Handwerk: Politik muss liefern
Lübeck: Die Hauptgeschäftsführer der bundesweit 53 deutschen Handwerkskammern treffen sich am 26. und 27. Mai zur Frühjahrstagung in Lübeck. Das Treffen ist auch ein Stimmungsbarometer für das Handwerk: Wie bewerten die Kammern die aktuelle Lage? Und vor welchen Herausforderungen steht das Handwerk?Erstmals seit Längerem wächst im Handwerk wieder verhaltene Zuversicht, berichtete Holger Schwannecke, Generalsekretär des Zentralverbandes des Deutschen Handwerks (ZDH), zum Auftakt der Tagung. „Die Geschäftserwartungen im Handwerk steigen wieder. Das ist ein Vertrauensvorschuss an die neue Bundesregierung. Jetzt ist der Moment, dieses Vertrauen durch entschlossenes Handeln zu bestätigen. Aus Erwartungen wird nur dann Wirklichkeit, wenn die Politik jetzt liefert“, so Schwannecke. Konkret bedeute das: weniger Bürokratie, verlässliche Energiepreise, steuerliche Entlastung, Investitionsanreize, keine neuen Belastungsschübe etwa bei den Sozialabgaben, keine Bremsen mehr für die Betriebe.
Trotz dieses Hoffnungsschimmers zeigt sich beim Blick auf die tatsächliche Lage, dass das Handwerk insgesamt mit angezogener Handbremse ins erste Quartal gestartet ist. Das belegt der aktuelle ZDH-Konjunkturbericht, der auf den Umfragen bei den Handwerkskammern und Fachverbänden basiert. Die wirtschaftliche Lage stellt sich vielerorts angespannt dar. „Die Geschäftslage war spürbar schwächer als im Vorjahr, die Auftragspolster dünner, die Investitionsbereitschaft so niedrig wie seit 15 Jahren nicht mehr. Das ist keine Kleinunternehmer-Malaise, das ist wirtschaftspolitischer Ernstfall“, erläutert der ZDH-Generalsekretär.
Besonders kritisch zeigt sich die Situation im Bau- und Wohnungsbereich. Schwannecke warnt eindringlich: „Wenn Genehmigungen weiter stocken, Investoren abwinken und Baukosten explodieren, dann bleibt der Wohnungsbau das Sorgenkind der Konjunktur und mit ihm ganze Wertschöpfungsketten im Handwerk. Hier braucht es ein Sofortprogramm: beschleunigte Verfahren, planbare Förderung, klare Signale.“ Gezielte Wachstumsimpulse statt zusätzlicher Belastungen sei das, was nun erforderlich sei. „Statt die Steuerlast weiter zu erhöhen, muss die Politik steuerpolitische Instrumente nutzen, die Investitionen anreizen und wirtschaftlichen Schwung entfachen. Die Wohnungsbaukrise darf 2025 nicht weiter zur Investitionsblockade werden.“
Freiwilliges Handwerksjahr: Projekt mit bundesweitem Modellcharakter
Dass das Handwerk für Veränderungen bereitstehe, dass es anpacken und ausbilden wolle, das bestätigte auch Andreas Katschke, Hauptgeschäftsführer der Handwerkskammer Lübeck, für die rund 22.000 Mitgliedsbetriebe im Kammerbezirk Lübeck. Deutlich machte er das am Beispiel des freiwilligen Handwerksjahres, einem bundesweiten Pilotprojekt, das jungen Menschen ermöglicht, in einem Jahr vier Handwerksberufe kennen zu lernen. „Wir sind mit dem freiwilligen Handwerksjahr im Sommer 2024 gestartet und sind in kürzester Zeit auf enormes Interesse junger Menschen und unserer Betriebe gestoßen. Das unterstreicht einmal mehr das große Ausbildungsengagement und den Wunsch der Betriebe, aktiv zu werden und junge Menschen für das Handwerk zu begeistern. Inzwischen hat das Modell sogar Einzug in den Koalitionsvertrag gefunden. Wir und die Betriebe, die das Freiwillige Handwerksjahr bereits nutzen, sind sehr stolz darauf, dass wir hier Vorreiter sein und sogar auf bundespolitischer Ebene eine Entwicklung anstoßen konnten“, sagte Katschke.
Große Unterstützung für das Handwerk durch Praktikumsprämie und Meistergründungsprämie
Große Unterstützung für das Handwerk komme auch von der Landesregierung in Schleswig-Holstein. „Dem Handwerk wurden für dieses Jahr hohe finanzielle Mittel für die Praktikumsprämie bereitgestellt. Dafür danken wir dem Land, denn die Prämie ist ein hervorragendes Instrument, um Schülerinnen und Schüler auf das Handwerk und seine vielfältigen Ausbildungsmöglichkeiten aufmerksam zu machen. Schon in den Osterferien haben mehr als 250 junge Menschen die Prämie genutzt und ein Praktikum im Handwerk absolviert. Die nächsten Ferien stehen quasi vor der Tür und wir werben intensiv bei Schülerinnen und Schülern, im Sommer ein Ferienpraktikum im Handwerk anzugehen“, sagte der Kammer-Hauptgeschäftsführer.
Eine weitere Erfolgsgeschichte sei die Meistergründungsprämie für das Handwerk, so Andreas Katschke weiter. „Das Land hat die Fortführung der Meistergründungsprämie für weitere drei Jahre beschlossen. Bis zu 10.000 Euro gibt es bei Gründung oder Übernahme eines Betriebes. Auch diese Prämie hat einen enorm hohen Stellenwert für uns. Sie hat seit ihrer Einführung vor sechs Jahren über 1.100 Handwerksmeisterinnen und Handwerksmeister auf ihrem Weg in die Selbstständigkeit unterstützt.
Dieses Signal der Landesregierung ist wichtig, gerade vor dem Hintergrund tausender Handwerksbetriebe, die in den nächsten Jahren zur Übergabe stehen.“

Die Hauptgeschäftsführer der bundesweit 53 deutschen Handwerkskammern treffen sich am 26. und 27. Mai zur Frühjahrstagung in Lübeck. Foto: Archiv
Text-Nummer: 172980 Autor: HWK/red. vom 26.05.2025 um 14.41 Uhr