Fridays for Future trafen Umweltpioniere
Ostholstein: Archiv - 27.11.2022, 17.56 Uhr: "Back to the Roots" hieß es für Fridays for Future am vergangenen Wochenende in der Bildungsstätte Klingberg bei Scharbeutz. Im Rahmen einer umweltpolitischen Fortbildungsveranstaltung trafen die jungen Aktivisten auf diejenigen, die vor fast genau 50 Jahren den Anstoß zu einem intensiveren Nachdenken über das menschliche Treiben auf dem Globus gegeben haben."Grenzen des Wachstums" hieß die epochale Schrift, herausgegeben vom damals noch nicht sehr bekannten 'Club of Rome' und verfasst von einem ebenfalls noch nicht sehr bekannten Dennis Meadows. Als Mitwirkender an dieser historischen Schrift war ein junger Norweger namens Jorgen Randers genannt, der jetzt als Referent in einem umweltpolitischen Wochenendseminar in Klingberg auf dem Podium saß und über sein Lebensthema Vorträge hielt. Neben ihm auf dem Podium saß ein nicht minder bekannter Umweltaktivist der ersten Stunde, der ehemalige Bundestagsabgeordnete Ernst Ulrich von Weizsäcker, der aufgrund seiner Aktivitäten in den neunziger Jahren in den Club of Rome berufen wurde.
Nachdem Jorgen Randers im Anschluss an die Veröffentlichung der sogenannten Weltmodelle der Wachstumsstudie gehofft hatte, die Menschheit würde sich einen Ruck geben und schnell Schritte einleiten, um die prognostizierte negative Entwicklung zu verhindern, war er nach eigenem Bekunden zweimal nahe daran es aufzugeben, die Menschheit zu warnen und für eine bessere Zukunft zu kämpfen. Die Erfahrungen, die er machte und die mangelnde Einsicht der Gesellschaften ließen ihn oft verzweifeln. Er nahm den Kampf für eine bessere Entwicklung aber immer wieder auf und gründete in Norwegen sogar eine Partei, die sogar im Parlament vertreten war. 3,5 Prozent haben wir erreicht, berichtete er, und anschließend noch einmal 3,7 Prozent. Man wollte, dass jeder Norweger 200 Euro im Jahr für die Umstrukturierung in eine bessere Zukunft einzahlen sollte. "Von 30 Personen in einem Raum war allerdings nur einer dazu bereit", berichtete Randers, trotz allem mit einer gewissen Heiterkeit.
Vor diesem Hintergrund bekundeten sowohl Randers als auch Weizsäcker ihren großen Respekt vor dem Einsatz und auch der Wirksamkeit der Aktivitäten von Fridays for Future. Die Nachhaltigkeit und die Art des Protestes werden der Ernsthaftigkeit des Themas gerecht, denn die weitere Entwicklung wurde von beiden Referenten äußerst skeptisch beurteilt, wenn die Regierungen es nicht schaffen, endlich wirksam gegenzusteuern.
Besonders Professor Jorgen Randers betonte in seinem Vortrag immer wieder, dass die drohende Klimakatastrophe noch eine ganze Zeit lang wegdiskutiert werden kann, bevor, hoffentlich nicht zu spät, die unausweichliche Handlungsnotwendigkeit das politische Handeln bestimmen wird. Bevor das der Fall sein wird, sieht er allerdings noch einen 'Social Collaps' also eine große soziale Krise auf die Menschheit zukommen. Aufgrund ungerechter Verteilung wird eine immer größere Anzahl von Menschen immer weniger am Wohlstand beteiligt werden können, prognostiziert er, was wiederum zu Unruhen führen könnte und die Gefahr totalitärer Systeme mit sich bringt.
Beide Wissenschaftler ärgert, dass offenbar nur Zwang und nicht die Einsicht in die Notwendigkeiten die Menschheit zum Umsteuern bewegt. Viele Dinge gehen jetzt in die richtige Richtung, konstatierte von Weizsäcker, denn die schnelle Implementierung erneuerbarer Energien wird endlich energischer in Angriff genommen. Jorgen Randers verstand, was sein Kollege sagte und ergänzte in englischer Sprache, dass der Einsatz von Kohle, Öl und Gas schließlich für 70 Prozent der CO₂ Emissionen verantwortlich zeichnen. Weitere 20 Prozent betreffen die Landwirtschaft, fuhr er fort. Wenn man sich um diese 90 Prozent endlich einmal kümmern wurde, kann man die restlichen 10 Prozent nach seinem Dafürhalten ruhig belassen.
Im Original-Ton hören Sie ein Interview von Harald Denckmann mit Ernst Ulrich von Weizsäcker.
Jorgen Randers und Ernst Ulrich von Weizsäcker waren zusammen mit Fridays for Future am Wochenende zu Gast in Scharbeutz. Foto, O-Ton: Harald Denckmann
Hier hören Sie den Originalton:
Text-Nummer: 155286 Autor: Harald Denckmann vom 27.11.2022 um 17.56 Uhr