Passat-Dialog im Zeichen der Sicherheit
Lübeck - Travemünde: Archiv - 23.07.2025, 18.32 Uhr: Uniformblau dominierte das Podium beim Passat-Dialog anlässlich der diesjährigen Travemünder Woche, denn es ging um das Thema Sicherheit. Das von Professor Michael Stube und Konsul Bernd Jorkisch begleitete Format hat seine Anhänger gefunden, der Ballsaal im Atlantic Grand Hotel in Travemünde war voll besetzt.
Bürgermeister und Landräte bis in den Kieler Raum hinein waren zu Gast, und weitere lokale Würdenträger, unter ihnen Stadtpräsident Henning Schumann. Kapitäne der Schiffergesellschaft waren dabei und aus der Seefahrt sogar der Eldermann der Gothmundfischer, Bernd Kühn. Im Anschluss an den Talk gibt es zum Ausklang immer noch ein Konzert des Classical-Beat-Formats.
Zunächst aber erst einmal zur politischen Lage im Ostseeraum. Schon die einleitenden Worte von Konsul Bernd Jorkisch berührten die aktuelle Sicherheitslage und der Aufruf „Wir müssen bereit sein“ floss mehrfach in seine Eröffnungsrede ein. Bereit sein bedeutet dabei zunächst einmal, sich auf die angespannte Lage im Ostseeraum einzustellen und mit diesen Verhältnissen richtig umzugehen, dabei aber auch entschlossen zu handeln. Für diese Sicht der Dinge hat er sich dann auch als finnischer Konsul verbale Unterstützung aus Finnland geholt. Keynote-Speaker war der finnische Verteidigungsattaché Juhapekka Rautava, zuständig für Deutschland und die Niederlande. Der entfaltete seine Wirkung vor allem durch unaufgeregte Nüchternheit. Das Publikum verfolgte mit angehaltenem Atem seine sachliche Darstellung des gesamten aktuellen Bedrohungsszenarios. Aufrüstung an der russischen Grenze, Destabilisierung westlicher Staaten durch bewusst gesteuerte Migration, Russlands Devisenbeschaffung über die Schattenflotte, Zerstörung von Kommunikationsverbindungen und vor allem auch Störung und Manipulierung von GPS-Signalen im Schiffsverkehr. Das ist so intensiv geworden, betonte er schmunzelnd, dass jedem Freizeitkapitän angeraten wurde, die alten Tugenden der Navigation mit Seekarte, Uhr und Kompass nicht zu vergessen. Analog kommt man heute auch immer noch ans Ziel, sollte die Elektronik plötzlich anfangen zu spinnen. Sein klares Resümee: Landesverteidigung geht alle an. Das wird in Finnland gar nicht mehr diskutiert.
Die Gesprächsrunde, erneut geleitet von Julian Marxen vom NDR, griff die Thematik auf. Dabei waren Heinz Mauritz als Präsident des Deutschen Marinebundes, Normen Großmann von der Bundespolizeidirektion Bad Bramstedt, Michael Skamel, Kommandeur des Landeskommandos Schleswig-Holstein, und Lübecks Bürgermeister Jan Lindenau. Altgediente wie Heinz Maurus äußerten sich besorgt über die derzeitigen Spannungen, und der ehemalige Kapitänleutnant formulierte sehr vorsichtig, dass er sich an vergleichbare Spannungslagen selbst in Zeiten des Kalten Krieges nicht erinnern konnte. Verteidigungsbereitschaft muss seiner Auffassung nach erhöht werden, ein großes Problem sieht er allerdings auf dem Feld der Koordination der Kräfte. Bei den Zuständigkeiten sieht er nur Wirrwarr, das endlich beseitigt werden muss. Großes Vertrauen hat er allerdings in den professionellen Umgang der Sicherheitskräfte mit schwierigen Situationen. Von veränderten Rahmenbedingungen sprach auch der Vertreter der Bundespolizei. Eine GSG-Einheit wurde kürzlich nach Neustadt verlegt für künftige Ostseeeinsätze. Und man muss Nachwuchs gewinnen. Früher hat man dazu an Besuchstagen immer einmal die Bevölkerung auf Einsatzschiffe gelassen. „Open Ship“ nannte sich das. Heute muss er seiner PR-Abteilung vorsichtig erklären, dass genau das nicht mehr geht.

Dann schaute alles auf Jan Lindenau, was der denn als nicht-Gedienter zur Landesverteidigung beitragen konnte. Da waren aber alle überrascht. Durch längere Mitwirkung im Technischen Hilfswerk hat der nämlich durchaus ein Bewusstsein dafür entwickelt, wie in Katastrophenfällen sinnvoll zu agieren ist. Er konnte von Situationen berichten, in denen die Stadt einmal mehrere Stunden lang keinen Strom hatte und er selbst nicht mit den Einsatzkräften telefonieren konnte. Es müssen keine Granaten fliegen, um unser Gemeinwesen ins Chaos zu stürzen, ließ er durchblicken, und verwies auf mögliche Eingriffe in Datenfluss, Elektrizität, Energie- und Wasserversorgung. Hier stabile Strukturen zu schaffen und die Bevölkerung zu befähigen, mit krisenhaften Situationen erfolgreich umzugehen, darin sah er seinen vorrangigen Beitrag. Philosophische Erörterungen über Resilienz und Mindset helfen da nicht weiter, gab er allen mit auf den Weg. Jeder sollte wissen, wo für ihn im Bedarfsfall der nächste Anlaufpunkt ist, an dem er sich Hilfe holen kann. Wir übernehmen Verantwortung für die Grundversorgung und treffen klare Entscheidungen. Deswegen sind wir vorbereitet, resümierte der Bürgermeister.
Das schaffte einen Konsens. Vom Landeskommando her wünschte sich Michael Skamel weiterhin eine gute Unterstützung militärischer Belange aus zivilen Kreisen. Dann wurde Heinz Maurus noch einmal grundsätzlich. Wir verlieren alles, wenn wir die freiheitlich-demokratische Grundordnung nicht absichern und verteidigen, mahnte er abschließend. In Freiheit und Sicherheit leben muss unser oberstes Ziel bleiben.
Im Original-Ton hören Sie Bürgermeister Jan Lindenau zur Sicherheitspolitik.

Beim diesjährigen Passat-Dialog stand das Thema Sicherheit im Vordergrund. Fotos, O-Ton: Harald Denckmann
Hier hören Sie den Originalton:
Text-Nummer: 174131 Autor: Harald Denckmann vom 23.07.2025 um 18.32 Uhr
