Brahms Festival: Mitreißendes Orchesterkonzert

Lübeck: Archiv - 08.05.2023, 11.57 Uhr: Zu seinem Orchesterkonzert im Rahmen des Brahms-Festivals hatte die Musikhochschule Lübeck diesmal die MuK gewählt – mit dem großen Vorteil, dass hier die Akustik für große Besetzungen besser ist als im Hochschul-Saal und alle Qualitäten des jungen Klangkörpers zur Geltung kommen. Was Dirigent Elias Grandy aus der 2023er Formation herausholte bei Werken von Lili Boulanger, Krzystof Penderecki und Johannes Brahms, war formidabel.

Zum Auftakt wurde an die früh verstorbene französische Komponistin Lili Boulanger (1893-1918) erinnert. Ihr Spätimpressionismus fußt hörbar auf Debussy und Ravel, geht aber eigene Wege zumal in „D'un soir triste“: Reibungsflächen der Bläser mit den Streichern modellierte Grandy in dieser statischen Elegie exakt. Dagegen schwang sich „D'un martin de printemps“ voller Leichtigkeit in lichte Sphären, das dynamische Auf und Ab mit solistischen Bläsern war für das Hochschulorchester ohne Probleme.

Wem bei Pendereckis „Concerto per corno ed orchestra“ vor viel Neutönerischem gebangt hatte, wurde überrascht: Dieses Spätwerk steckt voller Romantik und ist ohne den Ahnen Brahms nicht zu denken. Aus der Stille heraus entwickelte Grandy ein oft kammermusikalisches Miteinander mit dem Solisten Adrian Diaz Martinez. Seit zwei Jahren Professor an der MHL, zeigte Martinez all sein profundes Können in diesem Konzert, das von eleganter Delikatesse bis zu kräftigen und heftigen Passagen dem Solisten alles abverlangt. Anspruchsvoll ist die Partitur auch für des Orchester – die große Hochschul-Formation hatte unter Grandys alles verzahnender Führung keine Probleme.

Der richtige Prüfstein kam am Schluß mit Brahms' 1. Sinfonie. Ein extrem langsamer Beginn und etwas zu dominante Paukenschläge ließen bangen – dann aber zeigten sich Elias Grandy als Brahms-Versteher und auch das Hochschul-Orchester als minuziöser Umsetzer der Gedanken des Komponisten: Die Dynamik stimmte auch im zart bewegten Andante, im 3. Satz wurde gleich die fließende Bewegung austariert, und alle Gruppen samt den superben Bläser-Soli waren ein gemeinsames Atmen – und Freuen.

Selten war das Hochschulorchester so qualitätvoll auf allen Positionen besetzt – und hatte diesmal mit Elias Grandy auch einen Gastdirigenten, auf dessen Professionalität es sich verlassen konnte. - Auch MHL-Vizepräsident Prof. Dr. Oliver Korte, der das große Publikum in der MuK begrüßte und ihm eingangs die Werke kurz erläuterte, darf wie alle in seinem Kollegium sehr zufrieden sein mit diesem Abend.

Besucher des Brahms-Festivals konnten ein mitreißendes Orchesterkonzert erleben. Foto: Teresa Ramming/MHL

Besucher des Brahms-Festivals konnten ein mitreißendes Orchesterkonzert erleben. Foto: Teresa Ramming/MHL


Text-Nummer: 158489   Autor: Güz   vom 08.05.2023 um 11.57 Uhr

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