Portrait: Arbeitsalltag in der Jugendhilfe

Lübeck: Archiv - 27.06.2023, 14.52 Uhr: Im Johanniter-Wohnhaus für Kinder und Jugendliche in Lübeck leben bis zu zehn Kinder und Jugendliche und werden dort rund um die Uhr betreut. Sie erleben hier einen strukturierten Tagesablauf und lernen, mit Konflikten umzugehen. „Wie eine große Familie mit zehn Kindern“, beschreibt Ruben Gerstenberger den Alltag in der stationären Jugendhilfeeinrichtung.

Der Mitarbeiter der Johanniter-Unfall-Hilfe e.V. begleitet die Kinder und Jugendlichen in diesem Lebensabschnitt. „Meine Arbeit ist nicht einfach nur ein Job, sondern eine Berufung“, erklärt der 26-Jährige, der seit 2022 in der Jugendhilfe tätig ist und nebenbei an seiner Masterarbeit schreibt. „Wir wollen den Kindern Halt geben und nachholen, was in den letzten Jahren versäumt wurde.“ Mit seinen zwei Bezugskindern nimmt Ruben zum Beispiel Termine bei Psychotherapeuten oder Ärzten wahr, betreut sie bei den Hausaufgaben oder bringt ihnen das Fahrradfahren bei. „Dabei hat jedes Kind schon allein wegen des Alters eigene Bedürfnisse.“

Gemeinsam mit dem Jugendamt wurden für jedes Kind Ziele festgelegt. Anderthalb Jahre nach Eröffnung lassen sich besonders im Alltagsleben viele Erfolge beobachten: Wenn die Kinder im Gruppenrat gemeinsam und friedlich Themen besprechen oder sich von Ärzten untersuchen lassen. Auch das Lösen von Konflikten und das Verhalten haben sich spürbar verbessert. „Es ist toll, wenn die Kinder positives Feedback aus der Schule erhalten. Oder dass einige mit strukturierten Essensplänen und Sportangeboten abnehmen konnten“, erzählt Gerstenberger, der als Freiwilliger in der Jugendarbeit anfing und nun zum Ende seines Pädagogik-Studiums in Kiel für die Arbeit nach Lübeck zurückgekehrt ist. „Ich wollte nach dem Abitur etwas Soziales machen und hatte bei den Johannitern ein gutes Gefühl“, erzählt er. „Nach der Abifeier ging es dann gleich los mit der Vorbereitung von Erste-Hilfe-Kursen.“

Im Wohnhaus verfolgt das pädagogische Team den Ansatz, aktiv Hilfe zur Selbsthilfe zu leisten, getreu dem Motto: So viel Hilfe wie nötig, aber so wenig Hilfe wie möglich. Wenn die ambulante Kinder- und Jugendhilfe in der Familie vor Ort nicht mehr ausreichend ist, kann eine betreute Wohnform notwendig werden. Das Ziel ist es, Selbstwirksamkeit und die Übernahme von Verantwortung für das eigene Handeln zu unterstützen und eine Atmosphäre der Verbindlichkeit und Sicherheit zu schaffen. Die Schwerpunkte der Arbeit liegen in der Ernährung, der Bewegung und der Suchtprävention.

Natürlich war es für viele Kinder am Anfang schwer, sich an ein Leben weg von zu Hause zu gewöhnen. „Aber die Kinder haben Vertrauen gefasst, suchen von selbst das Gespräch und erzählen über sich. Es fühlt sich richtig an, mich einzubringen und die Kinder auf diesem Lebensabschnitt zu begleiten“, erzählt Gerstenberger. Doch wie im Familienleben auch, sei es zuweilen eine Herausforderung, gedanklich loszulassen. „Es wird seltener, aber gerade am Anfang war es für mich nicht einfach, nach Schichtende zu gehen und bei Freunden auch mal das Handy abzuschalten“, sagt er, der versuche, gemeinsam mit der Freundin oder beim Kochen zu entspannen. „Es ist wichtig, Berufliches und Privates zu trennen, sonst könnte ich auch gleich einziehen“, sagt er mit einem Augenzwinkern. Nach dem Abschluss möchte er weiterhin für die Johanniter arbeiten. „Die Arbeit hier hat mein pädagogisches Bild stark geprägt. Mich hat vor allem die Professionalität sehr beeindruckt. Ich finde, wir haben tolle Kinder und ein tolles Team, das sich persönlich einbringt, immer wieder bereit ist, Neues zu lernen und sich zu reflektieren.“

„Wie eine große Familie“: Ruben Gerstenberger gibt einen Einblick in seine Arbeit als Mitarbeiter in der stationären Jugendhilfe. Foto: Johanniter-Unfall-Hilfe e.V.

„Wie eine große Familie“: Ruben Gerstenberger gibt einen Einblick in seine Arbeit als Mitarbeiter in der stationären Jugendhilfe. Foto: Johanniter-Unfall-Hilfe e.V.


Text-Nummer: 159616   Autor: Johanniter   vom 27.06.2023 um 14.52 Uhr

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