Saraste bot Sibelius authentisch

Lübeck: Archiv - 25.03.2023, 11.35 Uhr: Im 6. Konzert des NDR-Elbphilharmonie-Orchesters war das Programm recht bunt: Der finnische Maestro Juka-Pekka Saraste bot mit „Fog“ (2021) ein junges Werk seines Landsmanns Esa-Pekka Salonen, das Cellokonzert (1877) des Franzosen Edouard Lalo mit Daniel Müller-Schott und die 2. Sinfonie (1902) von Jean Sibelius – und diese wurde zum Highlight in der leider schwach besuchten MuK.

Saraste konzentriert sich in seiner Hommage an den großen Architekten Frank O. Gehry, der die neue Concert Hall in Los Angeles entwarf (und dessen Initialen F-O-G das Wort Fog=Nebel ergeben), ohne Blechbläser auf hohe Instrumente: Flirrende Holzbläser entwerfen ein Stimmungsbild, das Schlagwerk setzt Pointen dagegen, und mit großer Geste stellt heutige Harmoniebehandlung ein Zeichen neben das andere. Diesem Stimmungsbild zeigte sich auch das Auditorium aufgeschlossen.

Lalos Cellokonzert d-Moll steht nicht in der ersten Reihe, zu pompös ist oft die Orchesterbehandlung und langes episches Erzählen des Solisten zeitigt Phasen der Ermüdung. Saraste ging sehr auf die Kraft-Seite des Allegro maestoso ein, Daniel Müller-Schott wiederum den sentimentalen Passagen nicht aus dem Weg. Mit Dauer-Vibrato brachte er souverän die langen Strecken hinter sich, für die ihm der Komponist manchmal zähe Wegzehrung mitgegeben hat. Das Intermezzo bot neckisches Geplauder zwischen Solist und Tutti, und auch im letzten Satz bot Müller-Schott eine große physische Leistung.

Auf den großen Beifall hin gaben Daniel Müller-Schott und 1. Konzertmeister Roland Greutter als Zugabe eine Delikatesse: die Passacaglia und Sarabende des Norwegers Johan Halvorsen (vor gut hundert Jahren ursprünglich für Violine und Viola geschrieben): Hier sprang der Funke virtuoser Kammermusik voller technischer Raffinessen sofort zum Publikum über, was noch größeren Applaus zeitigte.

Der brandete nach dem Ende von Sibelius' 2. Sinfonie D-Dur dann noch mehr und lange anhaltend auf. Denn hier war Saraste in seinem Element, ließ nach dem urtönlichen Auftakt von acht Kontrabässen das leidenschaftliche erste Thema anschwellen – und zelebrierte nun geradezu diese Kraft aus finnischer großer Naturverbundenheit: Von der Streicher-Leidenschaft mit strahlend-satter Antwort der Blechbläser im 1. Satz bis zum mehrmals angelaufenen hymnischen Finale breitete Jukka-Pekka Saraste ein volltönendes, spannendes, inneres wie äußeres Panorama aus. Solch gefühlsmäßig mitnehmende und nahezu optimale Wiedergabe dieser Bekenntnismusik ist nicht eben häufig.

Das hörenswerte Konzert in der MuK war leider nur schwach besucht.

Das hörenswerte Konzert in der MuK war leider nur schwach besucht.


Text-Nummer: 157573   Autor: Güz.   vom 25.03.2023 um 11.35 Uhr

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