Ostsee-Pinkler wird freigesprochen

Lübeck - Travemünde: Archiv - 13.10.2023, 18.20 Uhr: Am 30. Juli 2022 um 0.36 Uhr hat das Lübecker Ordnungsamt einen Mann beobachtet, der am Strand in die Ostsee gepinkelt hat. In einem jetzt veröffentlichten Urteil des Amtsgerichtes Lübeck wird der Mann freigesprochen. Ein Mensch habe die gleichen Rechte wie ein Robbe im Spülsaum der Ostsee, so das Gericht.

Der Mann sollte ein Bußgeld von 60 Euro zahlen und wehrte sich dagegen. So landete er vor dem Amtsgericht Lübeck. Der Mann war mit einer Personengruppe vor Ort und entfernte sich rund 20 Meter, um seine Notdurft in die Ostsee zu entrichten. Es gab zwar keine Beschwerden, aber drei Mitarbeiter des Ordnungsdienstes beobachteten den Herrn, der laut Gericht im Dunklen nur schemenhaft erkennbar war: "Die Zeugen selber haben den Vorgang unter Annäherung an den Betroffenen und Verwendung von Taschenlampen aufgeklärt und dokumentiert."

Das Gericht sieht keinen Grund für eine Verwarnung: "Der Vorgang des Wasserlassens unter freiem Himmel außerhalb von Bedürfnisanstalten ist unter Beachtung üblicher Rücksichtnahmen und ohne Hinzutreten besonderer Umstände keine grob ungehörige Handlung." Wild-Pinkeln sei bei naturnahen Tätigkeiten wie Wanderungen üblich. "Selbst wenn er im Dämmerlicht der Uferbeleuchtung noch schemenhaft zu erkennen war, musste er nicht damit rechnen, unvermittelt mit Taschenlampen ausgeleuchtet und gezielt kontaktiert zu werden."

Das Amtsgericht kann auch keine Gewässerverunreinigung erkennen. Die Ostsee enthalte 21.631 Kubikkilometer Brackwasser. Selbst im Wiederholungsfall könne der Wild-Pinkler keine Verschmutzung verursachen.

Der letzte Punkt der Urteilsbegründung: "Nachdem als Anknüpfungspunkt einer Belästigung der Allgemeinheit das Schamgefühl, die Verunreinigung durch Rückstände oder die Belästigung durch Gerüche ausgeschlossen werden kann, ist das Verhalten des Betroffenen eine nach der allgemeinen Handlungsfreiheit des Artikel 2 Absatz 1 GG geschützte und letztendlich wohl auch naturrechtlich verankerte menschliche Willensbetätigung. Der Mensch hat unter den Weiten des Himmelszeltes nicht mindere Rechte als das Reh im Wald, der Hase auf dem Feld oder die Robbe im Spülsaum der Ostsee."

Zum vollständigen Urteil: www.gesetze-rechtsprechung.sh.juris.de

Der Kommunale Ordnungsdienst muss bei der Verfolgung von Wildpinklern die besonderen Umstände berücksichtigen.

Der Kommunale Ordnungsdienst muss bei der Verfolgung von Wildpinklern die besonderen Umstände berücksichtigen.


Text-Nummer: 161805   Autor: VG   vom 13.10.2023 um 18.20 Uhr

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