Großer Opern-Erfolg: Puccinis „La Bohème“

Lübeck - Innenstadt: Giacomo Puccinis „La Bohème“ zählt zu den beliebtesten Opern überhaupt – und wurde bei der Premiere am 25. April im ausverkauften Großen Haus zum vom Publikum gefeierten großen Erfolg. Daran war vor allem ein Sänger beteiligt: Iurie Ciobanu in der Rolle des Literaten Rodolfo. Die Serie an strahlenden hohen C's, die dieser Tenor mühelos hinaussingt, wird zum Ereignis und sorgt für Begeisterungsstürme.

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Für die Inszernierung hat Operndirektor und GMD Stefan Vladar – nach Brigitte Fassbaender (“Elektra“) – eine weitere große Sängerin engagieren können, die sich der Regie zugewendet hat: Angela Denoke. Mit dem Duo Clarina Peter und Timo Dentler (Bühne und Kostüme) lässt sie sich auf eine neue Sicht ein: Es ist keine ärmliche Mansarde, in der die Grisette Mimi anklopft, sondern ein unbenannter Ort mit riesigem Kamin. Hier sind Rodolfo (Dichter), Marcello (Philosoph), Schaunard (Musiker) und Colline (Maler) kein Existenzialisten-Quartett, sondern eher eine Ältere-Herren-WG. Sie kann allerdings auch albern, wie das Bild im Quartier Latin und die Pantomime vor dem Vorhang eingangs des tragischen Finales zeigt.

Dieser Blick aufs Geschehen betont die opulente Optik (spätes 19. Jahrhundert) und verlagert die Musik (einer elementaren Gefühlswelt) ins Vage. Im Ereignis des „Draußen“, dem Weihnachtstreiben im Quartier Latin, zieht Denoke alle Register einer turbulenten Massengesellschaft, assistiert von Choreograph Fabio Toraldo. Am dichtesten am Original bleibt die mit vielen Einfällen und Details aufwartende Inszenierung im dritten Akt, wenn in fahlem Licht nicht allein Mimis Einsamkeit spürbar wird. Auch das allerletzte Bild dieser – bei aller Lebhaftigkeit – tragedie humaine bleibt haften...

Ciobanu ist der einzige Gast, alle anderen Partien sind aus dem Ensemble besetzt. Voran Mimi, der Evmorfia Metaxaki im langen Rosanen weniger eine anrührende als eine außenstehende Frau ist und ihren Sopran supersicher wie stets führt. Natalia Willot zieht (auch stimmlich) alle Register einer kessen Musetta. Routiniert setzen Gerard Quinn (Marcello), Jacob Scharfman (Schaunard) und Steffen Kubach (Benoit) jeweils ihren Bariton ein und Changjun Lee (Colline) markant seinen Bass. Mark McConnell, Chul-Soo Kim und Jong-Ho Choi ergänzen das Personal und einen wahren Menschauflauf im 2. Akt: Der große Chor und Kinderchor, dem Denoke mit Phantasie viele persönliche Pointen eingesetzt hat, machen dem Engagement ihrer Leiter Jan-Michael Krüger und Gudrun Schröder alle Ehre.

Im Orchestergraben waltet Stefan Vladar und legte bei der Premiere einen so rasanten Auftakt hin, dass nicht alle Philharmoniker auf der Notenrichtlinie waren. Der GMD liebt zügige Tempi, die Puccini nicht in jedem Fall vorgeschwebt haben. Wenn es aber galt, die Gefühlswelten von Mimi und Rodolfo zu offenbaren, dann strömte Sinnlichkeit auf den unnachahmlichen Bahnen des Meisters des Verismo. So siegt auch an diesem Abend die Qualität der Partitur, und die Standing Ovations des Premierenpublikums wollten kein Ende nehmen.

Das Publikum feierte die Premiere im Theater Lübeck. Fotos: Olaf Malzahn

Das Publikum feierte die Premiere im Theater Lübeck. Fotos: Olaf Malzahn


Text-Nummer: 165544   Autor: Güz.   vom 27.04.2024 um 17.06 Uhr

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