Herrentunnel: Lübeck möchte Maut-Vertrag brechen

Lübeck: Archiv - 29.03.2023, 20.01 Uhr: Im Jahr 1999 hat Lübeck mit einem privaten Betreiber einen Konzessionsvertrag geschlossen. Der sollte einen Tunnel unter der Trave bauen und die Mehrkosten gegenüber einer Brücke über eine Maut finanzieren. Am Donnerstag wird die Bürgerschaft vermutlich entscheiden, dass der geschlossene Vertrag gebrochen wird. Dann übernehmen Juristen die weitere Debatte.

Von den 176 Millionen Euro, die der Tunnel gekostet hat, wurden vom Bund rund 90 Millionen Euro übernommen, die restlichen 86 Millionen Euro müssen durch die Maut eingefahren werden. Dazu kommen die Kosten für den Betrieb und die Erhebung der Maut. Dafür wurde mit 37.000 Autos am Tag gerechnet, der damalige Bürgermeister sprach von 50.000 Autos im Jahr 2004.

Das Projekt blieb geheim. Selbst die Mitglieder der Bürgerschaft durften den umfangreichen Vertrag nur unter Aufsicht im Rathaus einsehen. Bekannt ist nur, dass eine Verlängerung der Konzessionszeit um zehn Jahre vereinbart ist, wenn deutlich weniger Fahrzeuge den Tunnel nutzen, als die Stadt Lübeck prognostiziert hat. Das hat die Stadtverwaltung im Jahr 2008 bestätigt: "Wenn in der Periode zwischen dem 10. und 21. Betriebsjahr, das heißt zwischen 2015 und 2025, weniger als 22.000 Fahrzeuge im Schnitt täglich den Tunnel benutzen, kann die Betreibergesellschaft eine Konzessionsverlängerung für den am 22. August 2005 eröffneten Herrentunnel um weitere zehn Jahre bis 2045 durchsetzen."

Da die Zahl nicht erreicht wird, hat der Betreiber bereits jetzt die Verlängerung der Konzession beantragt. Die Lübecker Bürgerschaft wird diesen Antrag am Donnerstag vermutlich ablehnen.

Was passiert nach dem Vertragsbruch?

Bürgermeister Jan Lindenau geht davon aus, dass durch die Ablehnung die politische Diskussion auch nach Berlin getragen werden kann. Schleswig-Holsteins Verkehrsminister Claus Ruhe Madsen hat bereits seine Unterstützung zugesagt. Der Deutsche Bundestag könnte das 1994 im Privatisierungswahn beschlossene "Fernstraßenbauprivatfinanzierungsgesetz (FStrPrivFinG)" aufheben. Es fand nur bei zwei Projekten Anwendung: dem Rostocker Warnowtunnel und dem Lübecker Herrentunnel.

Besteht eine Chance auf Mautfreiheit?

Nach Schätzung der Bauverwaltung kostet die Übernahme des Herrentunnels inklusive Betriebskosten rund 100 Millionen Euro. Das kann Lübeck nicht bezahlen. Sollte der Bund das FStrPrivFinG aufheben, müsste der Bund die Kosten übernehmen.

Im Original-Ton hören Sie ein Interview von Harald Denckmann mit Bürgermeister Jan Lindenau zur erwarteten Entscheidung der Bürgerschaft und den Konsequenzen.

Die Bürgerschaft wird vermutlich den Mautvertrag am Donnerstag brechen. Foto: JW

Die Bürgerschaft wird vermutlich den Mautvertrag am Donnerstag brechen. Foto: JW


Hier hören Sie den Originalton:

Text-Nummer: 157675   Autor: VG   vom 29.03.2023 um 20.01 Uhr

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