Brahms-Auftakt: Abend der Meister

Lübeck: Archiv - 07.05.2023, 17.13 Uhr: „Dialoge“ heißt das Motto des diesjährigen Brahms-Festvals der Musikhochschule Lübeck, das nach über 30 Jahren nichts von seinen Impulsen für die heimische Szene verloren hat. Gleich der Auftakt am 6. Mai im Großen Saal der MHL bewies, wie Musik „Zum richtigen Verständnis“ (so der Titel dieses Abends) beitragen und anregen kann. Es wurde ein Abend der Meister – hinsichtlich der Komponisten wie der Interpreten.

Das Programm – vorgestellt von Festival-Chef Prof. Dr. Wolfgang Sandberger – enthielt Beiträge aus Arnold Schönbergs Verein für musikalische Privataufführungen vor hundert Jahren. Meisterliches gleich zu Beginn boten die Pianisten Konstanze Eickhorst und Konrad Elser – die mit dem Cellisten Ulf Tischbirek zum Festival-Urgestein gehören – mit Max Regers „Variationen und Fuge über ein Thema von Mozart“. Auch hier in der Fassung für zwei Klaviere op. 132a ist das ein erfindungsreicher Dialog, bei dem Eickhorst mehr die Führung und Elser mehr das kontrapunktische Auf und Ab zukam. In bester Harmonie schüttelten sie all die Kunst-Griffe Regers quasi aus den Ärmeln, melodisch und technisch ebenso spannend wie souverän vom ersten bis zum letzten Anschlag.

Konstanze Eickhorst hielt dann auch Schönbergs Kammersinfonie Nr. 1 op. 9 in Alban Bergs Bearbeitung für Quintett zusammen. Angela Firkins (Flöte), Jens Thoben (Klarinette), Daniel Sepec (Violine) und Ulf Tischbirek hatten sich die solistisch gesetzte Partitur angeeignet, wurden ihr regelrecht habhaft: Das ermeintliche Gegeneinander, das wiederum Gemeinsamkeit in melodischen Läufen aufblitzen lässt, verlangte diesen MHL-Leistungsträgern alles ab. Au diesem Niveau gespielt, überzeugte das Werk auch die noch immer in der „Moderne“ Ungeübten im Auditorium.

Ein dritter Höhepunkt kam nach der Pause – obwohl es vermeintlich in die Unterhaltung ging. Denn für die „Privatkonzerte“ hatten Berg, Schönberg und Webern als Zugnummern Strauß-Walzer neu gesetzt für Kammerensemble. Was dabei an virtuoser Kunstfertigkeit herausgekommen ist, bewiesen die Professoren, zu denen sich noch Oliver Tjabben (Harmonium), Possehl-Preisträgerin 2022 Saki Tozawa (Violine), Heime Müller (Viola) und Jörg Linowitzki (Kontrabass) gesellten. Unbeschwert swingte „Wein, Weib und Gesang“, die Streicher dominierten auch im „Schatzwalzer“, nostalgisch klang es mit dem „Kaiserwalzer“ aus. Johannes Brahms hätte wieder neidlos „Leider nicht von mir“ zugestimmt – so wie das Publikum, in dem Studierende in der Mehrzahl und begeistert waren.

Studierende brachten sich auch in den Rundfunkgottesdienst des NDR und WDR zum Brahms-Festival am Sonntag in St. Jakobi ein. Der MHL-PopsChor unter Bernd Ruf swingte ein fein abgestimmtes „Halleluja“, Sarah Proskes glockenreiner Sopran stieg hoch hinauf ins Kirchenschiff, Bernd Ruf (Sopransaxophon) und Franz Danksagmüller (Orgel) improvisierten sich staunenswert durch Bachs berühmte Toccata und Fuge – alle zeigten eindringlich, daß und wie der Jazz sich auch in der Kirche beheimatet hat. Und St. Jakobi bot seine „sakrale“ Qualität mit Duruflés „Notr Pere“ (Kantorei unter Ulrike Gast) und Arvid Gast an der Großen Orgel. Lübeck als Stadt der Musik kann sich hören lassen.

Das Brahms-Festival ist am Wochenende erfolgreich gestartet. Foto: Teresa Ramming/MHL

Das Brahms-Festival ist am Wochenende erfolgreich gestartet. Foto: Teresa Ramming/MHL


Text-Nummer: 158475   Autor: Güz.   vom 07.05.2023 um 17.13 Uhr

Text teilen: auf facebook +++ auf X (Twitter) +++ über WhatsApp

Text ausdrucken. +++  Text ohne Bilder ausdrucken.


Please enable / Bitte aktiviere JavaScript!
Veuillez activer / Por favor activa el Javascript![ ? ]