Die stumme Serenade: Der Broadway lässt grüßen

Lübeck: Archiv - 13.11.2021, 16.08 Uhr: Lübecks Theatergänger können einen Weg verfolgen – den des Komponisten Erich Wolfgang Korngold (1897-1957): Vor knapp einem Jahrzehnt war mit der Oper „Der ferne Klang“ die orchestrale Opulenz des Wunderkinds aus Wien zu erleben – nun kommt „Die stumme Serenade“ des Exilanten aus Hollywood: Ein hübsches Musical, das die Handschrift des versierten Bühnenmanns verrät.

Ein Quantum Operette ist in dieser von mehreren Autoren angereicherten Story auch dabei. Sie handelt vom Damenschneider Andrea Coclé, der in einem fiktiven Italien zum Mordverdächtigten wird – und zum Spielball zwischen der Diva Silvia Lombardi und dem Ministerpräsidenten Benedetto Lungarini. Die Handlung folgt dem Katz-und-Maus-Spiel-Schema und löst sich in allgemeinem Wohlgefallen auf.

Mit hauseigenen Mitteln kommt hier ein Gruß vom Broadway mit Unterhaltung, deren Stärke nach der Pause liegt. Hierbei sind Praktiker zu Werke gegangen. Das Ergebnis: Heinz Hausers Bühnenbild der Broadway-Illusion, Alecsandra Kicas seidenknisternde Laufsteg- und Aufschneiderfürsten-Mode, die minimalistische Choreographie von Andrea Danae Kingston und vor allem Michael Wallners Regie mit dem Trachten, Amore und Komik am Laufen zu halten.

Wallners Glück: Er hat mit Steffen Kubach als Coclé einen Antihelden, der alle Tragikomik dieser Rolle verkörpert und sie mit seinem höhensicheren Bariton musikalisch gestaltet. Die Wandlung vom reservierten Modeschöpfer zum fast frivolen Liebhaber ist ein Kabinettstück: Bei so einem Regisseur kann Kubach alle Facetten seines Künstlertums zeigen und wird zum Zentrum des Abends.

Um ihn herum in einem Typen-Arsenal scharen sich viele Gäste. Voran Amelie Müller, die kapriziöse Diva Lombardi mit der Silberstimme und Idealfigur); gefolgt von Noah Schaul als Reporter, der Natalya Bogdanova (Probierdame Louise) nachstellt, und der umwerfend komischen Imka Looft als Laura. Operettentypen par exzellence sind Rudolf Katzer als jähzorig-verschlagener Ministerpräsident, Boris Boehringer als wetterwendischer Polizeichef, Jörn Kolpe in Karikaturen als Pater und Richter sowie Thomas Stückmann in zwei servilen Rollen. Das Panoptikum ergänzen Iris Meyer (Kammerfrau) sowie die minimalistische Girl-Truppe Judith Urban, Lorena Mazuera Grisales und Elisa Pape, wobei letztere als Anarchistin noch einen Kleinkaliber-Volltreffer setzt.

In Corona-resistentem kleinem Format sind die Lübecker Philharmoniker im Spiel, wo im Graben Paul Willot-Förster dirigiert und den Broadway-Sound anstachelt – hier mit verliebtem Swing, dort mit groteskem Drive. Das Premierenpublikum im Großen Haus erwärmte sich an der gar nicht so stummen Serenade immer mehr und applaudierte am Ende allen Mitwirkenden sehr in diesem Hauch von Hollywood.

Die Inszenierung hatte am Freitagabend im Großen Haus Premiere. Foto: Olaf Malzahn

Die Inszenierung hatte am Freitagabend im Großen Haus Premiere. Foto: Olaf Malzahn


Text-Nummer: 148395   Autor: Güz   vom 13.11.2021 um 16.08 Uhr

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