Das verschwundene Gebot

Lübeck: Archiv - 14.10.2023, 09.01 Uhr: Die zehn Gebote sind ein zentraler Teil des Christentums. Die haben sich allerdings durch Luther geändert, berichtet Pastorin i.R. Ellen Naß in ihren Gedanken zum Wochenende. Das zweite Gebot gibt es seit Luther nicht mehr.

Letzte Woche habe ich über die zehn Gebote im Allgemeinen geschrieben. Vielleicht ist Ihnen dabei aufgefallen, dass wir eines der Gebote, die ich da erwähnt habe, im Konfirmandenunterricht gar nicht lernen mussten. Es kommt bei uns schlichtweg nicht vor. Es ist das eigentlich 2. Gebot: Du sollst dir kein Bildnis noch irgendein Gleichnis[ machen, weder von dem, was oben im Himmel, noch von dem, was unten auf Erden, noch von dem, was im Wasser unter der Erde ist: Bete sie nicht an und diene ihnen nicht! (2. Mose 20, 4+5)

Wir lernen die 10 Gebote als Lutheraner und Lutheranerinnen so, wie Martin Luther sie zum Lernen zusammengefasst und interpretiert hat. Er hat dieses Gebot weggelassen, und um wieder auf die Zahl 10 zu kommen, hat er das letzte Gebot geteilt. In reformierten Gemeinden, in Württemberg, der Schweiz oder Holland ist das anders, dort wird dieses Gebot mitgezählt. Die Kirchengebäude dort sind deshalb auch wesentlich schlichter als bei uns.

Martin Luther hat dieses Gebot ganz bewusst übersprungen, weil damals Menschen die Kirchen stürmten und alle Bilder und Statuen zerstörten, um dieses Gebot zu verwirklichen. Heute denkt niemand mehr daran, dass man vielleicht zu einem Altarbild oder einer Statue beten könnte in der Überzeugung, dieses Bild oder diese Statue würde die Gebete erhören. Sie sind geschaffen worden, nicht, um heilig zu sein, sondern um uns auf Gott, auf Jesus hinzuweisen, Ihn uns nahezubringen. Zu Luthers Zeiten, als viele Menschen nicht lesen und schreiben konnten, waren diese Bilder oft die Hautquelle für Informationen über biblische Inhalte.

Deshalb hat Martin Luther in seinem Katechismus dieses Gebot ausgelassen, deshalb kennen wir es nicht; müssen es im Konfirmandenunterricht auch nicht auswendig lernen.

Eigentlich ist das schade, denn Kircheninventar würde heute niemand mehr zerstören – außer vielleicht Kriminellen, die es stehlen, um es zu verkaufen (Ich kenne da durchaus einige Vorfälle).

Aber an ganz anderer Stelle sind wir gefährdet, doch Bildnisse und Dinge, vielleicht nicht anzubeten, aber ihnen Kräfte und Fähigkeiten zuzuschreiben, die sie nicht haben und nicht haben sollten.

Ich schreibe damit von Maskottchen und Talismanen, die wir eigentlich alle mehr oder weniger haben. In Talkshows wird bei Berühmtheiten gerne nachgefragt, ob man vielleicht etwas Bestimmtes dabei haben muss, um sich wohlzufühlen, um Selbstvertrauen zu haben, Wettkämpfe zu gewinnen, Auftritte erfolgreich zu bestreiten.

Natürlich wird niemand diesem Gegenstand – vielleicht ein Kuscheltier, vielleicht ein Geschenk von einem lieben Menschen oder ein Erinnerungsstück, vielleicht auch etwas, was man das erste Mal dabei hatte, als man erfolgreich kämpfte oder auftrat – magische oder göttliche Fähigkeiten zuschreiben, aber ich denke, wir sind da oft ganz in der Nähe des 2. Gebotes, sprechen dem Gegenstand Eigenschaften zu, die er nicht haben sollte und auch einfach nicht hat.

Wenn wir unser Selbstvertrauen, unsere Siegchancen oder unser Glück von solchen Talismanen oder Maskottchen abhängig machen, dann sprechen wir ihnen damit Eigenschaften zu, die nur Gott hat. Ihm sollten wir vertrauen, dass Er uns begleitet, uns hilft und uns stärkt. Dann brauchen wir keinen Talisman und kein Maskottchen, weil Gott unser Leben begleitet und reich macht.

Ich wollte nicht einen Beitrag über die Ereignisse in Israel schreiben, es wird genug darüber berichtet. Aber ich lege es Ihnen ans Herz: Unterstützen Sie die Menschen in Israel, setzen sie sich für die Juden und Jüdinnen hier bei uns ein, beten Sie für sie.

Pastorin i.R. Ellen Naß berichtet über das Gebot, dass es in der evangelischen Kirche nicht mehr gibt.

Pastorin i.R. Ellen Naß berichtet über das Gebot, dass es in der evangelischen Kirche nicht mehr gibt.


Text-Nummer: 161806   Autor: red.   vom 14.10.2023 um 09.01 Uhr

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