Schlechte Stimmung in der Wohnungswirtschaft

Lübeck: Archiv - 18.09.2023, 14.48 Uhr: Der Verband norddeutscher Wohnungsunternehmen (VNW) hat zwischen dem 4. und 12. September eine Umfrage unter seinen Mitgliedern durchgeführt wurde. Die Ergebnisse der Studie, an der 80 von 296 befragten Unternehmen teilnahmen, wurden am Montag auf der VNW-Arbeitstagung in Lübeck vorgestellt.

Auf Grund der schlechten politischen und wirtschaftlichen Rahmenbedingungen stehen in Norddeutschland mehr als 2500 Neubauwohnungen auf der Kippe. Bei rund 1700 Wohnungen droht eine Verschiebung der Sanierung oder ein Verzicht darauf. Vier von fünf Unternehmen bewerten die Lage als „sehr schlecht“ oder „schlecht“. 19 Prozent erklärten, die Bedingungen seien befriedigend.

Als Folge werden 56 Prozent der Unternehmen den Neubau von Wohnungen verschieben oder darauf verzichten. 28 Prozent sind sich noch nicht sicher. Lediglich 16 Prozent der Unternehmen, die an der Studie teilnahmen, halten an ihren geplanten Neubauprojekten fest.

Mehr als 2500 Wohnungen stehen in Norddeutschland somit auf Grund einer Verschiebung oder bei einem Verzicht von Neubauprojekten zur Disposition. Zum Vergleich: Im vergangenen Jahr stellten die VNW-Unternehmen in Hamburg, Schleswig-Holstein und Mecklenburg-Vorpommern insgesamt 3549 Wohnungen fertig.

Die drei größten Probleme, die den Neubau von Wohnungen erschweren oder ihn verhindern, sind derzeit die hohen Zinsen, hohe Baupreise und komplexe sowie kontraproduktive Bauvorschriften und Baustandards. Allerdings ist auch die verschlechterte staatlichen Förderung ein wichtiger Grund dafür, dass die Unternehmen die Finger vom Neubau lassen.

Die Erhöhung von Mieten in den kommenden drei Jahren auf maximal sechs Prozent zu begrenzen - so wie von der SPD-Bundestagsfraktion vorgeschlagen -, würde sich massiv auf die Geschäftstätigkeit der VNW-Unternehmen auswirken. Rund 60 Prozent der Unternehmen fürchten, dass sie in so einem Falle kaum mehr Modernisierungen umsetzen oder Wohnungen neu bauen können. Ein Drittel der befragten Unternehmen gab allerdings auch an, dass eine entsprechende Änderung sie nicht treffen würde, weil sie ihre Mieten lediglich in einem geringeren Umfang erhöhen würden.

VNW-Direktor Andreas Breitner sprach mit Blick auf die Umfrageergebnisse von einer „Abstimmung mit den Füßen“. „Die sozialen Vermieter, die gut 40 Prozent aller bezahlbaren Mietwohnungen in Norddeutschland anbieten, wissen sich angesichts des Gegenwindes nicht mehr anders zu helfen, als das Geld zusammenzuhalten und auf Neubauten zu verzichten. Das erfüllt fast schon den Tatbestand der Notwehr.“

Die VNW-Arbeitstagung ist das wichtigste Jahrestreffen der norddeutschen Wohnungswirtschaft. Rund 800 Vorstände, Geschäftsführer und Gäste nehmen in diesem Jahr in Lübeck an dem zweitägigen Treffen teil.

Schleswig-Holsteins Innen- und Bauministerin Dr. Sabine Sütterlin-Waack warnte davor, die Menschen und die Wohnungsunternehmen auf dem Weg zur Klimaneutralität zu überfordern. „Wir setzen auf maßvolle Effizienzmaßnahmen, die den Menschen die Verunsicherung nehmen.“ Es bedürfe verlässlicher und realistischer politischer Vorgaben, damit auch Wohnungsunternehmen Sicherheit bekämen.

Marcel Sonntag, Vorsitzender des VNW-Verbandsausschusses, kritisierte, dass Politik den Lösungsvorschlägen der Wohnungswirtschaft oftmals nicht ausreichend Gehör schenke. Viele Gesetze, die derzeit vor allem in Berlin beschlossen worden seien, sei in der Praxis kaum umsetzbar. „Wir brauchen praxistaugliche Gesetze“, sagte Marcel Sonntag. Der VNW-Verbandsausschussvorsitzende nahm zugleich die Bundesländer in die Pflicht. Sie könnten Regelungen, die in der Praxis nicht funktionierten, über den Bundesrat beeinfluss. Kritisch sieht Marcel Sonntag die wiederholte Verschärfung der Klimaschutzziele durch die Politik. „Unrealistische Ziele werden aber nicht dadurch erreichbar, wenn man sie verschärft, ohne die Rahmenbedingungen entsprechend zu verändern.“

Der Bau von preiswertem Wohnraum geht weiter zurück.

Der Bau von preiswertem Wohnraum geht weiter zurück.


Text-Nummer: 161267   Autor: VNW/red.   vom 18.09.2023 um 14.48 Uhr

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