Mensch und Maschine: Uni soll Neubau für Forschung bekommen

Lübeck: Auf dem Lübecker Campus soll in den kommenden Jahren ein zukunftsweisendes Forschungsgebäude entstehen: Auf einer Nutzfläche von etwa 3.000 Quadratmetern soll LEMMI südlich des Informatikgebäudes gebaut werden. LEMMI ist die Abkürzung für „Lübeck Environment For Minds And Machines In Interaction“.

Der Wissenschaftsrat, das gemeinsame wissenschaftliche Gremium von Bund und Ländern, hat am vergangenen Freitag den Lübecker Vorschlag als „sehr gut bis herausragend“ zur Förderung empfohlen. Somit können jetzt die weiteren Planungen durch Land, Universität und Stadt beginnen.

Unter dem Dach des neuen Gebäudes werden rund 140 Wissenschaftler und Mitarbeiter aus den Bereichen Psychologie, Neurowissenschaften, Informatik und Robotik daran forschen, wie Menschen die immer enger und wichtiger werdende Zusammenarbeit mit künstlicher Intelligenz erleben und gestalten.

Was bedeutet es für die Arbeitswelt, wenn in Teams - neben menschlichen Experten - sowohl intelligente lernende Systeme wie ChatGPT als auch robotische, menschlich anmutende Akteure eng zusammenarbeiten? Dies wird in vielen Bereichen der Gesundheit, der Arbeitswelt oder auch der Verwaltung zunehmend der Fall sein.

„Wir freuen uns auf den Forschungsbau LEMMI, der perfekt auf den Lübecker Campus passt“, sagt Prof. Gabriele Gillessen-Kaesbach, kommissarische Präsidentin der Universität zu Lübeck. „Unser Standort bietet sich besonders an, da er bereits stark von der Vernetzung von Mensch und Technik geprägt ist. Das Gebäude wird eine innovative Forschungsumgebung schaffen, in der die Interaktionen von Mensch und Maschine, das Verhalten des Menschen sowie das Verhalten von künstlich-intelligenten Systemen untersucht und verstanden werden kann“, sagt Prof. Gillessen-Kaesbach.

Karin Prien, Ministerin für Allgemeine und Berufliche Bildung, Wissenschaft, Forschung und Kultur des Landes Schleswig-Holstein, ergänzt: „Es ist ein toller Erfolg für die Forschungsinfrastruktur Schleswig-Holsteins, dass es – gerade in Zeiten knapper Haushaltsmittel – gelungen ist, einen weiteren, überregional bedeutsamen Forschungsbau nach Lübeck zu holen. Mit seinem Schwerpunktthema ,Interaktion von Mensch und Maschine‘ trifft der Forschungsbau nicht nur den Puls der Zeit, sondern findet auch in Lübeck geeignete Anknüpfungspunkte mit dem 2023 gegründeten KI-Transfer-Hub SH und dem KI-Anwendungszentrum SH.“

Prof. Jonas Obleser, der als Psychologe und Hirnforscher die Idee des Forschungsgebäudes LEMMI mitgestaltet hat, sagt: „In unserer heutigen Welt sind wir immer enger und immer mehr mit technischen Systemen verbunden, und das verändert auch, wie wir uns fühlen und uns verhalten.“ Künstliche Intelligenz, also technische Systeme, die sehr gut Muster erkennen und selbst lernen können, würden den Alltag und den Blick auf Arbeit, Gesundheit, und Sicherheit prägen. „Wir erleben gerade die Entstehung von `hybrider Intelligenz‘“, sagt Prof. Obleser. „Ein modernes Hörgerät zum Beispiel steckt voller Algorithmen und trifft – vereinfacht gesagt – auch heute schon Entscheidungen für mich, was mein Gehirn eigentlich zu hören bekommt. Oder eine Medizinerin trifft Diagnose-Entscheidungen mithilfe einer Vielzahl ihrerseits sehr komplexer technischer Systeme, die mitunter bereits Empfehlungen geben. Aber bevor wir diese hybride Intelligenz sinnvoll und sicher nutzen können, sollten wir sie besser verstehen, erklären und vorhersagen können, und das soll gezielt im neuen Forschungsgebäude passieren.“

Prof. Nele Rußwinkel aus dem Institut für Informationssysteme fügt hinzu: “Im LEMMI wollen wir gemeinsam mit unseren Kollegen aus der Psychologie erforschen, wie Menschen - auch ältere Menschen oder kleine Kinder - künstliche Intelligenz überhaupt als solche erkennen können, wie wir sie erleben (beispielsweise als wie vertrauenswürdig) und mit ihr interagieren, zum Beispiel mit Robotern. Im neuen Gebäude werden die hierfür notwendigen Labore geschaffen, in denen alltägliche Kontexte, wie das Spielen von Kindern oder das Arbeiten im Büro, als auch hochspezialisierte Situationen oder kritische Kontexte, wie die robotergestützte Chirurgie, erforscht werden können.”

Das geplante Forschungsgebäude LEMMI wurde, neben nur zwei anderen Forschungsgebäuden der Universität Hamburg und der Technischen Universität Berlin, in der diesjährigen Ausschreibungsrunde vom Wissenschaftsrat zur Förderung empfohlen. Die Bau- und Einrichtungskosten für die neuen Räumlichkeiten werden mit bis zu 63,6 Millionen Euro gefördert. Die Bauphase für das LEMMI wird nach jetzigem Stand von 2025 bis 2030 dauern.

Seit 2007 fördern die Bundesregierung und die Bundesländer gemeinsam Forschungsbauten und Großgeräte an Hochschulen. Die Gelder kommen entsprechend zu gleichen Teilen vom Bund und vom Land. Wie in diesem Verfahren üblich, steht die jetzt verkündete Empfehlung unter dem Vorbehalt der endgültigen Entscheidung durch die Gemeinsame Wissenschaftskonferenz von Bund und Ländern, die im Juni 2024 das nächste Mal tagen wird.

Die grobe Planungsskizze zeigt die mögliche Lage des geplanten Forschungsgebäudes (rot), neben bestehenden Gebäuden der Universität zu Lübeck und des Universitätsklinikums Schleswig-Holstein. Abbildung: Gebäudemanagement SH

Die grobe Planungsskizze zeigt die mögliche Lage des geplanten Forschungsgebäudes (rot), neben bestehenden Gebäuden der Universität zu Lübeck und des Universitätsklinikums Schleswig-Holstein. Abbildung: Gebäudemanagement SH


Text-Nummer: 165458   Autor: Uni/red.   vom 23.04.2024 um 11.07 Uhr

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Kommentare zu diesem Text:

Martin

schrieb am 24.04.2024 um 08.29 Uhr:
Den Städtebaulichen Rahmenplan Campus Lübeck findet man übrigens auf der Internetseite des Gebäudemanagements Schleswig-Holstein
https://www.gmsh.de/
unter Bauen, Projekte, LANDESBAU Rahmenplan Campus Lübeck: Entwicklung eines Stadtteils für Forschung, Lehre und Klinikum
Interessant vor allem die Abbildung des Siegerentwurfes von "Cityförster" auf Seite 41: Schwarzpläne (Neubauten in Blau) bzw. Seite 43 und 51 Modellfotos - da kann man erkennen was noch so alles geplant ist. Z.B. im Bereich der jetzigen Baracken in denen die Augenklinik untergebracht war.

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