Gedanken zum 1. Advent

Lübeck: Archiv - 26.11.2022, 08.59 Uhr: Am Sonntag beginnt die Adventszeit. Schon jetzt bestimmen der Trubel der Weihnachtsmärkte und die Dekorationen unseren Alltag. Pastorin i.R. Ellen Naß erinnert in ihren Gedanken zum Wochenende an die christliche Bedeutung dieser Zeit bis Weihnachten.

Morgen feiern wir den 1. Advent. Als noch berufstätige Pastorin fand ich die Adventszeit immer schwierig. Wenn Sie nicht in dieser Zeit Gottesdienste besucht haben, ist Ihnen meine Problematik wahrscheinlich gar nicht aufgefallen.

Dieses Jahr wird die Adventszeit durch zwei Dinge bestimmt. Da ist einmal die Freude, dass wir nach zwei langen Coronaadventszeiten endlich wieder feiern können. Unsere Weihnachtsmärkte – oder besser die Weihnachtsmärkte überall – in der Innenstadt sind gut besucht.

Zusätzlich haben wir noch Fußballweltmeisterschaft. Ich kann mich erinnern, als die vor vielen Jahren in die Adventszeit verlegt wurde, da wurde überall gefragt: Wie soll das gehen? Nun sehen wir, dass es geht, wenn auch schlecht, aus den verschiedensten Gründen. Ich finde Fußball langweilig – und ich habe es versucht, ihn interessant zu finden! - insofern hat mich das nie gestört. Da stören mich andere Sachen – vor allem die Zustände in Katar.

Mein Problem mit der Adventszeit war ein anderes. Denn kirchlich gesehen sollte die Adventszeit ganz anders sein. Kirchlich ist die Adventszeit eine Bußzeit, in der man sich auf das Kommen Christi vorbereiten sollte – mit Gebet, Stille, Fasten. Statt Keksen also sollte man nichts Süßes essen, statt Glühwein keinen Alkohol trinken, statt zu schlemmen vielleicht sogar Fleisch weglassen oder zumindestens reduzieren.

Unsere Texte und Lieder für die Adventsgottesdienste spiegeln diese Auffassung wider – sie sind zwar vor ein paar Jahren neu ausgesucht worden, aber es ist immer noch so. So haben wir als Kirchengemeinde in der Woche Weihnachtsfeiern, zum Beispiel für Senioren und Seniorinnen abgehalten, mit Sahnekuchen und viel Spaß – und am Sonntag wurde das alles in Frage gestellt.

Dabei freue ich mich jedes Jahr über die Adventszeit. Ich freue mich über die Weihnachtsplätzchen, über Weihnachtsfeiern. Ich mag die Stimmung, die vielen Lichter, das gute Essen, das Zusammensein in der Familie. Als die Kinder klein waren, war ich manchmal durch die Kindergarten- Schul- und Vereinsweihnachtsfeiern ein wenig gestresst, aber sonst habe ich die Zeit genossen.

Andererseits mag ich auch die andere Adventszeit. Ich singe gern die alten, inzwischen fast unbekannten Adventslieder, die alle irgendwie melancholisch sind, zum Beispiel: „Es kommt ein Schiff geladen bis an sein höchsten Bord, trägt Gottes Sohn voll Gnaden, des Vaters ewig Wort“ ( EG 8), das dann auch Jesu Tod schildert und uns auffordert, mit ihm zu leiden. Es gibt davon Aufnahmen im Internet – hören Sie sich einmal eine an – das ist etwas völlig anderes als Jingle Bells, Last Christmas oder die Weihnachtsbäckerei.

Ich meine, dass man beide Adventszeiten nicht gegeneinander aufrechnen sollte. Es ist, wie es ist, wir können die Zeiten nicht zurückdrehen, und, wie gesagt, ich würde es auch gar nicht wollen, dazu finde ich den Advent viel zu schön. Ich hoffe, dass in den Gottesdiensten dieser Zeit trotz oder vielleicht auch wegen der Aufforderung zur inneren Einkehr und Umkehr etwas von dem Leuchten und der Freude rundherum sichtbar wird, dass auch dort Licht aufleuchtet, das Leben heller wird.

Im Johannesevangelium wird die Geburt Jesu beschrieben mit dem Satz: „Das Licht scheint in die Finsternis“. (Johannes 1, 5) Licht beides sein – ein strahlender Tag an dem alles nur schön ist, und ein Schein, der aufdeckt, wo wir Falsches getan haben, Unrecht an anderen begangen haben. Auch solches Licht schafft letztendlich Freude, weil es Missverständnisse beendet. Das ist Advent – ein Licht, das in die und der Dunkelheit strahlt.

So wünsche ich Ihnen diese Adventszeit: genießen Sie nach den Einschränkungen der letzten Jahre, was es wieder an Schönem gibt, und denken Sie daran, dass wir uns auf die Ankunft Jesu vorbereiten, der das Licht in unsere Welt gebracht hat und immer noch bringt.

Pastorin i.R. Ellen Naß erinnert daran, dass die Adventszeit für Christen eine Bußzeit war.

Pastorin i.R. Ellen Naß erinnert daran, dass die Adventszeit für Christen eine Bußzeit war.


Text-Nummer: 155261   Autor: red.   vom 26.11.2022 um 08.59 Uhr

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