Marktkonzerte machen Winterpause
Lübeck - Travemünde: Archiv - 15.10.2023, 08.31 Uhr: Wie lange diese Veranstaltung schon läuft, sieht man an ihrem Namen: Das „Marktkonzert“ in St. Lorenz Travemünde heißt so, weil es bereits zu hören war, als vor der Kirche noch der Wochenmarkt stattfand. Längst ging der Markt in die Vorderreihe, der Name des Konzertes blieb. Das Programm besteht aus einer halben Stunde Orgelmusik mit anschließender Kirchenführung. Die macht jetzt traditionell Winterpause.
Die Geschichte vom Kruzifix
Die Kirchenführungen sind beliebt, denn es gibt viel zu erzählen. Immerhin wurde St. Lorenz Travemünde schon im Jahre 1235 erstmals erwähnt. "St. Lorenz ist dem Schutzpatron der Feuergefahr gewidmet. Leider hat er in der Geschichte einmal nicht richtig aufgepasst", scherzte einmal der frühere Pastor Frank Dahl bei einer Führung. Das war bei einer Feuersbrunst im Jahre 1534. Der Überlieferung nach rannten damals einige Männer in die brennende Kirche, um noch ein bisschen was zu retten. Unter anderem das spätgotische Kruzifix.
Seit achtzehn Jahren übernimmt Professor Dr. Lothar Weser die Führungen nach den Marktkonzerten. Auch er erzählt natürlich die Geschichte vom Kruzifix: Es stamme von einem Kaufmann, der in Seenot anfing zu beten, erzählt Dr. Weser: „Er schwor, wenn er heil nach Hause kommt, dann würde er der Kirche ein Kruzifix stiften.“ Jedenfalls wurde es nach dem Brand wieder aufgehängt. In der dann protestantischen Kirche ergänzt um eine Figur.
Der Altar ist genau 300 Jahre alt
Bei den Kirchenführungen wird Dr. Weser von seiner Frau Karola unterstützt. Die verwies kürzlich bei einem Interview mit „Radio Travemünde“ auf den Altar, der „in diesem Jahr genau 300 Jahre alt ist“, wie sie erzählte. Im Jahre 1723 hätte ihn eine Witwe gestiftet. Es heißt, dass sich in einer Figur des Altars die Gesichtszüge der Stifterin ablesen lassen.
Zum Saisonschluss hatte Rolf Fechner (links) von „Radio Travemünde“ die Kirchenführer Karola Weser und Professor Dr. Lothar Weser ins nahegelegene Studio eingeladen. Dr. Weser ist auch Autor des Buches „Spaziergang in Lübecks Geschichte der Zeit“, in welchem auch St. Lorenz Travemünde vorkommt.
Die Sanduhr an der Kanzel
Wer genau hinschaut, entdeckt auf der Kanzel eine Sanduhr. „In der Regel war es so, dass die Pastoren viel zu reden hatten, und die Zeit meist überschritten“, erklärt Dr. Weser die Uhr. „Dann hat der Kirchenrat beschlossen, dass Predigten nur eine ganz gewisse Zeit dauern dürfen.“ So wusste der Pastor, wie viel Zeit ihm noch blieb. Und die Besucher wussten, wie lange die Predigt noch dauert. Die Sanduhr sei aber seit über 200 Jahren nicht mehr in Benutzung, meint der Kirchenführer. Inzwischen hätte ja jeder Pastor seine eigene Uhr.
Die Entdeckung der Deckenmalereien
Viele weitere spannende Geschichten warten auf die Teilnehmer der Führungen. Etwa die von dem Handwerker, der 1985 ein loses Brett anhob: Darunter fanden sich die heute sichtbaren farbigen Deckenmalereien. Weil man in früheren Zeiten schlichte Kirchen bevorzugte, waren die heute wieder sichtbaren Malereien im 19. Jahrhundert unter einer Zwischendecke verschwunden und vergessen worden.
Im Juli 2024 geht es weiter
Freunde von Kirchenmusik und Kirchengeschichte müssen sich jetzt etwas gedulden: Die Travemünder Marktkonzerte finden traditionell donnerstags von Mitte Juli bis Ende September statt. Die Teilnahme ist kostenlos. Die St. Lorenz Kirche ist mitten in der Travemünder Altstadt zu finden (Jahrmarktstraße Ecke Kirchenstraße). Der Eintritt ist frei.
Infos gibt es rechtzeitig auch auf der Internetseite der Kirch unter www.kirche-travemuende.de
Die beliebten Marktkonzerte mit Kirchenführung, hier Professor Dr. Lothar Weser in St. Lorenz, gehen im Sommer 2024 weiter. Fotos: Helge Normann
Text-Nummer: 161807 Autor: Helge Normann vom 15.10.2023 um 08.31 Uhr