„Passacaglia“ an der Marcussen-Orgel im Dom

Lübeck - Innenstadt: Bis Oktober gibt es in den Lübecker Innenstadtkirchen einen Internationalen Orgelzyklus mit 14 Konzerten. Am Sonntag spielte Franz Danksagmüller, Orgelprofessor an der Musikhochschule Lübeck, unter dem Titel „Passacaglia“ an der Marcussen-Orgel im Dom.

„In der Geschichte der Orgelmusik nimmt das Werk Johann Sebastian Bachs seit jeher eine zentrale Stellung ein. Auch haben Bachs Orgelwerke selbst nach drei Jahrhunderten an musikalischer Aktualität und Attraktion nichts verloren. Darum erscheint gerade bei diesem vielseitigen und reichhaltigen Repertoire eine Gesamtdarbietung nicht nur sinnvoll, sondern auch notwendig, um die historische Bedeutung der Bachschen Orgelmusik ins Bewusstsein zu rücken.“

Mit diesen Worten wünscht Christoph Wolff, einer der derzeit renommiertesten Bach-Forscher, „dem Lübecker Bach-Zyklus 2024 eine begeisterte Resonanz“. Dieser Wunsch wird in Erfüllung gehen. Denn was Marien- und Dom-Organist Johannes Unger und Arvid Gast, Professor für Orgel und Sprecher des Studienganges Kirchenmusik an der Musikhochschule Lübeck sowie Organist an St. Jakobi, mit dem Internationalen Bach-Orgelzyklus für 2024 organisiert haben, das hat Hand und Fuß. Im wahrsten Sinne des Wortes, denn ein Organist braucht seine Hände für die Manuale, seine Füße für die Pedale. Aber auch im übertragenen Sinn ist das Projekt sorgfältig durchdacht und geplant, es ist ehrgeizig und umfangreich. In jedem Konzert stehen sich choralgebundene und freie Werke gegenüber, werden verschiedene Stadien der Kompositionsgeschichte beleuchtet. Das steht der traditionsreichen Orgelstadt Lübeck wohl an, zumal der berühmte Besuch Bachs in Lübeck und die Begegnung mit Dieterich Buxtehude viele Spuren im Gesamtwerk Bachs hinterlassen hat. Von März bis Oktober erklingen alle 220 Orgelwerke Bachs in 14 Konzerten an 4 Orgeln in den drei großen Kirchen Dom, St. Marien und St. Jakobi. Hochqualifizierte Organisten aus aller Welt sind zu Gast.

Jedes Konzert beginnt mit einem kurzen „Auftakt“. Der Lübecker Musikdramaturg Christian Münch-Cordellier kommt dabei mit den Musikern des Abends ins Gespräch über das jeweilige Programm sowie über den persönlichen Lebensbezug zur Orgel und zum Werk Bachs. Nach den Konzerten gibt es einen „Nachklang“. Bei CD-Verkauf und einem Getränk besteht die Möglichkeit, persönlich mit Künstlern, Besuchern und den Veranstaltern ins Gespräch zu kommen.

Das zweite Konzert am Sonntag bestritt Franz Danksagmüller, Orgelprofessor an der Musikhochschule Lübeck, unter dem Titel „Passacaglia“ an der Marcussen-Orgel im Dom. Sehr besonnen war der Ablauf gestaltet, eher verhalten, wie ein Gebet, erklang zunächst das eher kürzere Präludium BWV 549, fein verästelt und transparent kamen die reichen kontrapunktischen Umspielungen in der Fuge daher. In der Partita „O Gott du frommer Gott“ ließ Danksagmüller das Publikum an der Liebe der Barockzeit zu Variationen teilhaben, ganz verschiedene Glaubenshaltungen taten sich in den folgenden Choralbearbeitungen auf.

Maßvolle Genügsamkeit wechselte mit strahlender Gewissheit, spröde Zurückhaltung mit ruhiger Zufriedenheit. Geschickt fächerten die Registrierungen die Vielfalt und Farbigkeit des großen Instruments auf. Innig und ausdrucksstark klang der langsame Mittelsatz der Triosonate BWV 525, in wunderbarer Lebens- und Spielfreude liefen die munteren Melodien treppauf und treppab, gelangen die filigranen Verzierungen der schnellen Sätze.

Den Orgelchoral „Schmücke dich, o liebe Seele“ hielt schon der große Bach-Verehrer Felix Mendelssohn Bartholdy für eine der tröstlichsten Kompositionen Bachs, ja geradezu für ein Schlüsselwerk in Bachs Orgelwerk. Auch hier wurde etwas deutlich, das sämtliche Interpretationen Franz Danksagmüllers auszeichnete: Bei aller Virtuosität herrschte eine ruhige, atmende Gelassenheit – liebevoll und geradezu zärtlich kommt dieser Künstler seinem Instrument nahe.

Den Abschluss bildete dann die vielleicht berühmteste Passacaglia der Musikgeschichte (BWV 582). Über dem Ostinato entwickelten sich, verdichteten sich, steigerten sich die scheinbar grenzenlos phantasiereichen figurativen, melodischen und harmonischen Wendungen zu erhabenen und majestätischen Bildern. In überwältigendem „Vollem Werk“ beschwor Franz Danksagmüller die apotheotische Grundhaltung des Bach‘schen „Soli deo Gloria“ (Gott allein gebührt die Ehre).

Die weiteren Konzerte: www.innenstadtkirchen-luebeck.de

Franz Danksagmüller an der Marcussen-Orgel im Dom. Foto: Svea Regine Feldhoff

Franz Danksagmüller an der Marcussen-Orgel im Dom. Foto: Svea Regine Feldhoff


Text-Nummer: 165163   Autor: Svea Regine Feldhoff   vom 08.04.2024 um 08.41 Uhr

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