NDR-Konzert: Schubert wie die Feuerwehr

Lübeck: Das 6. Konzert des NDR-Elbphilharmonie-Orchesters in der MuK prägten mit Omer Meir Welber und Kirill Gerstein zwei hochrenommierte Musiker – ersterer seit seinem SHMF-Porträt ein auch hier gern gesehener Dirigent, der zweite mit seinem Lübeck-Debüt und dem Höhepunkt des kurzweiligen Programms, dem Klavierkonzert von Maurice Ravel.

Dieses umrahmten zwei Werke, die gleichfalls keine sehr große Besetzung benötigen. So wurde das nicht eben zahlreiche Publikum vertraut gemacht mit „Pelleas et Melisande“ von Gabriel Fauré. Die spätromantische Suite hat mit dem Impressionismus von Claude Debussys gleichnamiger Oper nach dem Drama des Symbolisten Maurice Maeterlinck nichts gemein: Ausladende Streicher und Horn-Ruf entwickeln im „Prélude“ gar liebliche Gefühle, das Englischhorn bewegt „Die Spinnerin“, Harfe und Flöte tupfen Seufzer in der „Sicilienne“, elegische Holzbläser und gezupfte Bässe vermitteln „Mélisandes Tod“. Komposition wie Interpretation mangelte es an Intensität.

Dann aber waren Dirigent und Solist bei Maurice Ravel in ihrem Element. Meir Welber hielt das Orchester zusammen und stimmte es mit der Präzision ab, mit der Gerstein – ohne jeglichen Allüren-Aufwand – dieses komplexe Klavierkonzert von 1932 vortrug. Es stellt das sieben Jahre zuvor entstandene Gershwin-Konzert in den Schatten: Die Trompeten schmetterten ins Allegramente, Gerstein ließ die Arpeggien rauschen, die Synkopen rieben sich, die Rhythmus-Verschiebungen hielt auch Meir Welber mit präziser Zeichengebung zusammen. Im Adagio, fast wie ein Wiegenlied beginnend, schritt Gerstein synchron mit dem Orchester in laue Nacht – um im Presto-Finale eine Parforce-Jagd zu beginnen, die auch dem Tutti alles abverlangt. Danach ließ Gerstein mit der Zugabe einer Rachmaninow-Melodie das Auditorium ausatmen.

Nach der Pause folgte mit der 3. Sinfonie D-Dur ein Geniestreich des 17-jährigen Franz Schubert. Dieses melodiöse Biedermeier ist freundlich und lebhaft – aber kein Beethoven, zu dem Meir Welber das Werk stilisierte. Mit viel Körpersprache akzentuierte er das Allegro con brio, zu viel Druck machte Passagen langweilig – auch wenn die Reprisen im 2. und 3. Satz (Ländler-Trio) fein gearbeitet wurden. Das finale Presto vivace tobte mit einer Geschwindigkeit vorbei, die dem Orchester technisch die Bestnote verlieh – aber das war eher Daniel Düsentrieb als Schubert. Dem Auditorium gefiel die Sause, es gab sogar Bravo-Rufe.

Das Konzert in der Lübecker MuK kam beim Publikum gut an.

Das Konzert in der Lübecker MuK kam beim Publikum gut an.


Text-Nummer: 165414   Autor: Güz.   vom 20.04.2024 um 15.59 Uhr

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