Christliche Gemeinden spenden 18.000 Euro für neue Thora

Lübeck: Archiv - 11.08.2021, 15.55 Uhr: Mit einem Festakt wird die Wiedereröffnung der Carlebach-Synagoge am Donnerstag gefeiert. Lübecker Pastoren durften bereits am Mittwoch die Jüdische Gemeinde besuchen. Als Gastgeschenk übergab Pröpstin Petra Kallies eine Spende in Höhe von 18.000 Euro.

„Für mich sind Begegnungen und ein regelmäßiger Austausch gelebte Nachbarschaft und Teil des interreligiösen Gesprächs“, sagt Kallies. Für die Lübecker Pröpstin des Kirchenkreises und den Pastorenkonvent ist der Besuch eine besondere Ehre. „Wir freuen uns so sehr für die Jüdische Gemeinde, dass unsere Synagoge nach einer langen Sanierung wiedereröffnet wird“, betont Petra Kallies. Die Formulierung „unsere Synagoge“ wähle sie dabei ganz bewusst: „Ich bringe damit zum Ausdruck, dass jüdisches Leben in Deutschland ein wesentlicher, bereichernder Faktor unserer Gesellschaft ist. Jüdinnen und Juden gehören dazu.“

Am Morgen hatten sich die Pastoren in St. Aegidien, in direkter Nähe zur Carlebach- Synagoge, zur gemeinsamen Andacht getroffen. Der anstehende Besuch - auch für Pastor Thomas Baltrock tief beeindruckend: „Endlich wird die Synagoge wieder eröffnet. Über all die Jahre hatten wir einen intensiven Kontakt, haben zusammen Feste gefeiert. Ich freue mich für die Jüdische Gemeinde.“

Vor zehn Jahren fiel die Entscheidung, die 1880 eingeweihte Synagoge in der St.-Annen-Straße zu sanieren. Die aufwendigen Arbeiten an dem historischen Gebäude begannen 2014 und waren noch immer von der nationalsozialistischen Schändung des Gotteshauses bestimmt. Bis Ende der 1930er-Jahre hatte die Synagoge eine prächtige Kuppel gehabt. Die Nationalsozialisten zerstörten sie - ebenso wie die imposante maurische Fassade. Nach ausführlicher Diskussion entschied sich die Jüdische Gemeinde Lübeck, an der schlichten Fassade keine baulichen Veränderungen vornehmen zu lassen - auch, um als Zeichen der Mahnung so an die Geschichte während der NS-Zeit zu erinnern. Insgesamt kostete die Sanierung 8,5 Millionen Euro.

„Es ist eine ganz besondere Ehre, dass wir am Vortag der offiziellen Wiedereröffnung hier zu Besuch sein dürfen“, sagte Bettina Kiesbye. Die Beauftragte für den christlich-jüdischen Dialog im Kirchenkreis Lübeck-Lauenburg hofft, dass es weiterhin eine so intensive und von Vertrauen geprägte Zusammenarbeit geben wird.

Rabbiner Nathan Grinberg und Architekt Thomas Schröder-Berkentien führten die Pastorinnen und Pastoren durch die neu gestalteten Sakralräume. Begleitet wurde der Konvent von Propst Christoph Giering von der Katholischen Pfarrei zu den Lübecker Märtyrern sowie von Pastorin Imke Akkermann-Dorn von der Evangelisch-reformierten Gemeinde. Auch Dr. Manfred Henke als Vertreter der neuapostolischen Gemeinden in Lübeck und Pastorin Hanna Lehming, Beauftragte der Nordkirche für den christlich-jüdischen Dialog, begleiteten die Gruppe.

„Wir freuen uns über den Besuch in unserer Gemeinde und den für uns so wichtigen interreligiösen Dialog“, sagte Rabbiner Grinberg. Miteinander in den Dialog zu treten, sich auszutauschen und gegenseitig besser zu verstehen, das sei in dieser Zeit von besonderer Wichtigkeit. Das große Interesse der Pastoren erfülle ihn mit großer Freude und Stolz.

Als Gastgeschenk hatten sich die Pastoren etwas Besonderes einfallen lassen: Pröpstin Petra Kallies überreichte einen Scheck in Höhe von 13.000 Euro, gesammelt aus Kollekten und Spenden der Gemeinden des Kirchenkreises und weiterer Gemeinden der Arbeitsgemeinschaft christlicher Kirchen in Lübeck. Weitere 5000 Euro steuern die Mitglieder der Nordkirche aus der landeskirchlichen Kollekte zum Israelsonntag 2021 bei. Das Geld soll in die Anschaffung einer neuen Thora-Rolle fließen, wünschen sich die Pastoren.

„Christen und Juden verbindet der Glaube an den einen Gott, der uns in der Heiligen Schrift wichtige Wegweisungen für das Leben gegeben hat“, bekräftigt Petra Kallies. In beiden Glaubenstraditionen würden geistliche Orte eine wichtige Rolle spielen - ebenso wie bestimmte Ausstattungsgegenstände. „Mit den Kollekten für eine neue Thora-Rolle möchten die Gemeinden zum Ausdruck bringen, dass uns das jüdische Leben wichtig ist und wir die Reichspogromnacht und die Shoah nicht vergessen haben“, so Kallies. Mit dem Geschenk sei ein klares Nein zu jeder Form des Antisemitismus verbunden. „Und, last but not least, hoffen wir, dass wir unseren jüdischen Geschwistern mit der Spende eine Freude machen.“

Die Pastoren beuchten die Synagoge bereits einen Tag vor der offiziellen Eröffnung. Foto: Kirchenkreis

Die Pastoren beuchten die Synagoge bereits einen Tag vor der offiziellen Eröffnung. Foto: Kirchenkreis


Text-Nummer: 146605   Autor: Kirchenkreis/red.   vom 11.08.2021 um 15.55 Uhr

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