Auch Philharmoniker lieben Brahms

Franz Schuberts Streichtrio-Satz B-Dur von 1816/17 war alles andere als ein Einspielstück – und so ging denn Chou sehr energisch dieses Allegro an. Allerdings bekam die Virtuosität nicht ganz dem Biedermeierwerk, so fein sich auch Kang und Schwarz in dieses Rankenspiel einfügten. Auch ist zu bedenken, dass bei der guten, jedoch etwas nüchternen Akustik gerade Streichern ein Podium helfen würde, den Weg zum Hörer-Ohr optimal zu bahnen.

Das wäre auch Ludwig van Beethovens Streichtrio c-Moll op. 9/3 gut bekommen, in dem Chou gleich wieder volles Risiko ging und Kang mit Schwarz die sonore Basis bildeten für die hochfliegenden Gedankengänge und -sprünge der Violine. Besonnen und den melodischen Gedanken nachhängend boten die Drei das Adagio, kosteten die rhythmischen Verschiebungen des Scherzo aus, um nach etwas verwischtem Einstieg dem fröhlichen Kehraus zuzueilen.

Der Höhepunkt kam nach der Pause. Wer vier Tage zuvor im Großen Saal nebenan die mitreißende Wiedergabe von Johannes Brahms' 1. Klavierquartett op. 25 in der Orchesterfassung von Arnold Schönberg erlebt hatte, kam nun in den Genuss, auch sein 2. Klavierquartett op. 26 zu hören. Tamami Toda-Schwarz zeigte wieder einmal, welch inspirierende Pianistin sie mit ihrer Anschlagskultur ist. Als Dreh- und Angelpunkt grundierte sie auch wieder dieses Werk, ohne zu dominieren. Hier fügten sich alle zusammen mit Leidenschaft, hielten die Spannung in jedem der vier Sätze, bis sie im übermütigen Finale volles Risiko gingen. Das Publikum lohnte die Leistung mit starkem Applaus. (8. Kammerkonzert am 25. Mai: Trompeten in der Katharinenkirche)

Die Lübecker Philharmoniker spielten erstmals im Kleinen Saal der MuK. Foto: Jan Philip Welchering

Text-Nummer: 158209   Autor: Güz.   vom 26.04.2023 um 12.22 Uhr