SHMF-Konzert: Elgar satt in der MuK

Lübeck - Innenstadt: Archiv - 19.07.2023, 11.32 Uhr: Der renommierteste Gast-Klangkörper des Schleswig-Holstein Musik Festivals dieses Sommers gab in der MuK zwei Nachhilfestunden in englischer Musik: Das London Philharmonic Orchestra unter seinem Chefdirigenten Edward Gardner bot Werke des Zeitgenossen Thomas Adés sowie von Edward Elgar, dem Nationalkomponisten. Intensiver konnte das 2023er Motto „London“ also kaum untermauert werden.

Elgar ist der englische Bruckner. Wo es dem österreichischen Romantiker jedoch um ausladende Melodiebögen geht, verdichtet der Jugendstiliker von der Insel seine Aussagen immer wieder zu einem Knäuel der Farben und Motive: Ein Meister der Kompositionstechnik, formuliert er jeden Gedanken vielfach aus. So nahm auch Sol Gabetta, die renommierte Solistin in Elgars Cellokonzert, einen Anlauf um den anderen, sprang von der schlichten Kantilene in wilde Staccati – stets technisch souverän, mit kantablem Ton. Und Gardner, der das Werk ebenso kennt wie sein Orchester, fing Gabetta auf und hüllte sie gelegentlich ein, die in einem Traum von nebelfarbenem Organza das Podium eroberte wie immer.

Wenn schon eine Erstbegegnung mit Elgars 1. Sinfonie, dann wohl nur mit diesem Orchester: Das London PHO versteht sich auf diesen Cinemascope-Klang von 1907, noch ehe der Tonfilm erfunden wurde. Gardner ging gleich in die Vollen mit interessanten Akkordbrechungen, in das Auf und Ab wie die Gezeiten um die Insel. Immer wieder konnten sich die Zuhörer in der nahezu ausverkauften MuK über die Präzision dieses Orchesters freuen. Allerdings gab es in dieser Stunde kaum Entwicklungen, denn Elgar hat an den Motiven gefeilt und sie immer wieder ziseliert.

Zum Auftakt des Abends hatte Gardner etwas Zeitgenössischen gewählt: die kurze Suite aus Thomas Adès (*1971) Oper „The Tempest“, die die Lübecker vor 13 Jahren im Großen Hauses erleben konnten (Dirigent: Philippe Bach). Adès' Musik spielt hier mit allem schon Dagewesenen, sortiert sie aber neu in schräger Harmonie und rapidem Rhythmus: eine Ouvertüre mit Schleiftönen der Bläser, ein mit Holzbein und tröpfelnden Synkopen getanzter Walzer, ein Finale der kessen Dialoge.

Alle Wiedergaben zeugten von bester Orchesterkultur und einem Dirigenten, dessen klarer Gestik jede(r) im Saal vertrauen konnte. Die Zugaben rundeten das Erlebnis „Elgar satt“ ab: Sol Gabetta spielte eine Elegie, am Ende gab es eine weitere – aber nicht „Pomp and Circumstance“, dessen Eindringlichkeitsmotiv ja schon im Auftakt der 1. Sinfonie angeklungen war.

Der renommierteste Gast-Klangkörper des Schleswig-Holstein Musik Festivals dieses Sommers gab in der MuK zwei Nachhilfestunden in englischer Musik. Foto: Archiv

Der renommierteste Gast-Klangkörper des Schleswig-Holstein Musik Festivals dieses Sommers gab in der MuK zwei Nachhilfestunden in englischer Musik. Foto: Archiv


Text-Nummer: 160110   Autor: GüZ   vom 19.07.2023 um 11.32 Uhr

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