuführen. Der Bedarf nach kleinen und altersgerechten Wohnungen wird in den kommenden Jahren steigen.
Baurecht für rund 3.180 Wohneinheiten steht zur Verfügung
Es wurden bereits ausreichend Bauflächen und Baulücken identifiziert und in Teilen Bauleitplanverfahren eingeleitet, um diesen Bedarf langfristig zu decken. Seit 2015 wurden Bebauungspläne für mehr als 4.650 Wohneinheiten aufgestellt. Alleine im Jahr 2024 wurden durch Baugebiete wie Geniner Ufer/Welsbachstraße oder Europaweg/Ostseestraße (Pommernzentrum) Baurechte für rund 1.120 Wohneinheiten geschaffen. Aktuell stehen Flächen mit Baurecht für rund 3.180 Wohneinheiten zur Verfügung, die aktuell bebaut werden oder bebaut werden können. "Angesichts der geänderten Rahmenbedingungen ist jedoch zu erwarten, dass einzelne Projekte seitens der privaten Entwickler:innen auf den Prüfstand gestellt werden beziehungsweise sich die Umsetzung verzögern wird", meint die Verwaltung.
Die Herausforderung liege nicht in der Schaffung von neuem Baurecht, sondern in der zukünftigen Umsetzung des Baurechts. Da der Bedarf nach Wohnraum zumindest kurzfristig nicht ausschließlich durch den Neubau gedeckt werden kann, sollte der Zweckentfremdung von Wohnraum konsequent entgegengewirkt werden. Das Land Schleswig-Holstein hat hierzu das Wohnraumschutzgesetz (SHWoSchG) erlassen, das Städten und Gemeinden mit angespanntem Wohnungsmarkt ermöglicht, eine Zweckentfremdungssatzung zu erlassen. Die Verwaltung hat einen entsprechenden Satzungsentwurf vorbereitet, der derzeit in den politischen Gremien diskutiert wird.
Förderung des sozialen Wohnraums begrenzt
"Aufgrund der gestiegenen Zinsen hat die soziale Wohnraumförderung an Bedeutung gewonnen und trägt maßgeblich zur Rentabilität einzelner Projekte bei", berichtet die Stadt zum Thema Sozialwohnungen. "Allerdings übersteigt die Nachfrage nach Fördermitteln die verfügbaren Landesmittel deutlich, sodass nur ein Teil der geplanten Projekte realisiert werden kann. Der Beschluss der Bürgerschaft, dass bei Bebauungsplänen für den Wohnungsbau 30 Prozent aller Wohnungen als geförderter Wohnungsbau umzusetzen sind, kann deswegen nur teilweise umgesetzt werden. Daher müssen die begrenzt verfügbaren Mittel möglichst zielgerichtet eingesetzt werden."
Bevölkerungsentwicklung
Am 31. Dezember 2024 verzeichnete das Melderegister der Hansestadt Lübeck den höchsten Bevölkerungsstand seit vier Jahrzehnten. Über die letzten zehn Jahre hinweg ist die Einwohnerzahl um 3,4 Prozent gewachsen, was einem Zuwachs von 7.356 Personen entspricht. Laut der aktuellen Bevölkerungs- und Haushaltsprognose der kommunalen Statistikstelle aus dem März 2025 wird die positive Bevölkerungsentwicklung trotz des immer weiter fortschreitenden demografischen Wandels auch in den kommenden Jahren anhalten.
Der Wohnungsmarktbericht 2024 ist online abrufbar unter www.luebeck.de/wohnungsmarkt.

Der Wohnungsneubau scheitert oft an den schwierigen Rahmenbedingungen. Foto: KEV/Archiv
Text-Nummer: 172565 Autor: Presseamt Lübeck/red. vom 06.05.2025 um 18.08 Uhr
Kommentare zu diesem Text:
Malik
schrieb am 06.05.2025 um 19.12 Uhr:
Wäre die Stadt nur im Ansatz bereit ihre Rahmenbedingungen zu ändern, gäbe es sicherlich das ein oder andere Bauprojekt mehr in Lübeck. Allerdings scheitert es viel zu oft an der übertriebenen Bürokratie. Ich habe beispielsweise über 600m² Hinterland und wäre bereit dieses als Bauland abzugeben. Allerdings fehlt der Stadt eine direkte Straßenanbindung, obwohl mein Grundstück leicht eine Zuwegung hätte bieten können. Aber wie heißt es am Ende so schön: "Wer nicht will, ist satt!"
Fiete Senfgeber
schrieb am 06.05.2025 um 21.26 Uhr:
Schon komisch. In anderen Städten entstehen - trotz aller derzeitigen Widrigkeiten - ganze Stadtviertel neu. Ich hoffe, dass in Lübeck, die bei dieser Ambitionslosigkeit schrumpfende Stadt, dann wenigstens die Innenentwicklung vorangetrieben wird! Die Stadt hat eine vorausschauende (vergünstigende) Bodenpolitik für Geschosswohnungsbau in Größenordnungen vor Jahrzehnten versäumt.
Dirk Schulz
schrieb am 07.05.2025 um 07.57 Uhr:
Der Wohnungsmarkt leidet daran, dass gefühlt Mietwohnungen nur noch hochpreisig oder vergünstigt im sozialen Wohnungsbau (also für einen begrenzten Personenkreis) gebaut werden, dazu kommt fehlender Geschosswohnungsbau mit Einheiten, die wesentlich höher sind als drei Stockwerke plus Staffelgeschoss... Woanders werden Bauten mit deutlich mehr Etagen genehmigt...
Es gibt hier in Lübeck viele Mieter, die sich eine kleine Eigentumswohnung kaufen/bauen würden, wenn sie nur günstig wäre und das ist eben nicht der Fall... Flächen wurden viel teurer, die Vermarkter und Projektentwickler zocken ab, die Baukosten sind gestiegen, die Zinsen sind hoch... Da fehlen transparente und faire Verfahren über die Vergabe solcher Einheiten.. Jeder will am Wohnungsmarkt verdienen, bis die Blase platzt...
Mietkosten i.H. von knapp 920 Euro warm für 62 qm in Kücknitz habe ich schon gesehen.. das wäre kein Problem, wenn die Arbeitslöhne mal deutlich ansteigen würden, aber den ist nicht so... das sorgt in Zukunft für ein gesellschaftliches Problem und für kommende Gefahren..
Bobby
schrieb am 07.05.2025 um 08.23 Uhr:
Na ob das nicht eher noch mehr Menschen ab schreckt überhaupt in Lübeck zu bauen, solche Dinge regelt der Markt von alleine, der Staat sollte sich da raus halten.
Jan
schrieb am 07.05.2025 um 11.17 Uhr:
Es gibt ja sogar in Lübeck die in ihren eigenen Garten wohnen weil sie keine Wohnung finden
(...)
Martin Walter
schrieb am 07.05.2025 um 11.40 Uhr:
Da muss man die Verwaltung doch mal loben. Ein gut gemachter Bericht, der auch die Ursachen und volkswirtschaftlichen Zusammenhänge in Grafiken und Statistiken darstellt. Eine einfache Möglichkeit sich über die tatsächliche Lage in der Region schnell zu informieren. Jetzt sogar in der aktuellen Version von 2024 auf der Präsenz der Stadtplanung. Von mir aus könnte der Bericht auch jährlich erscheinen. Schön wäre es auch wenn die vorhandenen älteren Berichte auf der Seite abrufbar wären, damit man den historischen Vergleich hat.
Das gilt übrigens auch für die alten "Lübeck plant und baut" Hefte. Interessant wäre es, wenn man so viele wie möglich übersichtlich von einer Quelle per Download abrufen könnte. Viele sind ja online verfügbar, aber auch die ersten Hefte sind heute noch interessant.