Lübecks Philharmoniker auf schottischen Höhen

Lübeck: Archiv - 19.12.2021, 19.30 Uhr: Mit dem 4. Sinfoniekonzert des Philharmonischen Orchesters der Hansestadt Lübeck reisen die Hörer nach Schottland: Gastdirigent James McMillan (*1959) stammt daher und bringt sein Schlagzeug-Konzert mit sowie die 3. Sinfonie von Felix Mendelssohn-Bartholdy. Das werden zwei unterhaltsame und niveauvolle Stunden, die ein dankbares großes Publikum am Sonntagvormittag in der MuK erlebten – und die dort am Montag, 19. Dezember, um 19.30 Uhr nochmals zu erleben sind.

Einleitend geht es allerdings erst in Europas Süden mit einer Rarität: Ottorino Respighis „Trittico Botticelliano“ führt die drei berühmtesten Gemälde des Renaissance-Künstlers Sandro Botticelli vor Ohren. Sparsam instrumentiert, entsteht ungemein lautmalerisch erst „Der Frühling“ mit flirrenden hohen Streichern. Es folgt „Die Anbetung der Könige“, eine Elegie mit dem vorzüglichen Solo-Quartett Waldo Ceunen (Flöte), Katharina Ruf (Klarinette), Jakob Meyers (Fagott) und Emanuel Jean-Petit-Matile (Horn) – und ebenso zart „Die Geburt der Venus“: Ein einziges behutsames Decrescendo basiert auf bester Orchesterkultur, die MacMillan mit sparsamen Handzeichen weckt.

Der Kontrast mit MacMillans 1991/92 entstandenem Schlagzeugkonzert kann kaum größer sein. Das Werk beginnt mit donnerndem Sturm über den Hihghlands, Batterie-Chef Colin Currie eilt vom Röhren-Set rechts an der Bühne am Dirigenten vorbei zum Drum-Set links, so wie MacMillan ihm das in die Schlegel geschrieben hat. Der Solist bietet dem geballten Blech Paroli – es folgen passable kantable Taktfolgen des Tutti und ein Interludium, in dem das Blech über den Streicherteppich stapft – dann fast Windstille mit Streichergewisper und geklöppelten Rhythmus-Instrumenten – und ein eingegongtes Finale mit Schlagzeug-Gewitter und Big Ben-“Läuten“ der Röhrenglocken. Das ist ebenso Erlebnis- wie Hochleistungs-Musik, die sich aus tonalen Mitteln speist und staunen macht, wie MacMillan das alles koordiniert – und noch viel mehr, wie Colin Currie das nicht nur physisch, sondern von der gedanklichen Koordination her so souverän beherrscht.

Nach der Pause erklingt mit Felix Mendelssohn-Bartholdys 3. Sinfonie, der „Schottischen“, sein Erinnern an eine seiner schönsten Reisen. Schon die signifikanten Bläserakkorde führen dorthin, die Wellen-Themen in den Streichern lösen sie ab: Eine Naturschilderung folgt der nächsten, von MacMillan und allen Gruppen sorgfältig ausbalanciert und ausmusiziert – bis vor der Küste als Schemen der Fliegende Holländer auftaucht und im letzten Satz bei der fröhlichen Heimkehr das Erzählen vom Erlebten kaum ein Ende findet. Dirigent und Philharmoniker beherrschen Mendelssohns Personalstil und zeigen, dass sie diese Musik lieben. Der lange Beifall des Sonntagpublikums war hochverdient.

Für die Philharmoniker gab es am Sonntag in der MuK viel Beifall. Foto: Olaf Malzahn/Archiv

Für die Philharmoniker gab es am Sonntag in der MuK viel Beifall. Foto: Olaf Malzahn/Archiv


Text-Nummer: 149053   Autor: Güz   vom 19.12.2021 um 19.30 Uhr

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