Fleischlos glücklich: Ansturm auf Travemünder Festival

12 Tage wird gefeiert
Wer zum Auftakt nicht dabei war, hat aber noch reichlich Gelegenheit: Während sich viele Events im Seebad auf die Wochenenden beschränken, läuft das Seebadkulturfestival mit zwölf Veranstaltungstagen sogar länger als die „Travemünder Woche“. Das Programm ist vielseitig: Mal gibt es Lesungen (22.05.), mal präsentieren sich lokale Vereine (23.05.), mal geht es um „Nachhaltigkeit“ (24.05.), meist gibt es aber Live-Musik (25.-29.05.).

Gastronomie im Gespräch
Dass es bei einer Veranstaltung, die sich an ein breites Publikum wendet, kein Fleisch gibt (wir berichteten am 16.05.), sorgte im Vorfeld für kontroverse Diskussionen und lenkte den Fokus auf die Gastronomie. Die kann sich allerdings sehen lassen: So gibt es zum Beispiel Balsamico-Cheeseburger (7,90 Euro), Kiwi-Halloumi-Burger (8,50 Euro), Bowls (7,90 Euro),
Matjesbrötchen mit Apfel-Meerrettich-Sauce (5,00 Euro) und Holländische Pommes (4,50 Euro).

Das Festival bietet eine gute Gelegenheit, einmal fleischlose Burger zu probieren. Der Kiwi-Halloumi-Burger (8,50 Euro) jedenfalls sieht einladend aus.

Veranstalter beschwichtigt
Den Vorwürfen, dass „nur Veganer willkommen“ seien, begegnete der Veranstalter mit einem Post in den sozialen Netzwerken: „Es sind alle herzlich willkommen“, heißt es da. „Unsere Veranstaltungen sind von Offenheit, Diversität und Rücksichtnahme geprägt.“ Travemünde sei keineswegs „Fleischlos“ und man wollte Gäste wie Travemünder „unter keinen Umständen zwingen“, auf Fleisch zu verzichten. In unmittelbarer Nähe gäbe es zahlreiche Möglichkeiten, fleischhaltige Speisen zu erwerben. „Zur Offenheit der Veranstaltung zählt auch, dass diese Speisen natürlich mitgebracht und auf dem Veranstaltungsgelände verzehrt werden können.“

Die Möwe war mit dem Gastro-Angebot zufrieden: Sie hatte es auf Kartoffelchips abgesehen, die sie sich mit dem Schnabel griff und mit ihrer Beute dann schnell das Weite suchte.

Nach Event-Aus: Festival schließt Lücke
Das fleischlose Angebot des Seebadkulturfestivals schließt auch eine Lücke im Travemünder Event-Plan. Der „Vegan Summer“ hatte regelmäßig Fans tierfreier Produkte bedient. Davon gab es in Travemünde offenbar nicht genug, denn die Veranstaltung ist abgesagt. „Nach drei Jahren Vegan Summer in Travemünde, veranstalten wir hier nicht weiter“, heißt es dazu auf der Internetseite des Veranstalters. „Das Event war leider zu schlecht besucht und konnte sich nicht etablieren.“ Den „Vegan Summer“ gibt es zukünftig nur noch in Eckernförde.

Umliegende Gastronomie reagiert humorvoll
Für Schmunzeln sorgte am Donnerstag der Aufsteller des Imbisses „53 Grad Oceanview“ nur wenige hundert Meter entfernt an der Ecke Bertlingstraße/Strandpromenade. Dort wurde am Donnerstag ein „Vatertagsgedeck“ (Bockwurst, Bier und Kümmel für 6,00 Euro) mit dem Hinweis „Die wahrscheinlich letzte Fleischwurst vor dem Seebadkulturfestival“ beworben.

„Letzte Fleischwurst vor dem Seebadkulturfestival“: Die umliegende Gastronomie nutzt humorvoll die Versorgungslücke.

„Greenwashing“ des Veranstalters?
Nicht um die Wurst, sondern um ein anderes Thema geht es Thorsten Fürter von der Lübecker FDP. So schreiben die Veranstalter in der Ankündigung ihres Events: „Bei Citizens Forest können die Besucher ihren Anteil am Einsatz von fossilen Brennstoffen für An- und Abfahrt und die Zubereitung von Speisen mit dem Kauf eines Baumes ausgleichen.“

Es gehe ihm weniger um den Fleischverzicht, schreibt dazu FDP-Politiker Thorsten Fürter, als „um die Absurdität, Touristen zu einer Veranstaltung nach Travemünde zu locken, ihnen aber gleichzeitig ein schlechtes Gewissen einzureden, weil sie Ressourcen verbrauchen.“ Weiter schreibt Fürter auf seiner Facebook-Seite: „In der Konsequenz dieser Sichtweise auf die Welt kann eigentlich nur der Verzicht auf diese Veranstaltungen stehen. Ansonsten sind wir doch nah bei dem, was FFF und Co. gerne Greenwashing nennen, oder?“

Gäste nach Travemünde locken und ihnen gleichzeitig ein schlechtes Gewissen wegen des fossilen Verbrauchs machen? FDP-Politiker Thorsten Fürter erinnert das an „Greenwashing“.

Seebadkultur wird noch bis Pfingstmontag gefeiert
Von den Diskussionen im Hintergrund dürften die meisten Besucher kaum etwas mitbekommen. Das Seebadkulturfestival lädt mit Livemusik, Straßenkunst und Literatur noch bis Pfingstmontag (29. Mai 2023) zum Saisonauftakt nach Travemünde. Geöffnet ist offiziell vom 18. bis 29. Mai 2023 täglich 12:00 bis 22:00 Uhr, Pfingstmontag 12:00 bis 18:00 Uhr. Veranstalter ist die Lübeck und Travemünde Marketing GmbH (LTM) in Kooperation mit bajazzo Veranstaltungen und weiteren lokalen Partnern sowie Vereinen im Seebad. Der Eintritt ist frei. Veranstaltungsort sind die Strandterrassen bei der Nordermole.

seebadkulturfestival.de

Das „Seebadkulturfestival“ war gleich am ersten Tag gut besucht. Die Veranstaltung ist auf zwölf Tage ausgelegt und verbindet mit „Christi Himmelfahrt“ und „Pfingstmontag“ zwei Feiertage. Fotos: Karl Erhard Vögele (3), Helge Normann (3)

Text-Nummer: 158768   Autor: Helge Normann   vom 19.05.2023 um 12.00 Uhr